Kommentar
12:35 Uhr, 31.10.2002

Deka - Rentenmarkteinschätzung

Mit den Aktienkursentwicklungen des Septembers und Oktobers ist deutlich geworden, was bislang schon vermutet und gefürchtet worden war. Die im März 2000 zu Ende gegangene Aktienhausse, insbesondere an den Technologiemärkten, war die größte Aktienblase aller Zeiten. Zwar gab es viele rationale Gründe für den anfänglichen Kursanstieg, wie die niedrigen Inflationsraten und ein in den letzten und voraussichtlich auch nächsten Jahren höheres Produktivitätswachstum. Eine Überschätzung der neuen Technologien und übertriebene Gewinnerwartungen haben aber zu einem letztlich irrationalen Überschwang geführt, bei dem die Hausse sich selbst nährte und Risiken systematisch unterschätzt wurden. Der Aktienkursanstieg hatte eigene konjunkturelle Wirkungen. Positive Vermögenseffekte erhöhten den privaten Konsum, wodurch sich die Sparquote stark verringerte.Die hohen Gewinnerwartungen führten besonders in den USA zu einem starken Anstieg der Investitionsquote. Der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt stieg von unter 10% Anfang der 90er Jahre auf über 14% zur Jahrtausendwende, da Eigen- und Fremdkapital aufgrund gesunkener Risikoprämien leicht zu erhalten war und die steigenden Unternehmensbewertungen am Aktienmarkt suggerierten, dass sich die Investitionen lohnten. Wie stark das Ausmass an Über- und Fehlinvestitionen wirklich war, wird nun bei sinkenden Aktienkursen deutlich. Überinvestitionen können nur durch einen Anpassungsprozess bereinigt werden. Dieser Anpassungsprozess ist der wesentliche Punkt, mit dem die Wirtschaftslage seit April 2000 beschrieben werden kann. Er führte in den ersten beiden Quartalen 2001 zu negativen Wachstumsraten in den USA. Die Terroranschläge des 11.Septembers in den USA verlängerten die Rezession, ihre Ursache waren sie jedoch nicht. Sie bewirkten sogar,dass die wirtschaftspolitische Reaktion den Abschwung noch mal abfederte. Die Notenbanken lockerten ihre Geldpolitik erneut und die Fiskalpolitik wirkte durch Steuersenkungen und eine Erhöhung der Militärausgaben expansiv. Dies konnte den Abschwungschneller auffangen, als viele Unternehmen erwartet hatten. Diese merkten Ende 2001,dass die Nachfrage nicht so schnell wegbrechen würde und dass der Lagerabbau, den sie vorgenommen hatten, zu stark gewesen war. Im ersten Quartal 2002 wurde dies korrigiert, so dass die Lagerkorrektur zu einem kräftigen Produktionsanstieg führte. Damit stiegen die Konjunkturindikatoren an, so dass viele die Rezession für beendet erklärten und einen neuen kräftigen Aufschwung sahen. In normalen Zeiten hätte dieser auch kommen können.Der Abbau der Überinvestitionen war aber noch nicht zu Ende. Er wirkt auch in den nächsten Jahren belastend.
Die aktuelle konjunkturelle Situation lässt sich am besten anhand des SZ-Euroland-Indikators erkennen,der monatlich von der DekaBank berechnet wird und in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wird. In der Grafik wird ersichtlich, dass der Indikator die zukünftige Entwicklung der Industrieproduktion gut anzeigt. Nachdem er von Anfang 2002 bis August stetig anstieg, wies er im Oktober den zweiten Rückgang in Folge auf. Die konjunkturelle Dynamik geht damit wieder zurück. Das Niveau des Indikators deutet aber nicht auf eine Rezession hin. Statt dessen gehen wir von einer leichten zyklischen Erholung aus. Solange wie die Überinvestitionen nicht abgebaut sind, wird die Investitionstätigkeit schwach bleiben. Die
