DAX (Big Picture) - 11.000 oder Crash in 2015?
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Erwähnte Instrumente
2014 war ein eher mageres Börsenjahr für den DAX. Nachdem die Anleger in 2013 eher verwöhnt wurden, konnte der Deutsche Leitindex in 2014 nur 2,7% zulegen. Die Schwankungsbreite war hierbei recht heftig. Mit einem Endstand von 9.552 Punkten in 2013 begann der DAX in 2014 in den ersten Monaten mit einer abwartenden Haltung um sodann die 10.000er-Marke zu testen. Hieran prallte der DAX deutlich nach unten ab und erreichte Mitte Oktober bei 8.354 Punkten sein Tief. Nachfolgend ging es zügig wieder aufwärts bis auf das Allzeithoch am 05. Dezember bei 10.093 Punkten. Der Endstand 2014: 9.805 Punkte.
Deutlich besser hingegen lief der Bondmarkt. Langlaufende Staatsanleihen der Eurozone kamen im Durchschnitt auf einen Gesamtertrag von ca. 27%. Die lockere Geldpolitik der EZB half somit eher den Bondmärkten als den Aktienmärkten.
Wie sind nun die Aussichten für 2015? Für die Aktienmärkte, insbesondere den DAX, für Öl, den EUR/USD und Gold?
Blicken wir anfänglich auf die Erwartungen der Profis, den Banken:
Die Zeitschrift „Euro am Sonntag“ stellte Anfang Dezember eine Umfrage unter 24 Banken vor. Der Durchschnitt der Bankenprognosen zum 31.12.2015 wird mit 10.647 Punkten angegeben. Den tiefsten Wert mit 9.500 Punkten gibt dabei die DZ Bank an, optimistisch dagegen Deutsche Bank, Postbank und UBS mit jeweils 11.500 Punkten.
Bezogen auf den Durchschnitt sind die Banken entsprechend dieser Umfrage in der Mehrzahl recht optimistisch. So wird einerseits die kräftige Euro-Abwertung und die sehr lockere Geldpolitik als Kurstreiber für 2015 genannt – und andererseits auch eine Erholung der europäischen Konjunktur in Aussicht gestellt.
Eine andere Sichtweise gibt die „Börsen-Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 03.01.2015 mit dem Titel: „Banken sehen nur wenig Potenzial für den DAX“! Die Börsen-Zeitung ermittelt vierteljährlich in Zusammenarbeit mit dem ZEW den ZEW-Prognosetest. Im Gegensatz zu der obigen Umfrage wird jedoch kein Jahresendstand ermittelt, sondern eine Prognose für das kommende Halbjahr gewährt. So wird DAX zur Jahresmitte 2015 bei 10.109 Punkten im Durchschnitt erwartet, per 31.03.2015 wird lediglich ein DAX-Stand bei ca. 9.953 Punkten als Konsens erwartet.
Insgesamt scheinen die Banken „vorsichtig optimistisch“ zu sein. Allerdings teilen nicht alle Aktienstrategen der Banken diese positive Einschätzung. Getrieben von der Euro-Abwertung und dem „Quantiave Easing“ der EZB erwarten zwar einige Banken einen Kursanstieg im DAX bis Mitte des Jahres auch deutlich über die oben genannten Durchschnittswerte in Richtung 10.900 Punkten - so z.B. das Bankhaus Lampe. Anschließend wird vom Bankhaus Lampe jedoch eher ein unterdurchschnittliches Gewinnwachstum der DAX-Werte unterstellt mit entsprechenden Abstufungen der Banken in 2015 mit der Konsequenz, dass der DAX eher in Richtung 10.100 Punkten zum Ende 2015 zurückfällt.
Bedenklich hält auch die Helaba die Stimmung im DAX. Die Chefvolkswirtin der Helaba, Gertrud Traud, erwartet eher ein wirtschaftliches „Miniwachstum“ für Europa sowie auch für Deutschland. Die Gewinnerwartungen wären somit eher überhöht. So erwartet die Helaba einen Rückgang auf 8.900 Punkte bis Mitte des Jahres. Auch für die US-Märkte ist sie wenig positiv eingestellt und sieht hier Korrekturbedarf. Ob also der Börsenstart 2015 gelingt, ist aus Sicht der Helaba eher fraglich. Allgemein wird im Markt auch betont, dass es nun relevant sei, dass die schon angekündigten Maßnahmen der EZB tatsächlich geliefert werden. Würde die EZB auf ihrer nächsten Pressekonferenz Ende Januar nicht „liefern“, so sind Marktverwerfungen vorprogrammiert. Auch gehen die Meinungen über die Geldpolitik der FED auseinander. Die Konsenserwartung geht davon aus, dass die FED eher später als früher an der Zinsschraube dreht. So wird eine Zinserhöhung eher für den Sommer oder Spätherbst angenommen.
