Kommentar
15:39 Uhr, 03.08.2011

Deka-EZB-Kompass: Inflationsdruck lässt nach - Marktdruck nimmt zu

1. Zum ersten Mal seit Mai 2010 liegen die Werte unseres Analysemodells EZB-Kompass wieder unter der 50-Punkte-Marke. 49,6 Punkte gegenüber revidierten 57,6 Punkten aus dem Vormonat bedeuten einen deutlichen Rückgang. Darin kommen insbesondere die stark gesunkenen Frühindikatoren (Einkaufsmanagerindex, Economic Sentiment) für den Euroraum zum Ausdruck. Aber auch die Industrieproduktion präsentierte sich im Juli schwach, ebenso wie die Jahresrate der Erzeugerpreise mit 2,6 Prozent geradezu eingebrochen ist. Rückgänge der Kompasswerte hatten wir für die zweite Jahreshälfte erwartet, allerdings nicht in diesem Tempo. Für die EZB sind diese veränderten Wirtschaftsindikatoren, ebenso wie die Ereignisse bei den Staatsschulden diesseits und jenseits des Atlantiks Grund, etwas defensiver zu kommunizieren. Das Fenster für Zinserhöhungen schließt sich langsam, denn wir erwarten keine Anstiege der Kompasswerte mehr über die 50- Punkte in diesem Jahr. Diese Marke ist die Grenze, ab der die zusammengefassten Einzelindikatoren auf geldpolitischen Restriktionsbedarf hinweisen.

2. Für den fundamentalen Ausblick der Geldpolitik gibt es in diesem Monat scheinbar viel zu diskutieren: Der Schuldenstreit in den USA und die nachfolgend schlechten Konjunkturdaten haben die Risiken der Konjunktur wieder in den Vordergrund gerückt. Eine Abkühlung der Konjunktur war in unseren Kompass-Prognosen antizipiert. Die Gewöhnung an wieder höhere Rohstoff- Preisniveaus nach den finanzkrisenbedingten Einbrüchen hat dazu geführt, dass die Inflationsraten von ihren Werten bei fast drei Prozent wieder langsam Richtung zwei Prozent absinken. Gleichzeitig zeigen die Konjunkturindikatoren eine Verlangsamung des wirtschaftlichen Aufschwung im Durchschnitt der Eurozone an – sowie ein weiterhin höchst ungleichmäßiges Konjunkturgeschehen. Dies sind alles keine grundsätzlich neuen Informationen. Aber die Entwicklung in den USA zeigt, wie verwundbar die wirtschaftliche Entwicklung ist. In der Vergangenheit war diese durch Geldpolitik und Finanzpolitik gestützt worden. Die Stütze der Finanzpolitik fällt künftig nun weg, denn sie ist brüchig geworden. Es liegt nahe, diese Entwicklung auf große europäische Staaten wie Frankreich oder Italien zu übertragen. Wir rechnen zwar nicht mit einer erneuten Rezession, weder in den USA noch in Euroland, wohl aber weiterhin nur mit einer zähen Entwicklung.

Der Zentralbankrat wird sich zu diesen neuen Entwicklungen äußern müssen. Wir meinen, dass er bei seinen Aussichten auf Konjunktur und Inflation defensiver argumentieren wird als in der Vergangenheit. Wir rechnen immer noch mit dem Status der „Wachsamkeit“ gegenüber der Inflationsentwicklung. Allerdings wird ebenfalls von schwächeren Signalen die Rede sein, von denen man abwarten müsse, ob sie nur temporären Einflüssen (Japan) geschuldet sind, oder eine generelle Neueinschätzung erforderlich machen. Insofern ist es ein glücklicher Umstand, dass die EZB nicht unter Entscheidungszwang steht: Die letzte Zinserhöhung liegt gerade einen Monat zurück, und selbst wenn der EZB-Rat noch leicht höhere Refi-Sätze anstreben würde – was unserer Meinung nach der Fall ist-, ist keine Eile vonnöten. Aussagen zur Zinspolitik wird es nach der kommenden Sitzung nicht geben.

3. Für die EZB stand in den vergangenen Wochen hauptsächlich die Diskussion um ihre Unabhängigkeit inmitten der Schuldenturbulenzen europäischer EWU-Staaten im Mittelpunkt. Hier war es ihr gerade gelungen, sich nicht noch weiter in die Finanzpolitik einbinden zu lassen, da wird das Thema wieder hochaktuell. Die steigende Risikoaversion ließ in den vergangenen Tagen die Renditen von Ländern wie Italien oder Spanien wieder deutlich ansteigen. Bankanleihen verzeichneten ebenso deutliche Kursverluste. Bei der Pressekonferenz werden daher die Perspektiven einer zwischenzeitlichen Wiederaufnahme von Anleihekäufen durch die EZB - zumindest bis zu Einsatzfähigkeit der EFSF für Sekundärmarktoperationen – im Mittelpunkt stehen.

Sollte die Risikoaversion auf dem gegenwärtigen Niveau verharren oder sich die europäische Schuldenkrise in den kommenden Wochen wieder zuspitzen, würde die EZB unserer Meinung nach einen noch geplanten Zinsschritt für den Oktober aussetzen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 160 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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