Kommentar
10:25 Uhr, 06.12.2002

Deka erwartet keine weitere US-Zinssenkung

Diesen Dienstag wird sich der Offenmarktausschuss der US-Notenbank zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammenfinden. Am Donnerstag werden dann die Minutes der Ausschusssitzung vom 6. November veröffentlicht, die einen Einblick in die momentane Denkweise der Fed geben. Diesbezüglich aufschlussreich war schon das am 27. November veröffentlichte Beige Book, in dem die zwölf regionalen Distrikte des Federal Reserve Systems umfassend über die regionale Wirtschaftsentwicklung der letzten Wochen berichteten, wodurch sich ein umfassendes Stimmungsbild über den Zustand der US-Wirtschaft ergibt. Im Beige Book sind Informationen enthalten, die vor dem 18. November 2002 eingeholt wurden. Der pessimistische Ton des Beige Book hat sich im Vergleich zum Oktober nicht verstärkt. Die Stimmung in den Unternehmen ist aber auch nicht besser geworden.

Dennoch ist nicht von einer weiteren Zinssenkung auszugehen, denn die Zinssenkung ging mit einer Rückkehr zu einer ausgeglichenen Risikoeinschätzung einher: Die Fed sieht nun - zumindest auf dem Papier - die Risiken nicht nur bei der Konjunktur, sondern auch wieder bei der Inflation. Natürlich darf man die geäußerten Inflationsrisiken nicht ernst nehmen. Nicht Inflation, sondern Deflation ist vor dem Hintergrund der klaffenden Outputlücke, die große Gefahr, die von der Fed und uns aber nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 % bis 20 % gesehen wird. Denn der Zinsschritt vom November wird ja frühestens Weihnachten 2003 wirken, und die Bush-Administration hat nach dem grandiosen Wahlsieg der Republikaner bei den Wahlen zum Kongress schon laut über erneute Steuersenkungen im Januar 2003 nachgedacht. Beides sollte den zyklischen Auftriebskräften auf die Sprünge helfen. Dem entgegen steht die allgemeine Unsicherheit, die aus dem Irakkonflikt resultiert, so dass sich der "soft spot", in dem sich die US-Wirtschaft laut Fed momentan befindet, durchaus als ein größerer herausstellen könnte. Zudem folgen auch nicht alle Mitglieder des Offenmarktausschusses der Einschätzung von Notenbankchef Alan Greenspan, dass die Schwäche des Aufschwungs allein auf die kriegsbedingte Unsicherheit zurückzuführen ist. Angeführt werden auch die Überschusskapazitäten, die geringe Preissetzungsmacht und die relativ geringen Auftragseingänge.

Wie ist der "Widerspruch" zwischen der konjunkturpolitisch motivierten Zinssenkung und der ausgeglichenen Risikoeinschätzung zu interpretieren? Erstens, hätte die Fed nicht wieder auf Inflationsgefahren hingewiesen, so hätte der Zinsschritt wohl den Pessimismus an den Märkten neu entfacht und möglicherweise Panik erzeugt. Der Hinweis auf die Inflationsrisiken sollte damit auf den fundamentalen Optimismus der Fed hinsichtlich der Konjunkturentwicklung hinweisen. Zweitens, selbst wenn die Risiken in der Tat nicht ausgeglichen sind, so sind sie es nach dem Zinsschritt etwas mehr als ohne ihn. Ein dritter Grund für die ausgeglichene Risikoeinschätzung liegt darin, dass damit geldpolitischen "Falken" im Offenmarktausschuss entgegen gekommen wurde, die einen Zinsschritt von 50 Basispunkten als zu groß ansahen. Viertens wurde mit der Risikoeinschätzung kommuniziert, dass es mit weiteren Zinssenkungen erst einmal ein Ende hat.

Sollte die Unsicherheit an den Märkten entweichen, so steht dem langsamen Aufschwung eigentlich nichts mehr im Wege. Baldige Zinserhöhungen sind aber nicht zu erwarten, denn dafür ist der Aufschwung noch viel zu fragil. Darüber sollten, wie das Beige Book darauf hinweist, auch die zuletzt guten Konjunkturindikatoren nicht hinwegtäuschen. So kommentierte der Vorsitzende des Institute for Supply Management das momentane Verhalten der Industrieunternehmen: "Verpflichte dich nicht langfristig, baue keine Lager auf, und erwarte nicht, dass sich die Situation verbessert, weil du nicht weißt, was aus geopolitischer Sicht noch alles zu erwarten ist." Sollte die US-Wirtschaft von adversen Schocks (Ölpreiserhöhungen, Terroranschläge, etc.) getroffen werden, so sind weitere Zinssenkungen möglich. Wir erwarten vor diesem Hintergrund die Zinswende nach oben erst für Ende 2003.

Quelle: Deka

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