Kommentar
14:10 Uhr, 09.12.2007

DAX - Nun wird es spannend!

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  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie kaufen sich ein neues Auto, groß, schwarz, Schiebedach, Navi und Handyhalterung sowieso, 200 PS, Minibar, DVD-Anlage und was man sonst so benötigt. Sie können es sich leisten, sind wohlhabend und bezahlen bar. Ihrem Nachbar geht es nicht schlecht. Aber er kann sich solch ein Auto wie sie nicht leisten. Trotzdem geht er ins Autohaus und lässt sich den Wagen zeigen. Der findige Händler macht ihm ein unwiderstehliches Angebot. Er soll nur einen kleinen Zins auf die später zu zahlende Summe entrichten. Prima, der Deal ist perfekt. Jetzt will ihr 2. Nachbar, der sich das schon gar nicht leisten kann, auch so ein Auto. Er geht zu einem anderen Händler, der ihm ein noch besseres Angebot unterbreitet, sonst könnte er nicht mal die Zinsen zahlen. Auch dieser nimmt das Angebot sofort an. Über die Bezahlung der Endsumme macht er sich keine Gedanken.

Dummer Weise waren die Zinsen nicht festgeschrieben, sondern variabel. Nach einem Jahr haben sich die Strukturen verändert und der Händler Ihres 2. Nachbarn erhöht die Zinsen. Da der 2. Nachbar ohnehin kaum die Raten zahlen konnte, kann er jetzt gar nicht mehr zahlen. Er ist pleite, denn den Endbetrag kann er erst recht nicht zahlen und das Auto will auch keiner kaufen. Da sich ja die allgemeine Lage verschlechtert hat, kann sich keiner mehr ein so teures Auto leisten.

Der erste Nachbar kann zwar gerade noch die Zinsen zahlen, für die Zahlungen des Endbetrags wird es aber eng. Nun wird der 1. Händler nervös. Er will, trotz erhöhter Zinszahlungen auch sein Geld (also das der Endsumme) sehen. Das wirft die nächsten Probleme auf. Und nun passiert etwas Unglaubliches. Der Hersteller der Autos schreibt seine Händler an und teilt Ihnen mit, dass alle Kunden die noch nicht pleite sind (so wie Nachbar Nr.1 ) die gleichen Zinsen zahlen dürfen, wie bisher. Alle anderen ( wie Nachbar Nr.2 ) schauen in die Röhre.

Was halten Sie, der Sie bar bezahlt haben, und sich das Auto auch leisten konnten, von solch einer Praktik?

Sie erkennen schon den Zusammenhang.

Regulatorische Eingriffe von Regierungen oder Notenbanken in die freie Marktwirtschaft sind zunächst einmal immer sehr bedenklich. Wir kennen das von sozialistischen Regimen aus der noch gar nicht so fernen Vergangenheit.

Setzen wir einmal voraus, die US-Regierung will nicht nur eine Wahl gewinnen, nicht nur die Märkte stabilisieren, sondern tatsächlich den Häuslebauern helfen, in dem sie ausgegeben hat, die Zinsen bleiben für die unverändert, deren Kredite noch nicht fällig gestellt wurden. Die anderen müssen sehen wo sie bleiben. Mal davon abgesehen, dass die einzelnen Schuldner oberflächlich betrachtet ungleich behandelt werden, wird das Problem ja nur in die Zukunft verschoben. Hinzu kommt, dass die ohnehin schon bestehende, fragwürdige Meinung, ihre Bestätigung findet: Wenn etwas schief geht, wird die Regierung oder die Notenbank schon einspringen. Also: es kann weiter gezockt werden, es passiert schon nichts. Ein sehr fragwürdiges Signal wie ich finde. Am schlimmsten finde ich jedoch, dass trotz der Erkenntnisse der Vergangenheit, wieder versucht wird ein Markt zu regulieren. Dies wird zwar kurzfristig helfen, aber spätestens mit den Jahresbilanzen der Kreditinstitute im nächsten Jahr wird die ganze Wahrheit auf den Tisch kommen. Dass sich bis dahin alles wieder beruhigt hat und wir zur Tagesordnung übergehen, wage ich sehr stark zu bezweifeln.

In den kommenden Wochen werden die Analystenhäuser zu ihren Jahresendprognosen zu den einzelnen Indizes befragt werden. Ich bin einmal gespannt, was dabei herauskommen wird. Natürlich müssen die meisten positive Schätzungen abgeben. Das liegt nun mal in der Natur der Sache, es muss ja positive Stimmung verbreitet werden, sonst kauft ja keiner mehr etwas. Aber ich erwarte, dass die Steigerungen auf die Jahresendziele von diesem Jahr eher bescheiden ausfallen. Und was glauben Sie wohl warum?

Und noch etwas möchte ich heute erneut ansprechen bzw. an den Pranger stellen. Die Informationspolitik der USA. Speziell die der Arbeitsmarktdaten. Man hat sich ja schon daran gewöhnt, dass die Zahlen des Vormonats mit der Bekanntgabe der aktuellen Zahlen revidiert werden. Dass nun aber schon die Zahlen des Vorvormonats nachträglich zum zweiten Mal verändert werden ist eine Frechheit. Was nutzt mir eine Zahl neu geschaffener Stellen im November von 94.000, wenn gleichzeitig die des Septembers von 96.000 auf 44.000 mehr als halbiert wird. Mit solchen Zahlen kann doch kein seriös arbeitender Analyst etwas anfangen. Trotzdem reagieren die Märkte sofort darauf. Es ist eben die typisch amerikanische Schönfärberei, mit der ja auch bereits Kriege gerechtfertigt wurden. „ Ich sehe nur, was ich sehen will“. Ich bin gespannt, wie lange das noch gut geht.

Im DAX wird es nun ebenfalls spannend. Der Index hat in der vergangenen Woche genau das getan, was ich erwartet hatte. Ein holpriger Anstieg bis an die Abwärtstrendlinie bei 8.000 Punkten. Nun wird sich zeigen, ob diese Marke gebrochen wird, denn es handelt sich nicht nur um eine psychologische, sondern auch eine charttechnische Marke. Ich bin mir da nicht ganz sicher, ob der Markt vor Weihnachten noch die Kraft besitzt, das All-Zeit-Hoch zu überwinden. Die Marktteilnehmer bereiten sich auf die Festtage vor und es liegt dieses Mal sehr arbeitnehmerfreundlich, sodass besonders große Positionen sicher nicht mehr eingegangen werden dürften. Somit rechne ich eher mit einem Scheitern an der 8.000er Marke. Sollte es doch zum Bruch kommen, wird es meiner Meinung nach keine nachhaltig neuen Tops geben.

Meinen Rat an Sie kennen Sie ja bereits, auch wenn der Ball am kommenden Wochenende in diesem Jahr zum letzten Mal rollt, bleiben Sie für Ihr Vermögen trotzdem dran, es sollte weiterhin gesichert werden.

Eine weiterhin schöne Adventszeit und

bis zur nächsten Woche

Ihr

Martin Marquardt

Anmerkung der Redaktion: Bei dem Namen "Martin Marquardt" handelt es sich um ein Pseudonym. Unter diesem Pseudonym schreibt ein charttechnischer Analyst eines größeren Bankhauses, der anonym bleiben möchte.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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