Deka - US-Konjunkturpaket ist unangemessen
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Vor wenigen Tagen, am 7. Januar, hat der amerikanische Präsident Bush in einer Rede seine Vorstellungen zu einem Konjunkturpaket dargelegt. Er appellierte an den Kongress, diesen Maßnahmen zuzustimmen und eine rasche Umsetzung zu ermöglichen. Der Präsident zeigt sich vor allem mit der Arbeitsmarktentwicklung unzufrieden und setzt daher auf diese Form der Konjunkturstimulierung. Insgesamt sollen den amerikanischen Haushalten im Jahre 2003 etwa 98 Mrd. US-Dollar zufließen. Das entspricht etwa 1 % des Bruttoinlandsprodukts. Über die nächsten zehn Jahre hinweg beträgt das Gesamtvolumen des Pakets 670 Mrd. US-Dollar. Bei der Bewertung untersuchen wir die möglichen Effekten auf Konjunktur, Staatsdefizit, Zinsen und US-Dollar.
Steuerentlastungen mit begrenztem Konjunkturstimulus
Bei den Steuersenkungen für private Haushalte im ersten Block des Pakets handelt es sich nicht um grundsätzlich neue Ideen, sondern um ein Vorziehen bereits in der großen Steuerreform des Jahres 2001 festgelegter Steuersenkungen (vgl. Volkswirtschaft Spezial vom 20. Juni 2001):
- Vorziehen der bereits verabschiedeten Einkommensteuersenkungen für die Jahre 2004 und 2006. Diese sollen ab 1. Januar 2003 rückwirkend gelten. Wenn diese Regelung durch den Kongress gegangen und gesetzlich wirksam geworden ist, werden wie im Sommer 2001 für die bereits "zuviel" gezahlte Einkommensteuer sogenannte Steuerschecks versendet, um direkt die verfügbaren Einkommen der Haushalte zu erhöhen. In der Form dürften die Auswirkungen auf den Konsum wie vor zwei Jahren aussehen.
- Die 2001 vereinbarte Senkung des Eingangssteuersatzes bei höheren Einkommensgruppen als bisher von 15 % auf 10 % soll von 2008 auf 2003 vorgezogen werden.
- Die Reduzierung der sogenannten "marriage penalty" (Ehepartner zahlen nach der Heirat bei Zusammenveranlagung mehr Steuern als vorher) soll von 2009 auf dieses Jahr vorgezogen werden.
- Die Anhebung des "child tax credit" soll nicht erst bis 2010 von 600 US-Dollar auf 1000 US-Dollar erhöht werden, sondern bereits jetzt. Diese Steuersenkungen lassen den privaten Haushalten in den kommenden 18 Monaten insgesamt 70 Mrd. US-Dollar mehr in den Kassen. Für 92 Mio. Haushalte bedeutet dies eine durchschnittliche jährliche Entlastung von 1083 US-Dollar. Man wird nicht davon ausgehen können, dass diese Steuergeschenke in vollem Umfang ausgegeben werden. Bei angenommenen Entlastungen um 50 Mrd. US-Dollar allein in diesem Jahr und der Setzung, dass angesichts der hohen Verschuldung der privaten Haushalte die Hälfte davon gespart wird, gäbe es einen Impuls von 0,25 Prozentpunkten für den Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts. Dies ist zwar spürbar, aber nicht wirklich durchschlagend.
In einem zweiten Block geht es Präsident Bush darum, die Investitionsbereitschaft Einzelner und kleiner Unternehmen zu stärken.
