Kommentar
16:18 Uhr, 03.12.2002

Deka - Prognosen zur Wirtschaft

Auch in den vergangenen Wochen präsentierten sich die konjunkturellen Frühindikatoren für die Vereinigten Staaten eher gedämpft. Das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen in die wirtschaftliche Entwicklung ging weiter leicht zurück. Erst in den letzten Tagen spiegelte sich eine leichte Entspannung im Irak-Konflikt in einer leichten Erholung an den Aktienmärkten wider. Nach wie vor ist unsere Vorausschau eines "Aufschwungs ohne Schwung" mit einem BIP-Zuwachs von 2,4% in diesem Jahr und 2,6% im kommenden Jahr die wahrscheinlichste Entwicklung. Trotzdem lasten noch gravierende Umstrukturierungen auf der Volkswirtschaft, die weiterhin für ein erhöhtes Konjunkturrisiko sorgen. In Euroland wird der Ausblick von Monat zu Monat pessimistischer. Die Steuerpläne der neuen Regierung in Deutschland führen zu einer Rücknahme der Konjunktureinschätzung für das nächste Jahr. Eigene wirtschaftliche Dynamik wird die deutsche Volkswirtschaft bei den sich abzeichnenden Rahmenbedingungen für lange Zeit nicht entfalten. Auch in Frankreich hat die Aufwärtsbewegung in den letzten Wochen an Fahrt verloren. Die mühsame konjunkturelle Erholung in Euroland hängt fast ausschließlich an der Entwicklung in den Vereinigten Staaten. Trotz der teilweise deutlichen Anstiege der Renditen an den Rentenmärkten sind die Sorgen über die Konjunktur, die Verfassung der Aktienmärkte und die geopolitische Lage noch nicht ausgepreist. Wir rechnen bis auf weiteres auch nicht mit deutlichen Zinsanstiegen, auch wenn voraussichtlich steigende Militärausgaben in den USA und die weitere konjunkturelle Erholung mittelfristig das Zinsniveau wieder etwas nach oben heben werden. Für die Zentralbanken sind Zinssenkungen angesichts der fragilen Konjunktur noch nicht vom Tisch, allerdings rechnen wir in diesem Jahr nicht mehr mit Zinsschritten. Die Kurse an den Aktienmärkten haben sich zwar leicht beruhigt. Eine nachhaltige Aufwärtsbewegung ist aber bislang nicht zu sehen.

Prognoserevision

Wieder müssen wir die Konjunkturaussichten für Deutschland nach unten korrigieren: Der zu erwartende Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge und damit der Lohnnebenkosten wird sich im kommenden Jahr negativ auf den privaten Konsum und die Investitionen auswirken. Wir erwarten selbst bei optimistischer Bewertung für das Jahr 2003 nunmehr nur noch einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 1,4% (nach 1,7% in der letzten Schätzung). Auch für Frankreich ist nach den letzten verhalteneren Daten zum Konsumverhalten der Ausblick neuerlich zu reduzieren auf einen BIP-Zuwachs von nur noch 2,0% in 2003 (von 2,4%). Insgesamt werden damit die Euroland-Volkswirtschaften im kommenden Jahr nur noch um 1,9% expandieren, statt wie bisher geschätzt um 2,0%. Für die Vereinigten Staaten haben wir unsere Prognose für das Gesamtjahr 2002 leicht von 2,2% auf 2,4% erhöht, da im 3. Quartal der annualisierte BIP-Anstieg mit vermutlich 3,2% höher ausfallen dürfte, als bislang mit 1,8% eingestellt war. Für die anschließenden Quartale sehen wir eine leicht geringere konjunkturelle Dynamik als bisher. Damit bleibt es bei dem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts in 2003 um 2,6% in unserem Hauptszenario. Allerdings haben wir wegen der verschlechterten Indikatorenlage die Wahrscheinlichkeit des Risikoszenarios von 20% auf 30% erhöht. Im Gegensatz zum letzten Monat können wir uns nach den fortgesetzten konjunkturellen Abwärtsrevisionen durchaus vorstellen, dass die EZB im Januar noch einmal die Leitzinsen senken wird, sobald sich der Staub aus der Diskussion über den Stabilitäts- und Wachstumspakt etwas verzogen haben wird.

Watchlist

Weiterhin sind der US-amerikanischen Arbeitsmarkt und der Konsum genau zu beobachten. Sollte sich dabei eine zweite größere Entlassungswelle der amerikanischen Unternehmen zeigen, käme die moderate Konjunkturerholung in Gefahr. Weitere exogene Schocks, etwa an den Finanzmärkten, die die Bilanzen von Unternehmen und Finanzinstituten in Bedrängnis bringen würden, sind ebenfalls zu beachten. Eine militärische Intervention im Irak würde zweifellos einen negativen exogenen Schock für das Konjunkturbild darstellen. Verlauf und Länge eines Irak-Konflikts sind nicht absehbar. Daher können unsere Konjunkturszenarien diesen Faktor nur insoweit berücksichtigen, als wir bereits jetzt Risikoprämien an verschiedenen Märkten vorfinden.

