DAX - Das Casino ist geschlossen, hereinspaziert……
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Erwähnte Instrumente
Noch vor wenigen Tagen hat die Regierung das „Shorten“ von einigen großen Aktien des DAX verboten, um damit dem rapiden Verfall der Märkte Einhalt zu gebieten. Shorten bedeutet, das Verkaufen von Aktien die man nicht selbst im Bestand hat, sondern sich bei anderen geliehen hat. Neben der Tatsache, dass diese Maßnahme zwar gut gemeint und sicher auch in der aktuellen Phase richtig war, hat es bei den besagten Werten wenig Erfolg gezeigt. Die betroffenen Aktien (alle aus dem Finanzsektor) haben sich seit dem Verbot trotzdem zum Teil halbiert. Eine Aktie, bei der dies nicht verboten war, ist die VW Aktie. Hätte man das mal im Vorfeld gewusst. Aber das ist ja dann auch wieder das Schöne an der Börse. Sie ist unberechenbar. Zumindest für die meisten von uns. Aber, ohne jetzt die ganzen Details noch einmal aufzuzählen (Sie dürften es in den verschiedenen Publikationen der vergangenen Woche mehrfach gelesen haben) möchte ich schon noch meine Meinung dazu abgeben.
Wenn es alles mit rechten Dingen zugegangen ist, und davon gehe ich zunächst einmal aus, dann wurden einige kräftig auf dem falschen Fuß erwischt. So wie es aussieht sogar einmal die Richtigen. Ganz wenige andere, um genau zu sein, ein anderer, nämlich der neue Großaktionär Porsche hat richtig gut profitiert. Es ist in keiner Weise verwerflich, wenn man eine Investition tätigen will, und sich den Kurs dafür sichert. So macht es jeder Fondsmanager und manch Privatanleger auch. Nun ist bei VW eine Sondersituation eingetreten, die eigentlich am Markt bekannt war. Es sind nämlich nur noch wenige Aktien im freien Handel verfügbar weil das Land Niedersachsen und Porsche die meisten der Aktien bereits im Besitz haben. Wenn Porsche nun also das „Risiko“ steigender VW-Kurse abgesichert hat, dann musste jemand diese Versicherung gewährleisten. Man munkelt, dass seien Banken gewesen. Diese hätten das Risiko ihrerseits wiederum an Hedge-Fonds weitergegeben. Alles nichts Verwerfliches. Als der Kurs begann zu steigen, aus welchem Grund auch immer (es werden da verschiedene Varianten diskutiert), mussten die Hedge-Fonds eindecken (Aktien die sie zuvor geshortet hatten kaufen) und trieben damit den Kurs weiter in die Höhe.
Jetzt beginnt das Unbegreifliche. Die Aktie von VW stieg so stark an, dass Indexfonds gezwungen waren VW Aktien zu kaufen und die übrigen DAX-Aktien zu verkaufen, um die Indexgewichte weiter aufrecht zu halten. Der DAX stieg wegen des VW Gewichtes, obwohl er eigentlich gefallen ist (die Masse der Aktien ging zurück und zwar mehr als deutlich). Von einer Marktbewegung konnte nicht mehr die Rede sein. Der DAX orientierte sich ausschließlich an der Bewegung der VW-Aktie. Porsche kündigte dann an, man wolle einen Teil der Absicherung auflösen, um den Markt zu beruhigen. Jetzt wird die Angelegenheit zu einer Posse. Gut, die Absicherung hat gegriffen und ist aufgegangen. Aber sich jetzt hinzustellen und davon zu reden, man wolle den Markt beruhigen? Man hat Gewinne eingesteckt, na und? Was ist dabei? Sich aber als Wohltäter des Markte hinzustellen in anbetracht eines Milliarden-Gewinnes der die Einnahmen aus dem normalen Geschäftsbetrieb bei weitem übersteigt, ist dann doch etwas merkwürdig. Die Börse hat reagiert und das Gewicht der VW – Aktie von Montag an auf 10 % gekappt. Ausserdem wurde beschlossen, dass der Index nicht nur im vierteljährigen Turnus sondern auch dazwischen angepasst werden kann. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es nun also sehr schnell möglich, eine Aktie aus dem Index zu entfernen, wenn sie zu volatil wird. Das ist gut und vernünftig.
Vernünftig scheint es auch zu sein, Fonds zu schließen bei denen ein zu großer Mittelabfluss zu beobachten ist. Wie bitte? Was schreibe ich denn hier gerade? Einen Fonds schließen. Ja, sie haben richtig gelesen. In der vergangen Woche wurden die ersten offenen Immobilien-Fonds geschlossen. Zumindest können die Anleger ihre Anteile zur Zeit nicht zurückgeben. Warum ist es zu diesem Schritt gekommen? Panik hat sich breit gemacht. Die Investoren ziehen ihre Gelder ab und bringen die Fonds so in Liquiditätsschwierigkeiten. Ein Immobilien-Fonds ist nun eben nicht einfach mal so durch den Verkauf von Aktien zu liquidieren. Eine Immobilie verkauft sich nicht so schnell. Deshalb bleibt den Fondsmanagern kaum etwas anderes übrig, als den Fonds vorübergehend zu schließen. Ich bin davon überzeugt, dass KanAm (die aus anderen Gründen schon einmal zugemacht hatten) und AXA (das ist die zweite Fondsgesellschaft, die ihren offenen Immobilienfonds geschlossen hat) nicht die Einzigen bleiben werden, die diese Maßnahme ergreifen. Wie gesagt, es ist sinnvoll, da sonst am Ende der jeweilige Fonds gänzlich geschlossen werden muss. Aber die Signalwirkung, die dahinter steht. Ich fürchte, dass auch Fonds ausserhalb der Immobilienbranche betroffen sein werden. Anleger kommen dann einfach nicht mehr an ihr Geld.