Zudem mehren sich auch die skeptischen Stimmen bezüglich eines „QE“. Sowohl innerhalb der EZB als auch außerhalb der EZB wird der Kurs Draghis angegriffen. Die Sinnhaftigkeit weiterer geldpolitischer Lockerungen wird in Frage gestellt. So könnte auch Ende Januar ein gegenteiliger Effekt eintreten. Das „QE“ wird zwar angekündigt und umgesetzt, aber die Märkte haben kein Vertrauen mehr in die Wirkung der Maßnahmen. Statt eines Kursschubs könnte somit auch ein Käuferstreik eintreten und die Kurse beginnen den Rückwärtsgang einzulegen.
Fazit:
Relevant bei der Analyse der Bankenerwartungen ist, dass die meisten Banken zum Anfang des Jahres 2015 optimistisch sind. Deutlichere Rücksetzer dürften somit in den ersten Wochen aufgefangen werden. Eine Unterstützungs-Zone darf im Bereich 8.900 bis 9.200 Punkten angenommen werden. Würde der DAX hingegen die positiven Erwartungen nicht erfüllen und kräftiger verlieren, sind über Absicherungsgeschäfte auch kurzfristig dynamisch fallende Kurse möglich. Nach oben dagegen könnte der Weg etwas steiniger werden. Entsprechend den Erwartungen, dass der DAX im Bereich 10.000/10.200 Punkten fair bewertet ist, könnten hier permanente Gewinnmitnahmen eintreten. Ein Anstieg über diese Zone hingegen würde Handlungsbedarf nach oben und wiederum zumindest kurzfristig eine Hausse auslösen.
Chartanalyse, langfristig
Wie sieht nun die langfristige Perspektive aus Sicht der Chartanalyse aus?
Jahreskerzen
Jahres- und Quartals- sowie Monatskerzen geben die sehr gut die grundsätzliche Stimmung in einem Markt wieder. In Verbindung mit kurzfristigeren Zeitebenen erhalten diese dann auch ihre Wirkung als Anlagesignal. Und die Jahreskerzen sind durchaus positiv. Mit Ausbruch aus einem langfristigen ansteigenden Dreieck in 2013 kann weiterhin von deutlich steigenden Kursen in den kommenden Jahren ausgegangen werden. Kursziel wäre hier die 30.000er-Zone. Die Jahreskerze 2014 jedoch klein. Eine Phase der abwartenden Haltung im Markt, verbunden mit Unsicherheit. Würde nun der DAX unter das Tief 2013 fallen, müsste der Ausbruch als Fehlsignal gelten – mit entsprechend negativen Konsequenzen. Jedes neue Hoch würde allerdings das positive Szenario untermauern.
Quartalskerzen
Auch die Quartalskerzen zeigen im letzten Jahr eine Phase der ausgesprochenen Unsicherheit an. Kleine Kerzenkörper und Lunten sowie kleinere Dochte spiegeln diese Phase sehr gut wider. Ein Ausbruch aus der Range des letzten Jahres per Quartals- oder Monatsschlusskurs würde somit ein langfristiges Richtungssignal liefern. Aufgrund der Lunten in Verbindung mit dem Ausbruch aus dem langfristigen Dreieck in 2013 besteht jedoch eher die Chance nach oben.
Quartals-Linienchart
Der Linienchart ist bullish. Ein Pullback an das Ausbruchsniveau nicht zwingend erforderlich. Kritisch wäre erst ein Re-Break in die verlassene Formation.
Tages-Linienchart
Ebenso wie der obige Linienchart auf Quartals-Schlusskursbasis ist der langfristige Daily-Line-Chart positiv mit Ausbruch aus einem Dreieck. Im best-case-Szenario stellt die obere Trendkanal-Begrenzung das Kursziel dar.
Fazit:
Die langfristigen Zeitebenen sind positiv zu beurteilen. Erst ein Re-Break in das 2013 verlassene Dreieck wäre negativ.