- Die Abschaffung der Dividendensteuer soll die bisherige Doppelbesteuerung aufheben und in diesem Jahr eine Entlastung von 20 Mrd. US-Dollar bringen. -Kleinen Unternehmen ist erlaubt, Investitionen bis zu 25.000 US-Dollar sofort abzuschreiben. Präsident Bush plant diese Grenze auf 75.000 US-Dollar anzuheben und an die Inflationsrate zu indexieren. Dies soll 23 Mio. Unternehmen entlasten. Die Abschaffung der Dividendensteuer stellt das Herzstück des Fiskalprogramms dar. Mit einem Entlastungsvolumen von 364 Mrd. US-Dollar über die nächsten zehn Jahre macht dieser Punkt mehr als die Hälfte des gesamten Konjunkturpakets aus. Wie Handelsminister Evans herausstellte, ist das vorrangige Ziel des Fiskalprogramms nicht ein kurzfristiger konjunkturpolitischer Stimulus, sondern eine Erhöhung des langfristigen Trendwachstums. Wie ist vor diesem Hintergrund die Dividendensteuerbefreiung zu bewerten? Jeder Ökonom sollte es prinzipiell begrüßen, wenn - wie im Falle von Dividenden - eine Doppelbesteuerung (von Gewinnen) beseitigt wird. Der Aktienmarkt hat allerdings in Reaktion auf die Ankündigung der Dividendensteuerbefreiung nur sehr verhalten positiv reagiert. Drei Gründe können hierfür angeführt werden: Erstens kann es sein, dass die Investoren nicht daran glauben, dass die Steuerbefreiung wie geplant vom Kongress verabschiedet wird. Zweitens ist es möglich, dass die Steuerpläne schon vorher bekannt und damit schon im Markt eingepreist waren. Beide Argumente sind plausibel. Bedeutsamer ist aber wohl ein drittes: Ein Großteil der Anleger wird gar nicht in den Genuss der Steuerbefreiung kommen. Denn entweder halten sie ihre Aktien indirekt bei Institutionen (401(k)-Pensionspläne), die sowieso schon von der Dividendensteuer befreit sind - dies gilt für den Großteil der Aktionäre, der sich ja größtenteils aus der Mittelschicht zusammensetzt -, oder bei den Anlegern handelt es sich nicht um US-Staatsbürger. Zudem müssen die Unternehmen erst einmal wieder Dividenden in nennenswertem Umfang ausschütten, damit diese Abschaffung nennenswerte Wirkungen entfaltet. Ein Großteil der Dividendensteuerbefreiung stellt damit einfach einen Transfer von Einkommen des gewöhnlichen Steuerzahlers an sehr vermögende Aktienbesitzer dar, die ihre Aktien nicht in Pensionsplänen halten und die eine sehr geringe Konsumneigung haben. Konjunkturpolitisch bringt die Dividendensteuerbefreiung damit per se nur wenig. Selbst wenn die Aktienkurse in Reaktion auf die Steuerreform um 7 % steigen würden, wäre der positive Effekt auf die Realwirtschaft nur gering. Nimmt man die Faustformel der Fed zur Hand, dass für einen Anstieg des Aktienvermögens um einen US-Dollar, der private Konsum um $ 0,04 ansteigt, führt ein Anstieg der Aktienkurse um 7 % lediglich zu einem zusätzlichen Anstieg des Konsums um 0,3 Prozentpunkte. Welche Wirkung hat die Abschaffung der Dividendensteuer auf die Investitionen und damit auf das langfristige Trendwachstum? Zwei Effekte sind hier zu unterscheiden: Erstens, niedrigere Dividenden- steuern machen es für die Unternehmen einfacher, Kapital aufzunehmen. Damit steigt der Anreiz zu investieren. Zweitens, niedrigere Dividendensteuern erhöhen die Ansprüche der Aktienbesitzer. Bei niedrigeren Dividendensteuern werden die Aktionäre verstärkt von den Unternehmen verlangen, einen größeren Teil der Gewinne in Form von Dividenden auszuschütten, anstatt sie zur Innenfinanzierung zu nutzen. Es ist daher möglich, dass der zweite negative Effekt auf die Investitionen den ersten positiven Effekt überkompensiert. Empirisch gleichen sich die beiden Effekte nahezu aus bzw. der Nettoeffekt ist nur leicht positiv. Dem kann entgegen gehalten werden, dass die Steuerbefreiung der Dividenden zu einem veränderten Wettbewerbsverhalten der Unternehmen führt, das das durch die Bilanzskandale angeschlagene Vertrauen in die Geschäftswelt wiederherstellen hilft. Denn die Dividendenbesteuerung verleitete auch zu einer unternehmerischen Denkweise, die die Maximierung des Aktienkurses im Sinne des Shareholder-Value- Gedankens hervorhob. Die Aktienkurse wurden in den letzten Jahren auch wegen der Dividendenbesteuerung vor allem von Wachstumserwartungen und nicht tatsächlich erwirtschafteten Gewinnen, die sich in höheren Dividenden widerspiegeln, angetrieben. Die Dividendensteuerbefreiung könnte eine Rückbesinnung der Unternehmensführungen auf ihre langfristigen Kernkompetenzen bewirken und die Effekthascherei, mit der die Manager allzu oft ihre eigenen Taschen füllten, weil sie mit Aktienoptionen entlohnt wurden, eindämmen. Damit würde aber auch der Bedarf an neuen Regelungen zur Unternehmensaufsicht und Bilanzierung geringer. Der letzte Punkt weist darauf hin, dass die Hauptvorteile der Dividendensteuerreform weniger auf makroökonomischer als auf mikroökonomischer Ebene zu suchen sind: - Erstens, die Anforderungen an die Unternehmensaufsicht (Corporate Governance) werden wohl etwas geringer werden. Die Möglichkeiten für die Unternehmen schwinden, Gelder in unrentable Projekte zu investieren; für den Aktienmarkt könnte dies kurzfristig aber sogar negative Auswirkungen haben, weil die Firmen ihre Gewinne nicht mehr so einfach manipulieren können.