Wenn das erst einmal passiert, dann kommt die nächste Panik.
Im Moment ist dies zum Glück noch nicht absehbar, aber ausschließen kann man es auch nicht. Im Hinterkopf sollten wir immer noch die Kreditkartenkrise in den USA haben, von der merkwürdiger Weise noch immer niemand spricht. Zumindest nicht als Bedrohung. Aber dieses Thema wird kommen, das ist für mich ganz sicher. Die Börsen werden dann erneut darauf reagieren und in den Sinkflug gehen.
Bevor ich zum Markt komme möchte ich noch auf eine Fernsehsendung in der vergangenen Woche eingehen. Bei der ZDF Sendung „Neues aus der Anstalt“ geht es zuweilen ja recht deutlich zu. Hier wird oft ausgesprochen, was viele denken. Am Mittwoch hat mir der Teil mit meinem Lieblingsbanker aber am besten gefallen. Vielleicht beginnt die breite Öffentlichkeit endlich einmal zu begreifen, welche „Niete im Nadelstreifen“ hier immer noch in Deutschland unterwegs ist.
Am Donnerstag erwarten viele Marktteilnehmer eine Zinssenkung der EZB. Trichet hat jedenfalls dahingehende Andeutungen gemacht. Die Wirtschaft wächst nicht mehr, eine Rezession ist längst kein Schreckgespenst mehr, sondern bittere Realität. Das angemessene geldpolitische Instrument ist dann eben eine Zinssenkung. Kurzfristig kaum zu vermeiden. Langfristig wird es zu weiterer Inflation führen. Früher oder später werden wir froh sein, die aktuell günstigen Goldpreise zur Kapitalsicherung genutzt zu haben. Übrigens, Gold hat inzwischen von den Topnotierungen eine ganze Menge eingebüsst. Zumindest in US-Dollar. Ich schließe nicht aus, dass weitere Rückgänge bis in den Bereich von 650 USD anstehen könnten. Ich werde weiterhin die Hand aufhalten und immer wenn ich ein paar Euro übrig habe, Gold kaufen.
In diesem Zusammenhang darf ich sie einfach einmal darauf hinweisen, dass sie unbedingt Verantwortung für Ihr Vermögen übernehmen sollten. Ich versuche ihnen das ja schon immer mit meinem Schlussgruß mitzuteilen. Leider höre ich immer wieder von Anlegern, die auf das Versprechen überzogener Renditen hereinfallen. Deshalb sei es hier noch einmal ausdrücklich betont. Versuchen sie unbedingt, das zu verstehen, was sie tun und wie sie ihre Gelder anlegen. Warren Buffet hat es auch so gemacht! Am besten sie informieren sich. In Zeitungen, auf edukativen Seminaren oder ganz einfach, in dem sie aufmerksam die Nachrichten bzw. Nachrichten-Sender verfolgen. Entsprechende Hinweise auf das was die Märkte bewegt, lesen sie bei mir oder meinen Kollegen in diesem Portal. Das soll keine Werbung sein (doch, natürlich soll es das sein), aber es hilft ungemein.
Heute macht es mir wenig Freude den DAX zu analysieren. Das liegt daran, dass ein Großteil der Bewegung auf die Ereignisse um die VW-Aktien zurückzuführen ist. Deshalb ist auch der Anstieg von 4.000 Punkten auf nahezu 5.000 Punkten nicht überzubewerten. Zugegeben, der kurzfristige Abwärtstrend wurde gebrochen und ein neuer Aufwärtstrend etabliert. Rein nach der technischen Betrachtung müsste ein Anstieg bis in den Bereich von 5.400 Punkten möglich sein. Aber ist das wirklich aussagefähig? Ich fürchte nein. Ich habe auch noch keine Idee dafür, wie der Markt am Montag, mal von der speziellen VW-Situation abgesehen, auf die neuen Regeln der Börse reagiert. So wage ich heute einfach eine Prognose, die nicht aus der reinen Charttechnik heraus kommt. Ich glaube, dass der Markt zunächst freundlich eröffnet. Dann wird Druck aufkommen und der neue Aufwärtstrend wieder verlassen werden. In den nächsten Wochen erwarte ich noch einmal ein Abtauchen unter die Marke von 4.000 Punkten. Aber wie gesagt, das ist nicht charttechnisch untermauert, da der Chart ganz einfach v(W)-erzerrt ist. In Anbetracht der Krisen, die noch an verschiedenen Ecken schwelen, ist m.E. aber die Situation bei weitem noch nicht ausgestanden.
In der nächsten Woche lesen wir uns dann mit einem neuen US-Präsidenten und vermutlich einem gesenkten Leitzins der EZB wieder. Bis dahin bleiben sie bitte am Ball und sichern (auch wie oben beschrieben) unbedingt ihr Vermögen.
herzlichst bis zur nächsten Woche
Ihr Martin Marquardt
Anmerkung der Redaktion: Bei dem Namen "Martin Marquardt" handelt es sich um ein Pseudonym. Unter diesem Pseudonym schreibt ein charttechnischer Analyst eines größeren Bankhauses, der anonym bleiben möchte.
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