(langfristige Charts: Metastock; Daten: www.bsb-software.de)
Monatskerzen
Betrachten wir zum Abschluss noch die Monatskerzen im DAX. Diese aktuell mit einer interessanten Konstellation. Mit den letzten drei Monatskerzen haben die Bullen ihr Potenzial gezeigt. Der Oktober mit einer langen Lunte, im November eine schöne lange weiße Kerze sowie der Dezember nochmals mit einer Lunte. Zwar gelang hier kein Ausbruch aus der Range – doch ein neues Hoch in den kommenden Wochen sollte dann den Startschuss geben für eine rund 1.000 Punkte-Hausse. Entsprechend der Schwankungsbreite der verlassenen Range nach oben darf die 11.000er-Marke als Kursziel abgeleitet werden. Würde hingegen das Dezember- und Novembertief bei 9.148 Punkten unterschritten – auch per Weekly- oder spekulativer per Daily-Close, so wäre die 9.000er-Marke und die untere Begrenzung der Range in Gefahr, nochmals geknackt zu werden in Richtung 8.500 bis 8.150 Punkten.
Chancen und Risiken in 2015
Neben den eingangs erwähnten Chancen, so der Erholung der europäischen Konjunktur in Verbindung mit einer deutlichen Ausweitung der geldpolitischen Maßnahmen der EZB, sind auch einige Risiken zu beachten. So könnte das „Quantitative Easing“ der EZB eher wirkungslos verpuffen. Die Konjunktur im Euroraum auch aufgrund deflationärer Tendenzen deutlich schwächer ausfallen als erwartet.
Zudem schwächelt Frankreich deutlich. Als einziges Land im Euro-Raum wird Frankreich (neben der Ukraine) in 2015 statt zwei- gleich dreimal von einer Rating-Agentur bewertet werden. Dies zeigt auch den Vertrauensverlust in die wirtschaftliche Kraft Frankreichs an. Interessant bei all den möglichen Unwägbarkeiten hinsichtlich „schwarzer Schwäne“ für die Märkte ist auch ein Hinweis der Londoner Notenbank in ihrem im Dezember veröffentlichen Bericht zum Bankenstresstest, den bis auf eine alle britischen Banken bestanden haben.
Dort wird auf die Bedrohung aus dem Internet hingewiesen. Nach Einschätzung der BoE sollten die britischen Banken ihr Management deutlich verbessern und sich intensiver mit Hacker-Angriffen auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang sei an den im August 2014 erfolgten Hacker-Angriff auf ca. fünf US-Banken (hierunter J.P. Morgan) erinnert. Verdächtigt wurden damals staatliche Hacker aus Russland.
Als Fazit der obigen Ausführungen lässt sich festhalten, dass 2015 durchaus ein spannendes Börsenjahr werden könnte. Neben den Chancen nach oben sind jedoch auch die Risiken im Hinterkopf zu behalten. Der Markt pendelt derzeit noch in einer Phase der Unsicherheit hin und her. Erst ein Ausbruch aus der Range der letzten Monate dürfte hier eine Entscheidung mit sich bringen. Ob diese Entscheidung erst Ende Januar erfolgt – mit Bekanntgabe des „QE“ der EZB in Verbindung mit den Folgen der Griechenland-Wahl oder schon deutlich früher, gibt die Kristallkugel jedoch leider nicht her.
In Phasen der Unsicherheit sind jedoch auch die kurzfristigen Zeitebenen aus charttechnischer Sicht interessant. So bildete der DAX in den letzten Tagen ein symmetrisches Dreieck aus.
DAX - Tageskerzen
Am Freitag prallte der DAX an der oberen Begrenzung dieses Dreiecks nach unten ab. Ein weiterer Rutsch unter ca. 9.590 Punkten und nachfolgend unter die 200-Tagelinie würde das Risiko eines Ausbruchs aus dem Dreieck nach unten erhöhen. Mit der Folge des Risikos, dass der DAX dann die Zone im Bereich 8.900 Punkten testet. Ein Ausbruch aus dem Dreieck nach oben hingegen könnte zumindest kurzfristig zu einem Test der 10.000er-Marke führen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg in 2015!
Ihr Stefan Salomon
Chartanalyst GodmodeTrader.de
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Guten Tag Herr Salomon,
Danke für den enormen Aufwand und die zahlreichen Chartbilder, um damit verbundene Bewegungsoptionen beim Dax in 2015 zu erfassen. Mit freundlichen Grüssen
Top Analyse in allen Zeitebenen mit gutem Fazit, sehr plausibel erklärt. Vielen Dank.
Wie wärs denn mit einem unmittelbar bevorstehenden Crash oder - moderater ausgedrückt - einer heftigen Korrektur. Zeitpunkt, Fundamentals und Charts würden das auf jeden Fall hergeben.
Ich kann mich meinem Vorredner nur anschliessen, super Analyse in allen Zeitebenen, dadurch wird vieles deutlich klarer. Riesen Aufwand der sich aber rentiert, hochachtung ...Gruss Jimi
Spitzenmäßige sachliche Analyse wie immer!