Für die zyklische Erholung in den Vereinigten Staaten bleiben wir bei unserem Bild, dass sie sich zwar moderat fortsetzen wird, es aber ein Aufschwung ohne Schwung ist. Nach wie vor trägt insbesondere der private Konsum die Konjunktur, aber auch die Exporte entwickeln sich positiv. Die schlimmsten Befürchtungen über weitere Kursverluste an den Aktienmärkten sowie ein mehr oder weniger freier Fall der Stimmungsindikatoren haben sich nicht bewahrheitet. Die Hafenblockade an der amerikanischen Westküste wurde durch politische Intervention aufgehoben und hat keine nachhaltigen negativen Wirkungen. Aber die Unsicherheit über den Zustand des US-Unternehmenssektors ist noch spürbar. Insgesamt bleiben wird daher bei unserem moderaten Konjunkturausblick, insbesondere was das zögerliche Investitionsverhalten der Unternehmen betrifft. Geldpolitik und Finanzpolitik unterstützen auch im Jahre 2002 die Konjunkturentwicklung in den USA. Wegen der fragilen Lage an den Aktienmärkten sowie der Gefahren aus einer hohen Unternehmensverschuldung wird die Fed die niedrigen Notenbanksätze bis auf weiteres beibehalten; Zinssenkungen sehen wir allerdings erst dann, wenn sich nochmals eine gravierende Verschlechterung an den Finanzmärkten oder in den Konjunkturindikatoren zeigt, was nach unserer Konjunktursicht jedoch unwahrscheinlich ist. Erst wenn sich der US-Aufschwung in einer deutlich steigenden Investitionstätigkeit verfestigt, wird die Fed ihre derzeitige extrem expansive Geldpolitik zurücknehmen. Der Aufschwung in Euroland läuft nur schleppend an. Zwar wird auch hier, analog zu der erwarteten Entwicklung in den Vereinigten Staaten, der Aufschwung nicht abbrechen, aber die Zuwachsraten beim BIP steigen nur zögerlich an. Wir erwarten in diesem Jahr für Euroland ein Wachstum von 0,9 % (wegen des geänderten Quartalsverlaufs revidiert von 0,8 %) und im kommenden Jahr von 1,9 % (revidiert von 2,0 %). Deutschland bleibt weiter im Schlussdrittel der Euro-Liga mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 0,4 % in diesem und 1,4 % im nächsten Jahr (revidiert von 1,7 %). Die ohnehin geringen Inflationsgefahren in den großen Volkswirtschaften sind durch den sehr zögerlichen Aufschwung noch weiter abgeschwächt worden. Da die Outputlücke sich auch im kommenden Jahr nicht schließen wird, rechnen wir für die Vereinigten Staaten mit einem nur sehr moderaten Preisanstieg. In Euroland hat die leichte Aufwertung der Währung gegenüber dem US-Dollar noch kaum Konsequenzen für die Inflation gehabt. Der Rohölpreisanstieg gleicht die geringeren konjunkturellen Inflationsgefahren aus. Auch bleibt die Gefahr einer Lohn-Preisspirale nach wie vor bestehen, so dass wir deflationäre Entwicklungen in Euroland für unwahrscheinlich halten. Das Umfeld für Zinssenkungen der EZB verbessert sich nur langsam. Wir erwarten im Januar eine Zinssenkung um 25 Basispunkte. Die Rentenmärkte sind gegenwärtig stark verbunden mit den Aktienkursen. Aufgrund der dort herrschenden hohen Unsicherheit dienen die US-Rentenmärkte als "sichere Häfen". Angesichts der immer noch nicht ausgestandenen Malaise am Aktienmarkt und des tendenziell disinflationären Umfelds könnten die niedrigen Renditen auch teilweise Ausdruck eines Strukturbruchs sein. In Euroland orientieren sich die Rentenkurse an den nur noch moderaten fundamentalen Aussichten. Wir erachten den Rentenmarkt derzeit bei Renditen von 4,5% bis 4,7% als fair bepreist. Wir rechnen damit, dass mittelfristig der Zinsanstieg bei Leitzinsen und Kapitalmarktzinsen deutlich geringer ausfällt als in früheren Zinszyklen und später beginnt als bislang erwartet.

Prognoserisiken (0% - 30%)

Eine besser als erwartet eintreffende Konjunkturentwicklung erachten wir derzeit als sehr unwahrscheinlich. Ein konjunkturelles Abwärtsszenario besteht in einer neuerlichen ausgeprägten Investitionsschwäche, die auf der Vertrauenskrise gegenüber den US-Unternehmensbilanzierungen und damit den Börsennotierungen fußt. Weiter rückläufige Aktienkurse könnten darüber hinaus Befürchtungen über die Solidität des Finanzsektors hervorrufen, die im schlimmsten Fall in einer Kreditklemme mit weiterer Dämpfung der Investitionsbereitschaft münden. Sich selbst verstärkende negative Erwartungen könnten dann eine Konsumzurückhaltung auslösen. In diesem Umfeld könnte die US-Wirtschaft wieder auf Null-Wachstum oder sogar darunter fallen (dies ist das sogenannte Double-Dip-Szenario). Ein solches Szenario hat in den letzten Monaten zwar an Wahrscheinlichkeit gewonnen; diese bleibt aus unserer Sicht dennoch gering (30 %). Ein möglicher kriegerischer Irak-Konflikt ist hinsichtlich des Verlaufs und der Länge nicht abzusehen und daher nicht explizit in unseren Prognose-Szenarien enthalten. Eines ist aber sicher: Ein Irak-Krieg würde die Weltwirtschaft schwer belasten. Ein steigender, möglicherweise auch über einen längeren Zeitraum hoher Ölpreis sowie eine nachhaltige Verunsicherung der Investoren und Konsumenten wären die Folge. Gelingt es nicht, einen politischen Flächenbrand im Nahen Osten zu verhindern, wird die Weltwirtschaft erneut in die Rezession abgleiten.

Quelle: Deka

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