Deka - Konjunkturüberblick
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Nach wie vor bestimmen das Platzen der Aktienmarktblase und die daraus resultierenden Anpassungsmechanismen die gegenwärtige Lage der Weltwirtschaft. Während der Blase hat die Vielzahl von scheinbar lohnenden Investitionsprojekten in sehr starkem Ausmaß zu Über- und Fehlinvestitionen geführt. In der derzeitigen Bereinigungsphase ist die Investitionstätigkeit daher deutlich geringer als in früheren Jahren. Negative Vermögenseffekte durch den geringeren Wert von Beteilungen und Aktien belasten nicht nur den privaten Konsum, sondern auch die Bilanzen von Unternehmen und Banken und dämpfen die Kreditvergabe. Aufgrund des als höher empfundenen Risikos sind die Renditeunterschiede zwischen sicheren Staatsanleihen und Unternehmensanleihen zudem deutlich höher als zur Zeit der Aktienmarktblase, was die Investitionstätigkeit ebenfalls belastet.
Neben diesen strukturellen Problemen bestimmen zyklische Faktoren die Weltwirtschaft. Positive Impulse gehen dabei von der Geldpolitik und von der insbesondere in den USA expansiven Finanzpolitik aus. Dies wird sich auch in den nächsten Quartalen nicht ändern, sodass wir auf mittlere Sicht eine Konjunkturerholung erwarten können. In der kurzen Frist ist aber nur mit einem stark gedämpften Wachstum zu rechnen. Dies wird im 4. Quartal zu einem Quartalswachstum nahe der Nulllinie in den USA führen. In Euroland zeigt der SZ-Euroland-Indikator derzeit nach unten, so dass mit weiteren Enttäuschungen gerechnet werden muss. Zusätzliche Risiken gehen von der derzeitigen Wirtschaftspolitik in Euroland aus. Da in einigen Staaten im Konjunkturboom keine ausreichenden Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung gemacht wurden, führt die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche zu hohen Defiziten und Problemen mit der 3%- Grenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Höhere Steuern und Abgaben sind in Deutschland die Folge, was in der gegenwärtigen Lage prozyklisch und damit belastend wirkt. Hinzu kommt, dass die Belastung mit Sozialabgaben, die in Deutschland auf ein neues Rekordhoch gestiegen ist, den Arbeitsmarkt zusätzlich belastet, da sie die Differenz zwischen Brutto- und Nettolöhnen erneut erhöht.
Das soweit beschriebene weltwirtschaftliche Bild weist für den Kapitalmarktanleger einen starken Nachteil auf: Es wird von den meisten Analysten, Forschungsinstituten und internationalen Organisationen geteilt. D.h. es besteht zur Zeit ein starker Consensus, dass das vierte Quartal 2002 und das erste Quartal 2003 sehr schwach sind, dass die Erholung gedämpft bleibt, dass die Preissetzungsmacht der Unternehmen und damit die Gewinnentwicklung relativ gering sind und dass die Notenbanken ihre expansive Geldpolitik fortsetzen werden. D.h., dass mit diesem Szenario am Kapitalmarkt kaum Geld verdient werden kann, da die meisten Anleger entsprechend dieses Szenarios bereits positioniert sind. Dies wird daran sichtbar, dass die Kapitalmärkte auf konjunkturelle Daten, die entsprechend dem gängigen Konjunkturszenario durchwachsen hereinkommen, weniger reagieren als sonst. Statt dessen beherrscht der schon länger mögliche Irak-Krieg die Diskussion in den Handelsräumen. Je wahrscheinlicher er erachtet wird, desto schwächer tendieren der USDollar und die Aktienmärkte und desto stärker tendieren Renten. Hier ist Vorsicht angebracht, da es nicht die erste Marktphase wäre, in der die Politik als Erklärung für Marktbewegungen herangezogen wird, die tatsächlich realwirtschaftlicher Natur gewesen sind. Solange aber die weitere Entwicklung im Irak ungeklärt bleibt, erwarten wir keine Wende der aktuellen Finanzmarkttrendtrends. Insbesondere der Ölpreis könnte bei weiter steigenden Risiken eines Irakkrieges noch weiter zulegen. In den letzten Wochen wurde er stark durch den Streik in Venezuela nach oben getrieben, der die Ölproduktion seit Anfang Dezember in dem fünftgrößten ölfördernden Land der Welt lahmgelegt hat.
