Kommentar
15:01 Uhr, 07.12.2008

DAX und wieviel ist die Würde des Menschen wert?

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  • DAX
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Ein Urteil des Bundesgerichtshofs in dieser Woche hat mir wieder einmal etwas zu denken gegeben. Der 1. Strafsenat hat die Steuerhinterziehung mit Betrug gleichgesetzt und dargelegt, dass ab einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe eine Freiheitsstrafe zu verhängen ist. Soweit, sogut, auch ich bin nachhaltig der Meinung, dass der Ehrliche nicht weiterhin der Dumme sein darf! Ich würde gerne mehr Steuern zahlen müssen, dann würde ich nämlich auch mehr verdienen, aber darum geht es ja überhaupt nicht. Ob ein solches Strafmaß überhaupt den gewünschten Effekt hat, bleibt ohnehin fraglich. Richtig ist es in jedem Fall, die Daumenschrauben an einem früher so genannten Kavaliersdelikt anzuziehen. Was mir bei der Sache aber zu denken gegeben hat und mir auch irgendwie sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass eine Straftat, die zwar verwerflich ist und in letzter Konsequenz auch der Allgemeinheit schadet, genauso bestraft wird, wie eine Straftat an einer Person die körperlich, geistig oder sonst wie dem Täter unterlegen ist. Diese unterlegene Person hat in der Regel nämlich keine Möglichkeit sich zu wehren oder präventiv tätig zu werden. Der Staat hat viele Möglichkeiten Steuerhinterziehung unattraktiv zu machen oder auch im Vorfeld Maßnahmen zu ergreifen, damit die Steuerhinterziehung zumindest eingedämmt wird. Aber die Straftat von der ich spreche wird mit dem deutlichen Anheben das Strafmaßes für Steuerhinterziehung schon fast zum Kavaliersdelikt degradiert. Es geht um Vergewaltigung, sexuellen Missbrauch und sexuelle Nötigung. Sicher, auch hier gibt es Abstufungen von leicht bis schwer und von Geldstrafe bis längerer Freiheitsstrafe. Wenn ich aber sehe, dass jemand der einen Schutzbefohlenen zu einer sexuellen Handlung an sich anhält, mit einer Geldstrafe davon kommen kann, nicht aber länger als 3 Jahre ins Gefängnis muss, dann frage ich mich schon: Was ist Geld in unserem Staat ggü. der Würde des Menschen eigentlich noch wert. Ich stelle mir gerade vor, eines meiner Kinder kommt aus dem Sportunterricht und erzählt mir, dass es den Übungsleiter anfassen musste. Und abends höre ich im Restaurant am Nebentisch, wie ein Stadtbekannter Unternehmer stolz von seiner neuesten Briefkastenfirma erzählt. Na klar ärgern mich beide Situationen. Aber einmal Hand aufs Herz, wenn ich dem Unternehmer die Firma wegnehme (überzogen dargestellt) dann ist er sicher gut bestraft und wird sich das bei seiner nächsten Firma überlegen und der Staat hat auch etwas davon. Wenn ich aber dem Sexualtäter eine Geldstrafe aufbrumme, dann wird er das irgendwann vielleicht wieder tun weil ihm sein Trieb keine Ruhe lässt. Meinem Kind ist damit in keiner Weise geholfen. Viel wichtiger wäre es dem Sexualtäter sofort, und nicht erst nach dem x-ten Mal, eine vernünftige Therapie zukommen zu lassen. Zum Glück habe ich beide Fälle nur konstruiert. Ich habe auch keine Patentlösung für solche Dinge, aber eines scheint mir sicher: Auf eine Stufe darf man solche Vorkommnisse auf keinen Fall stellen.

Was hat das nun wieder mit Wirtschaft zu tun. Natürlich so gut wie gar nichts, aber irgendwie eben doch wieder. Wenn wir schon in einem Umdenkungsprozess sind und Milliarden für Rettungspakete zum Teil verschleudert werden, dann würde es doch vielleicht auch gerade in die Zeit passen, mal die Steuergesetze zu überdenken und Anreize durch mehr Steuergerechtigkeit für mehr Steuerehrlichkeit zu schaffen. Da sind unsere Politiker aber wieder irgendwie feige. Klar es stehen ja Wahlen an und da müssen wir uns ja positionieren. Eine Steuerreform wird natürlich erst nach der Wahl angegangen. Zugegeben in der aktuellen Regierungskonstellation ist es auch schwer genug etwas durchzubringen. Aber wer weiß, vielleicht ist es nach der Bundestagswahl ja noch schwerer. In rezessiven Zeiten wie jetzt würde natürlich jeder Cent im Bundeshaushalt gut tun. Also lassen wir erst einmal alles so wie es ist und schrauben nur da, wo es oberflächlich erst einmal niemandem weh tut.