- Zweitens, steuersystematisch ist die Abschaffung der Doppelbesteuerung von Gewinnen zu begrüßen. Es ist allerdings zu bedenken, dass das jetzige Unternehmenssteuersystem schon massive Steuerschlupflöcher aufweist. Ob die neue Regelung wirklich eine Vereinfachung darstellt, muss sich erst in der Praxis zeigen. Der Teufel, und damit die Komplexität, liegt hier im Detail.
- Drittens, die Benachteiligung der Eigen- gegenüber der Fremdfinanzierung wird aufgehoben. Damit wird die Anfälligkeit des Systems für Finanzkrisen gesenkt. Als Fazit lässt sich ziehen: Aus der Abschaffung der Dividendensteuer wird sich wohl kein "Bush-Boom" am Aktienmarkt ergeben, für das langfristige Trendwachstum ist die Befreiung wohl eher irrelevant, konjunkturpolitisch bringt sie wenig, für die Stabilisierung des Finanzsystems aber viel.
Im dritten Block seiner Rede geht es um weitere Unterstützungen für Arbeitslose, um diese nicht nur finanziell, sondern auch bei ihren Bemühungen der Jobsuche zu unterstützen.
- Die Bezugsdauer für Arbeitslosenhilfe soll verlängert bleiben. Die im März 2002 beschlossene Ausweitung um 13 Wochen war zeitlich befristet worden bis zum 28. Dezember 2002.
- Mit Hilfe eines Personal Re-employment Accounts sollen den schwierigsten Fällen unter den Arbeitslosen 3.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt werden, um die Arbeitsplatzsuche zu erleichtern. Die Arbeitslosen können dieses Geld nach ihrer freien Entscheidung verwenden: beispielsweise zur eigenen Schulung, zur Kinderbetreuung, für Umzugskosten bei einem Jobangebot in einer anderen Stadt. Gelingt es den Arbeitslosen, innerhalb von 13 Wochen ein neues Beschäftigungsverhältnis zu finden, können sie die 3.000 US-Dollar behalten. Präsident Bush plant, den Bundesstaaten 3,6 Mrd. US-Dollar zur Verfügung zu stellen, um diese Personal Re-employment Accounts zu finanzieren. Diese beiden Punkte sind wohl am ehesten dazu geeignet, über den privaten Verbrauch mehr Wirtschaftswachstum zu schaffen, da sie an Personen mit tendenziell hoher Konsumquote gehen.
Zur quantitativen Bewertung der Konjunkturwirksamkeit müssen diverse Annahmen getroffen werden: (1) Die Vorschläge werden vom Kongress genehmigt. (2) Das Konjunkturpaket wird zu einem bestimmten Termin gesetzeswirksam. (3) Die Steuerschecks erreichen die Haushalte im Frühjahr oder Sommer. (4) Nur ein Teil der Steuerentlastungen wird verausgabt dessen Höhe unsicher ist. Vor diesem Hintergrund ist eine konkrete Abschätzung der Wirkungen in den einzelnen kommenden Quartalen schwierig. Es ist aber davon auszugehen, dass ab Jahresmitte expansive Effekte vor allem über den Konsum eintreten werden. Diese sind gleichwohl deutlich geringer als die Impulse der Steuersenkungen im Jahre 2001. Überhaupt ist anzumerken, dass nach den Planungen von Präsident Bush ein Schwerpunkt der konjunkturellen Impulse erst im kommenden Jahr wirksam werden. Dies legt den Verdacht nahe, dass es weniger um die Stimulierung der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geht als vielmehr darum, die Wiederwahl im Herbst 2004 mit einer dynamischen Konjunktur im Rücken zu sichern.