negativen Vermögenseffekte aufgrund der Aktienmarktschwäche werden den privaten Konsum dämpfen. Zusätzlich wird der Arbeitsmarkt die Konjunktur in 2003 eher belasten als entlasten. Potenzialwachstum wird daher weder in den USA noch in Euroland im nächsten Jahr erreicht werden. Die Überinvestitionen sind in den USA von allen Regionen am größten ge wesen. Da die Wirtschaft dort aber auch flexibler ist als in Euroland, sind auch die Anpassungsprozesse schneller als bei uns. Dies bedeutet, dass eine Beschleunigung der wirtschaftlichen Dynamik voraussichtlich von den USA ausgehen wird und Euroland von der Exportdynamik abhängig bleibt. Insgesamt erwarten wir in beiden Wirtschaftsräumen, dass die konjunkturelle Dynamik im 4. Quartal 2002 und im ersten Quartal 2003 geringer ist, als im abgelaufenen 3.Quartal 2002. Unser Konjunkturbild einer schwach wachsenden Weltwirtschaft weist Risiken auf. In Deutschland bedroht die Wirtschaftspolitik das Wachstum. Die Ankündigungen des Koalitionsvertrages sind ernüchternd und zeugen nicht von reformerischen Visionen.Der Beitragssatz zu den Sozialversicherungen wird weiter ansteigen und die private Kaufkraft reduzieren. Ein Risikofaktor stellt auch ein Angriff der USA auf den Irak dar, da dieser zu einem höheren Ölpreis und zu einem Einbruch des Verbraucher- und des Unternehmervertrauens und damit zu einer Rezession in den USA und Euroland führen könnte. Problematisch ist auch die Wirkung des Aktienkursverfalls auf die Bankbilanzen. Hohe Abschreibungen auf die Beteiligungsportfolios sowie die konjunkturell höheren Kreditausfälle erodieren nämlich die Eigenkapitalbasis. Zwar sind derzeit keine klaren Anzeichen für eine Kreditklemme zu erkennen. Die Gefahr, dass die Banken sich aber auch bei kreditwürdigen Unternehmen stärker zurückhalten, um ihre Risikopositionen nicht zu vergrößern, steigt mit jedem neuen Kreditausfall und jedem weiteren Aktienkursrückgang an. Schließlich stellt der Immobilienmarkt in den USA und im Vereinigten Königreich (UK) ein potenzielles Risiko dar. In beiden Länder sind die Hauspreise in den letzten Jahren extrem gestiegen. Derzeit stützt dies noch den privaten Konsum, da das gestiegene Immobilienvermögen die Kreditwürdigkeit der Eigentümer erhöht und die Notwendigkeit für eine hohe Sparleistung aus dem laufenden Einkommen senkt. In beiden Ländern gibt es gute fundamentale Gründe für den starken Anstieg der Hauspreise. Die Gefahr einer Blasenbildung nimmt aber mit jedem Anstieg zu. In UK stieg der Hauspreisindex allein im September um 4,3% gegenüber Vormonat und 24,2% gegenüber Vorjahr an. Dies sind keine nachhaltigen Zuwachsraten. Ein Einbruch am Immobilienmarkt würde den privaten Verbrauch belasten. Auch wenn die Risiken zu unserem Basisszenario nicht eintreten werden, bedeutet unser Konjunkturbild für die Kapitalmärkte enttäuschende Impulse in den nächsten Monaten.Die Aktienmärkte werden von der makroökonomischen Seite zunächst wenig Unterstützung erhalten. Wir gehen davon aus, dass die Zinssenkungsphantasien das kurze Ende des Rentenmarktes weiter stimulieren werden. Auch die Renditen langjähriger Renten dürften von dem Konjunkturumfeld profitieren, was einen Anstieg der Renditen nach oben begrenzt. Die Niveaus der ersten Oktoberhälfte halten wir jedoch für zu niedrig. Starke Währungschwankungen erwarten wir in den nächsten Monaten nicht, da jeder der großen Währungsräume eigene Belastungsfaktoren aufweist. In Brasilien bleibt auch nach der Wahl die Unsicherheit über den weiteren politischen Kurs hoch. Ein Schuldenausfall und eine erneute Wechselkursschwäche sind nicht auszuschließen. In diesem durch Risiken und relativ schwachem Wachstum geprägten weltwirtschaftlichen Umfeld stellt sich die Frage nach Anlagealternativen zu Aktien und Renten. Vielfach wird dabei Gold genannt. Wir sehen darin keine Alternative zum Rentenmarkt, da die Goldverkäufe der Zentralbanken den Goldmarkt auch in den nächsten Jahrzehnten belasten werden. Um eine 10-jährige Rentenanlage vor Steuern zu schlagen, müsste der Goldpreis bis zum Jahr 2010 pro Feinunze von aktuell 320 auf mindestens 500 Euro ansteigen - eine eher unwahrscheinliche Entwicklung. Ein angemessen diversifiziertes Vermögen und eine hohe Ersparnis bleiben in nächster Zeit Trumpf.

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