Was sind für 2003 nun die besten Vermögensklassen bei dem dargestellten weltwirtschaftlichen Szenario und den bestehenden Risiken? In der gegenwärtigen Situation ist die Lage an den Aktienmärkten durch zwei Faktoren gekennzeichnet. Auf der einen Seite haben sich die Aktienkurse stark reduziert. Wüssten wir sicher, dass die konjunkturelle Talfahrt zu Ende ist, dann wäre jetzt der Zeitpunkt Aktien zu kaufen. Historisch gesehen war das Ende der Zinssenkungszyklen meist ein guter Zeitpunkt, um von Bonds in Aktien umzuschichten. Ausgehend von niedrigen Gewinnen, führte ein Anspringen der Konjunktur oft zu stark steigenden Aktienkursen. Auf der anderen Seite ist es nicht sicher, dass es zu einem starken Gewinnwachstum in der nächsten Zeit kommt. Schließlich bleibt der Konkurrenzdruck hoch und die Preisüberwälzungsspielräume gering.
Bonds profitierten von geringen Preisüberwälzungsspielräumen, da sie die Inflationsraten niedrig halten und zu geringen Inflationsprämien und Risikoprämien für möglicherweise ansteigende Leitzinsen führen. Die Historie spricht allerdings dafür, dass eine derartig expansive Geldpolitik, wie sie aktuell in den USA vorliegt, früher oder später die Konjunktur belebt. Auf den aktuellen Renditeniveaus steigt daher die Gefahr, dass der untere Wendepunkt bei den Renditen bald erreicht ist. Auch wenn das Aufwärtspotenzial bei den Renditen insbesondere in Euroland und zu einem geringeren Teil in den USA als begrenzt anzusehen ist, da die hohe Verschuldung vieler Konsumenten und Unternehmen einem starken Zinsanstieg entgegenwirken, würde eine Verschiebung der Zinsstrukturkurve nach oben, den Ertrag von Rentenanlagen schmälern.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Aktien in 2003 voraussichtlich relativ geringe aber positive Erträge erwirtschaften werden und Rentenanlagen zu ebenfalls positiven Erträge führen, die aber etwas niedriger liegen als die sowieso schon geringen Kuponrenditen. Geldmarktanlagen werden in 2003 eher unattraktiv sein, da die Zinssenkungen der Notenbanken die Realzinsen im kurzfristigen Bereich teilweise unter 0% gedrückt haben. Immobilien werfen eine höhere und stabilere Rendite ab, werden aber auch nicht für jeden Anleger eine adäquate Anlage sein. Dies liegt an den insbesondere in den USA und dem Vereinigten Königreich bereits stark gestiegenen Immobilienpreisen und an privaten Portfoliodiversifikationsgründen.
Auf der Suche nach höheren Investitionsrenditen ist in den letzten Wochen erneut das Gold in den Fokus vieler Anleger gerückt. Jahrelang hatte es ein stiefmütterliches Dasein gefristet. Angesichts der Aktien- und Rentenhausse der 90er Jahre wollten wenige Anleger das ertragslose Gold in ihren Portfolios hoch gewichten. Hinzu kam, dass einige Notenbanken angekündigt hatten, ihre Goldbestände zu reduzieren. Dies hat das Potenzial den Wert des Goldes über Jahrzehnte niedrig zu halten. Schließlich lagern ungefähr 30.000 Tonnen des Weltbestandes von 140.000 Tonnen Gold bei Zentralbanken. Die jährliche Nachfrage beläuft sich dagegen nur auf ungefähr 4.000 Tonnen. Zur Marktpflege haben sich die wichtigsten Notenbanken 1999 im Washingtoner Agreement verpflichtet, bis 2004 nicht mehr als 400 Tonnen Gold pro Jahr zu verkaufen. Mit diesen Mengen hat der Goldmarkt nun gelernt zu leben. Der Goldpreis erscheint uns daher nach unten hin gut abgesichert. Fundamentale Faktoren für den starken Goldpreisanstieg der letzten Wochen können wir jedoch nicht ausmachen. 90% der Goldnachfrage kommt aus der Schmuckindustrie, die von der schwachen Konjunktur kaum profitieren sollte. Wir erwarten daher weiter, dass der Goldpreis mittelfristig in der von uns bislang prognostizierten Handelsspanne von 290 - 350 US-Dollar notieren wird. Kurze spekulationsgetriebene Ausschläge nach oben sollten insbesondere von Euro-Anlegern zu Gewinnmitnahmen genutzt werden. Langfristig erwarten wir bei Rentenanlagen höhere Renditen als beim Gold.
Quelle: Deka
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