Unterdessen haben die Notenbanken und nicht zuletzt die EZB die Leitzinsen gesenkt. Gut so, was bleibt auch anderes übrig. Die Senkung bei der EZB erfolgte mit 75 Basispunkten in historischer Höhe. Jetzt werden die Kredite günstig, es kann wieder investiert werden und alles wird gut. So einfach ist das aber leider nicht. Die Banken geben die niedrigen Zinsen nicht so einfach weiter. Kunden gegenüber wird da schon mal gesagt, dass der Markt das im Vorfeld schon eingepreist habe. Tatsächlich passieren aber zwei Dinge. Zum einen wird die Marge schlicht und ergreifend erhöht. Wenn bisher ein Kreditzins z.B. zu 5,5% herausgelegt wurde und die Bank bei der Zentralbank zu 3,25 ausgeliehen konnte, so war die Marge bei 2,25%. Wenn nun der neue Kreditzins zu 5,25% abgegeben wird und der neue Leitzins bei 2,50% liegt, ist das, was für die Bank übrig bleibt natürlich ungleich größer. Ja aber… werden Sie jetzt zu recht sagen, hier werden ja Äpfel mit Birnen verglichen. Stimmt. Der Leitzins ist der kurzfristige Zinssatz und die von mir zitierten Kreditzinsen sind das eher mal lange Ende. Aber warum eigentlich wird dann bei steigenden Zinsen genau dieses Argument für höhere Kreditzinsen bemüht. Also die Banken verdienen schon besser daran. Zum anderen kommt aber eine viel wichtigere Angelegenheit zum Tragen. Die Risikoprämie nämlich. Die Banken haben inzwischen natürlich deutlich mehr Angst davor, dass Kredite von privaten Haushalten nicht mehr zurückgezahlt werden. Diese Angst lassen sie sich (ähnlich wie die Volatilität bei Optionen) durch höhere Prämien (in diesem Fall Kreditzinsen ) bezahlen. Hätte die EZB also nicht die Zinsen gesenkt, wären die Kreditzinsen sicher über kurz oder lang um einen gewissen Risikoaufschlag gestiegen.

Somit ist es nicht verwunderlich, wenn sie jetzt nur leicht fallen oder sogar unverändert bleiben. So einleuchtend diese Erklärung auch sein mag, so ein bisschen muss ich trotzdem noch einmal unseren Bundespräsidenten Herrn Köhler zitieren, der kürzlich die Mahnung aussprach, dass sich die Banken wieder auf ihr Ureigenstes Geschäft konzentrieren sollten und er sprach ausdrücklich von Bankiers und betonte nicht von Bankern zu sprechen. Ich denke mal, die Banker geben die Zinssenkung aus Gewinnsucht nicht an ihre Kunden weiter, der Bankier wird es im Zweifel tun.

Kredite, und zwar günstige, benötigen auch die drei großen Automobilhersteller General Motors, Ford und Chrysler. Die benötigten Beträge werden von Tag zu Tag höher geschätzt. Auch hier fragt man sich, wo soll das Geld herkommen? Natürlich, vom Staat. Und der US-Staat hat ja noch genug Papier. GM hat sogar eine Fusion mit Chrysler angeboten (die sind darin ja schon geübt) aber nur unter der Bedingung, dass noch mehr Geld vom Staat fließt. Sicher, es muss etwas getan werden, sonst geht die ruhmreiche langjährige US-Automobilindustrie ihrem Ende entgegen. Aber ob mit zugeschossenen Geldern das Problem dauerhaft gelöst wird, ist die Frage. Ich fürchte, es wird nur nach hinten verschoben. Die Arbeitsplätze die dann in Gefahr sind werden deutlich mehr sein, als wenn jetzt ein Schnitt gemacht werden würde und von den Großen vielleicht nur einer oder zwei übrig bleiben. Verständlich ist natürlich der Versuch alle zu retten, die Zeichen sprechen leider aber eine andere Sprache.

Die Verantwortlichen haben derzeit keine leichte Aufgabe. Das haben die Arbeitslosenzahlen in den USA gezeigt, die am Freitag veröffentlicht wurden und die auf den höchsten Stand seit 1993 gestiegen sind. Damit haben die Märkte alle Ansätze einer Erholung vielleicht sogar einer Bodenbildung, die noch zur Wochenmitte zu erhoffen war, am Freitag konterkariert. Auch wenn der Dow Jones am Ende mit einem deutlichen Plus aus dem Handel ging.

Im DAX scheint sich auch die Möglichkeit eines Doppelbodens so langsam in Wohlgefallen aufzulösen. Am Donnerstag hat der Markt im Tagesverlauf noch so deutlich zulegen können, dass sogar der kurzfristige Abwärtstrend gebrochen wurde. Zum Tagesschluss wurden die Gewinne aber wieder komplett abgegeben, was mit der Hammerformation schon fast einem Verkaufssignal gleich kam. Im Nachmittagshandel am Freitag unterschritt der DAX dann auch noch die psychologische Marke von 4.400 Punkten. Zwar konnte diese mit den späten Gewinnen an der Wall Street wieder zurückerobert werden (am Montag wird es eine deutlich festere Eröffnung geben). Trotzdem sollte der Weg zu den alten Tiefs bei 4.000 Punkten wieder frei sein. Ich kann somit nach wie von nicht von einer Bodenbildung sprechen und das gilt auch für den deutschen Fußball, selbst wenn der Donnerstag recht erfolgreich verlaufen ist. Somit müssen die, die am Mittwoch gepatzt haben jetzt unbedingt am Ball bleiben und sie sollten das auch tun um Ihr Vermögen zu schützen. Bleiben Sie auch beim Gold am Ball. Es ist gegen Papier aktuell weiterhin günstig.

Herzliche Grüße bis zur nächsten Woche

Ihr Martin Marquardt

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