Haushaltsüberschüsse in den nächsten zehn Jahren kaum in Sicht
Bereits in unserer letzten Analyse zur Entwicklung des Staatsdefizits in den Vereinigten Staaten hatten wir anhand verschiedener Szenarien darauf hingewiesen, dass eine Rückkehr zu Haushaltsüberschüssen nicht allzu bald möglich ist (vgl. Volkswirtschaft Spezial vom 5. Juli 2002). Angesetzt an den Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) aus dem August 2002 haben wir nun eine Abschätzung der defizitwirksamen Effekte des Konjunkturpakets vorgenommen.
Die in der Abschätzung vom CBO enthaltenen Zuwachsraten von Ausgaben und Einnahmen haben wir übernommen. Lediglich beim Defizit für das Jahr 2003 haben wir einen um 100 Mrd. US-Dollar höheren Wert angesetzt, da sich bereits in den ersten beiden Monaten des Haushaltsjahres 2002/03 ein Defizit von 114 Mrd. ergeben hat (wir erwarten insgesamt eine Defizitquote in diesem Jahr von -3,0 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt und -2,5 % im Jahre 2004). Die Schätzung des CBO vom August 2002 von -145 Mrd. US-Dollar ist nicht mehr realistisch, da zum einen die Konjunkturperspektiven schlechter sind als damals und zum anderen die Aufmarschkosten der amerikanischen Truppen für einen Irak-Krieg zu Buche schlagen. Auf dieses Defizit haben wir in dem Schaubild das Konjunkturpaket von Präsident Bush aufgesetzt, indem wir die 670 Mrd. US-Dollar Gesamtvolumen auf die kommenden zehn Jahre verteilt haben. Dabei kommen die vorgezogenen Steuersenkungen in diesem Jahr am stärksten zur Entfaltung, gehen dann aber deutlich zurück. Bei dieser Abschätzung kommt man zu dem Ergebnis, dass erst ab 2010 Budgetüberschüsse denkbar sind. Freilich muss berücksichtigt werden, dass diesem Szenario noch die alten Ausgaben- und Einnahmenentwicklungen des CBO zugrunde liegen und direkte Kriegskosten außen vor bleiben. Es könnte also durchaus schlechter kommen.
Zinsen: Höhere Staatsdefizite belasten
Allein politisch motiviert zu nennen ist die Behauptung des in der akademischen Welt hoch angesehenen Wirtschaftsberaters Bushs, Glenn Hubbard, dass die höheren Budgetdefizite keinen Zinsanstieg in der langen Frist zur Folge haben. Gegenteilige Behauptungen wurden von Hubbard in Anspielung auf den früheren demokratischen Finanzminister Rubin als "Rubinomics" verspottet. Erstens ist in Hubbards eigenen Lehrbüchern schwarz auf weiß nachzulesen, dass eine höhere Staatsverschuldung mit höheren Zinsen einhergeht: Ein zusätzliches staatliches Angebot an Anleihen führt zu einem Preisrückgang an den Bondmärkten. Implizit bedeutet dies höhere Zinsen. Höhere Zinsen bedeuten wiederum niedrigere Investitionen in der Zukunft, denn die Anleihefinanzierung von Investitionen ist für die Firmen zu den nun niedrigeren Preisen unattraktiver. Weniger Investitionen bedeuten einen langsameren Aufbau des Kapitalstocks und damit implizit ein langsameres Wirtschaftswachstum. Zweitens, historisches Anschauungsmaterial für diesen Mechanismus lieferte ausgerechnet die republikanische Reagan-Administration in den 80er Jahren: Die Budgetdefizite, die durch Steuersenkungen und höhere Staatsausgaben hervorgerufen wurden, finanzierten sich eben nicht - wie von der Reagan- Administration erhofft - durch ein höheres Wirtschaftswachstum selbst, sondern trieben die Realzinsen in ungeahnte Höhen.
