Fundamentale Nachricht
08:36 Uhr, 01.03.2019

Das wirkliche Risiko an den globalen Märkten von heute

Die zunehmende Fragmentierung der Welt aufgrund populistischer politischer Tendenzen stellt nach Einschätzung von Michael Hasenstab, CIO von Templeton Global Macro, ein ernsthaftes Problem dar.

San Mateo (GodmodeTrader.de) - Auch wenn sich einige Beobachter womöglich sorgen, dass der aktuelle weltweite Konjunkturzyklus auf sein Ende zusteuern könnte, sieht Michael Hasenstab, CIO von Templeton Global Macro, die momentan zu beobachtende Verlangsamung des Wachstums als zyklische konjunkturelle Abschwächung – und nicht als das Ende des Zyklus. Was ihm größere Sorgen bereitet, ist die politische Anfälligkeit, die er in der heutigen Weltwirtschaft erkennt. Die zunehmende Fragmentierung der Welt aufgrund populistischer politischer Tendenzen stellt ein ernsthaftes Problem dar, wie Hasenstab in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

„Ich werde häufig gefragt, wo ich die größten Risiken innerhalb der Weltwirtschaft sehe. Heute würde ich sagen, dass dies die extreme politische Landschaft ist, die in vielen Teilen der Welt vorherrscht. Zunehmende Frustration aufgrund von Faktoren wie etwa Immigration und Einkommensungleichheit hat dem Populismus Auftrieb verliehen – sowohl am linken als auch am rechten Ende des Spektrums. Dies kann eine äußerst gefährliche und fiskalpolitisch unhaltbare Wirtschaftspolitik nach sich ziehen. Diese populistische Politik verspricht kurzfristig sehr viel, ist auf lange Sicht jedoch nicht tragbar. Stattdessen kann sie Regierungen eine enorme Schuldenlast aufbürden“, so Hasenstab.

Man habe eine solche Dynamik immer wieder beobachten können. In den USA bestünden Handelsspannungen mit China und die Unfähigkeit des Kongresses, einen Haushalt zu verabschieden. Die Streitigkeiten im Vereinigten Königreich im Zusammenhang mit dem Brexit und dem Umgang mit diesem Thema lieferten ein weiteres Beispiel. Und dann sei da noch die zunehmende Beliebtheit von Parteien, die gegen die Europäische Union und das Establishment ankämpften, sei es in Deutschland, Italien oder Belgien, oder auch die Ablehnung der von Präsident Emmanuel Macron vorgestellte Vision eines integrierten Europas durch die Franzosen, heißt es weiter.

„Was mir Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass es in einer zunehmend fragmentierten Welt, in der sich zahlreiche Länder nach innen orientieren, schwierig sein wird, einen potenziellen weltweiten Schock in den Griff zu bekommen. Es wird immer schwieriger werden, eine koordinierte politische Reaktion zu erzielen, wie sie beispielsweise unter den weltweiten Zentralbanken stattgefunden hat, um die globale Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 hinter uns zu lassen. Das globale Wachstum und die US-Wirtschaft scheinen sich in einem zyklischen Abschwung zu befinden. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass dies das Ende des Zyklus sein wird“, so Hasenstab.

China habe in den vorangegangenen Quartalen seine Produktionspläne beschleunigt, um potenziellen Zollerhöhungen, die ursprünglich für den 1. Januar angesetzt gewesen seien, zuvor zu kommen. Inzwischen sei dieses Tempo wieder gedrosselt worden, so dass das Land auf ein niedrigeres Produktionsvolumen zurückgekehrt sei – ein Effekt, der sich auch in anderen Ländern bemerkbar mache, heißt es weiter.

„Wir glauben nicht, dass den USA oder der Weltwirtschaft eine Rezession unmittelbar bevorsteht. Nachdem zahlreiche Anreizmaßnahmen umgesetzt wurden, insbesondere in den USA, lässt sich bei der Investitionsdynamik teilweise eine Abkühlung beobachten. Aber im Hinblick auf die US-Wirtschaft kann nicht von einer starken Überhitzung die Rede sein: wir haben keine Überinvestitionen und keinen Aufbau von Überkapazitäten beobachtet, die durch eine Rezession bereinigt werden müssten. Alles in allem sehen wir keine wirtschaftlichen Bedingungen, die auf eine massive Rezession hindeuten, sofern es nicht zu gravierenden Schocks an den Finanzmärkten kommt“, so Hasenstab.