Drittens, hat nicht gerade die Clinton-Ära gezeigt, dass ein Abbau von Budgetdefiziten eine Voraussetzung niedriger Zinsen seitens der Zentralbank ist? Darauf hat jedenfalls US-Notenbankchef Greenspan in seiner Anhörung vor dem US-Kongress im Juli hingewiesen, und an die Bush-Administration appelliert, die Budgetdefizite zurückzufahren. Folge des jetzigen Fiskalprogramms wird also sein, dass die Geldpolitik früher als notwendig auf einen restriktiven Pfad einschwenken muss und das Zinsniveau dauerhaft höher sein wird als ohne die Neuverschuldung. Quantitativ sind die Effekte der Budgetdefizite auf die Zinsen allerdings kaum abzuschätzen. Für die USA wird der durchschnittliche Realzins in den nächsten Jahren bei 3,4 % liegen
Wechselkurs eher geschwächt
Neben der Entwicklung sowohl der Geld- als auch der Kapitalmarktzinsen stellt sich zudem die Frage, wie der in den letzten Monaten deutlich schwächelnde US-Dollar auf dieses erneute Konjunkturpaket reagieren dürfte. In der Entlastung für dieses Jahr macht die Abschaffung der Dividendenbesteuerung nominell einen Anteil von 25 % aus. Diese dürfte tendenziell dollarstützend wirken, denn sie erhöhten die nach- Steuer-Rentabilität amerikanischer Aktien, die im letzten Jahr relativ zu europäischen Aktien deutlich teurer geworden sind. Demgegenüber dürften jedoch vor allem die steuerlichen Entlastungen, die mehrheitlich in den Konsum fließen, dollarnegativ anzusehen sein. Zwar ist der private Konsum derzeit die große Stütze der US-Konjunktur, allerdings bedarf er nicht unbedingt einer weiteren Ankurbelung, da die bestehenden Ungleichgewichte im Bereich der privaten Verschuldung durch die Maßnahmen nicht im Kern beseitigt werden. Außerdem kommt hinzu, dass zusätzlicher Konsum auch zumeist einhergeht mit zusätzlichen Importen. Die Leistungsbilanz der USA lag mit rund 5 % des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2002 deutlich in den roten Zahlen und erreichte damit den vorläufigen Tiefpunkt in der anhaltenden Entwicklung der letzten Jahre. Eine weitere Stimulierung des Konsums und damit der Importe bedeutet ebenfalls keine Umkehr des Trends in der Leistungsbilanz. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass derartige Defizite nicht ad infinitum aufrecht erhalten werden können. Die Nachfrage nach amerikanischen Vermögenswerten zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits ist dann nur bei einer (möglicherweise deutlichen) Abwertung des US-Dollar aufrechtzuerhalten. Wünschenswert wäre sicherlich eine graduelle Beseitigung des Leistungsbilanzdefizits durch eine langsame Dollarabwertung, mit dem Konjunkturprogramm steigt jedoch das Risiko eines drastischen Kursverfalls des Greenback. Auch wenn derzeit die Irakkrise andere, fundamentale Faktoren an den Devisenmärkten überlagert, dürfte das Konjunkturpaket per Saldo eher den US-Dollar schwächen.
Fazit: Wenn schon, dann richtig
Die schlussendliche Bewertung dieser Initiative von Präsident Bush treffen wir in Abhängigkeit von der Frage, ob es zu einem Irak-Krieg kommt oder nicht. Bleibt die kriegerische Auseinandersetzung aus, dann erachten wir ein derartiges Paket mit dem Ziel der Konjunkturstimulierung für unnötig. Die amerikanische Volkswirtschaft hat seit der Rezession 2001 bis jetzt fünf Quartale mit Zuwächsen des Bruttoinlandsprodukts hinter sich. Die Konjunkturindikatoren weisen auf einen Fortgang der sehr moderaten Belebung hin. Allein über den Ausbruch eines Krieges im Irak sehen wir eine unmittelbare Rezessionsgefahr. Wenn dies allerdings das vorrangige Szenario der amerikanischen Regierung wäre und die Konjunkturstärkung in diesem Jahr im Vordergrund stünde, dann hätte man ein Konjunkturprogramm inhaltlich anders ausgestalten sollen. Anstelle permanenter Steuersenkungen auch für Besserverdienende wären zeitlich befristete Steuersenkungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen effektiver gewesen, da deren Konsumquote höher ist. Unter dem Deckmantel struktureller Verbesserungen im Steuersystem den Schwerpunkt der Entlastungen ins das Jahr 2004 zu legen, um die Wiederwahl bei den Präsidentschaftswahlen abzusichern macht es nicht besser. Nimmt man die Belastungen für die Zinsen und den tendenziell höheren Abwertungsdruck für den US-Dollar hinzu, dann bleibt die Gesamtbewertung für dieses Konjunkturpaket ernüchternd: In dieser Form ist es unangemessen.
Quelle: Deka
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