Insgesamt sei davon auszugehen, dass wir uns 2019 von dem synchronisierten globalen Wachstum der jüngsten Jahre hin zu einem von den USA angeführten Wachstum verlagern würden. Die US-Wirtschaft zeichne sich derzeit auch weiterhin vor allem durch einen außerordentlich straffen Arbeitsmarkt aus. Die USA hätten das Niveau der Vollbeschäftigung überschritten, während gleichzeitig sowohl die legale als auch die illegale Einwanderung durch die aktuelle Regierung eingeschränkt worden seien. Dies sollte üblicherweise zur Folge haben, dass die Löhne aufwärts tendierten – und genau das habe man auch beobachten können. Höhere Löhne stützten wiederum den Konsum, der die treibende Kraft für die US-Konjunktur darstelle. Starke Arbeitsmärkte, steigende Löhne und ein robuster Konsum würden der US-Wirtschaft 2019 weiteres Wachstum bescheren, heißt es weiter.

„Chinas Rolle in der Welt verändert sich unserer Einschätzung nach derzeit grundlegend, wobei die nach innen gerichtete Außenpolitik der USA dazu beiträgt, diesen Wandel voranzutreiben. Auch wenn sich das Wachstum in China verlangsamt, sind wir der Meinung, dass das Land über die finanzpolitischen Instrumente verfügt, um eine starke Konjunktureintrübung zu verhindern, sofern exogene Finanzschocks ausbleiben. In Anbetracht dessen halten wir das Szenario einer unmittelbar bevorstehenden harten Landung in China, vor der sich alle zu fürchten scheinen, für unwahrscheinlich“, so Hasenstab.

Dieses veränderte Umfeld schaffe eine neue Dynamik und ein wirtschaftliches Vakuum für bestimmte Länder in Lateinamerika, Afrika und Asien. China mache sich daran, diese Lücke zu schließen und in Ländern, die von den USA abgeschottet worden seien, eine wichtigere Rolle zu übernehmen. Dies betreffe insbesondere Länder, bei denen die USA nicht gewillt seien, finanzielle Unterstützung zu bieten. Daher gehe man davon aus, dass der wirtschaftliche Einfluss Chinas in der Welt zunehmen werde, heißt es weiter.

„Angesichts dieses komplexen globalen Umfelds konzentrieren wir uns auf die Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitik einzelner Länder, da diese die wirtschaftlichen Aktivitäten unserer Einschätzung nach letztendlich bestimmen wird. Die große Frage, die sich stellt: gelingt es einem Land, eine kurzsichtige populistische Politik abzulehnen und stattdessen eine längerfristige Vision zu verfolgen? Für Länder, die hierzu in der Lage sind, eröffnen sich aus unserer Sicht erhebliche Chancen. Zwei Beispiele hierfür sind Argentinien und Brasilien, wo die Regierungen trotz des anhaltenden politischen Drucks und der jüngsten Abverkäufe in den Schwellenländern eine verantwortungsbewusste und orthodoxe Politik verfolgen. Wir sind davon überzeugt, dass ein Engagement in ausgewählten Schwellenländern für die Diversifizierung eines Portfolios sehr wichtig ist, da seine Wertentwicklung stärker vom Alpha eines einzelnen Landes und weniger vom Beta des breiten Marktes abhängt“, so Hasenstab.

4 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Market Impact
    Market Impact

    Wer hat wo versagt? Wenn Sie damit meinen das eine Populisten Partei (AFD) jetzt im Bundestag sitzt , die von nichts eine Ahnung bzw. Fachwissen hat gebe ich Ihnen Recht. Da haben die etablierten total versagt. Aber die AFD wird auch nur ein Vogelschiss in der Deutschen Geschichte bleiben!

    12:00 Uhr, 01.03. 2019
    2 Antworten anzeigen
  • Jigsaw
    Jigsaw

    Ich habe noch nie einen solchen Blödsinn gehört.

    Die sogenannten Populisten sind doch erst deswegen hochkommen weil das Establishment versagt hat.Wer hat denn die Schuldentürme aufgebaut und wer spaltet denn die Völker?

    Bestimmt nicht die, die jetzt dafür am Pranger stehen.

    Aber den linksozialistischen Genderpropagandisten fehlt sowieso nur eine.. das Hirn.

    10:43 Uhr, 01.03. 2019

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

Mehr Experten