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12:08 Uhr, 15.05.2018

Das Potenzial künstlicher Intelligenz

Zukünftig dürften DJE-Kapital-Analyst Maximilian Thaler zufolge negative Nebeneffekte, vor allem bezüglich der Arbeitsplatzverdrängung, eine wichtige Rolle in der Debatte über den Einsatz von künstlicher Intelligenz spielen.

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Pullach im Isartal (GodmodeTrader.de) – Schon seit einigen Jahren ist die Künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr vorrangiger Gegenstand akademischer Untersuchungen, sondern findet immer stärker den Einzug in den kommerziellen Markt. Wobei oft unklar ist, worum es sich bei KI und ihren Anwendungen handelt und wie diese unser zukünftiges Leben beeinflusst, wie Maximilian Thaler, Erstanalyst für den Sektor Technologie bei der DJE Kapital AG, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

KI sind Systeme, die so programmiert seien, dass sie eigenständig lernen bzw. mit menschenähnlichen Entscheidungsstrukturen „intelligente Lösungen“ fänden. Ein Beispiel hierfür sei AlphaZero, ein autodidaktisches Programm, das von dem Google-Tochterunternehmen DeepMind entwickelt worden sei. DeepMind habe das Programm bei der Entwicklung weder mit Datenbanken noch anderweitigen Informationen bespielt, sondern nur die Regeln erklärt – in diesem Fall die der Strategiespiele Schach, Go und Shogi. Der Computer habe dann die drei Strategiespiele unzählige Male und mit sehr hoher Prozessgeschwindigkeit gegen sich selbst gespielt und sein neuronales Netz ohne weiteres menschliches Zutun verbessert. Man nennt dies „Reinforcing Learning.“ In diesem Fall habe die KI-Technologie dazu geführt, dass AlphaZero alle bisher führenden Programme zum Teil deutlich geschlagen habe, heißt es weiter.

„Dieser Durchbruch im Bereich autodidaktischer Lernfähigkeit von Maschinen ist faszinierend und bedenklich zugleich. Google sowie eine Vielzahl an anderen Unternehmen testen die neuen Erkenntnisse in vielen weiteren Anwendungen, die im Wesentlichen mit der Analyse und Auswertung von Daten zusammenhängen, während sich die Präzision der Programme aufgrund der eigenständigen Weiterentwicklung zunehmend verbessert“, so Thaler.

Eine Kerntechnologie, die gerade vielfach diskutiert werde, sei das autonome Fahren. Hierbei würden mittels Sensoren und anderer Messsysteme eine enorme Flut an Daten in die Fahrzeuge gespeist. Diese würden durch KI-Programme ausgewertet, um dabei die Software an die unendliche Variabilität in ihrer Umgebung und die Witterungsbedingungen einzustellen und sie zunehmend zu verbessern. Auch wenn bereits erste Pilotprojekte wie die der Google-Tochter Waymo in den USA liefen, komme es immer noch zu größeren Unfällen bedingt durch das Systemversagen der Programme. Jedoch dürften bei der aktuell steilen Lernkurve diese Startprobleme zeitnah überwunden werden. „Vor allem durch die Digitalisierung vieler Lebensbereiche nimmt die Flut an Daten, die generiert wird, mit immer höherem Tempo zu. Laut Schätzungen wird diese bis 2020 mehr als 44 Billionen Gigabyte erreichen gegenüber rund einem Zehntel hiervon im Jahr 2013. Um diese Daten auszuwerten und zu nutzen, sind immer komplexere Programme notwendig“, so Thaler.

Ein Bereich mit hohem Anwendungspotential sei die Medizin. Insbesondere IBMs Watson, ein fast menschlich kommunizierender, kognitiver Computer, habe hier eindrucksvolle Durchbrüche vorweisen können. Nachdem dieser rund 3.500 Onkologiefachbücher und über 270.000 wissenschaftliche Artikel analysiert und diese mit realen klinischen Studien aufgearbeitet hatte, habe er bei Krebspatienten mit sehr hoher Präzision die richtige Diagnose stellen und gleichzeitig den effektivsten Behandlungsplan unter Berücksichtigung der neuesten Forschungsstudien vorschlagen können. Somit könnten Ärzte zukünftig von einer KI-basierten Zweitmeinung unterstützt werden, die zudem eine deutlich schnellere Arbeitsweise als der Mensch vorsehe, heißt es weiter.

„Weitere Anwendungen liegen vor allem in der Prognostizierung von Ereignissen. Das könnte unter anderem in der globalen Logistik helfen weitere Effizienzen zu gewinnen und Wertschöpfungsketten zu optimieren. Auch in Industrieprozessen kann mittels vorausschauender Instandhaltung von Maschienen und Anlagen (‚Predictive Maintenance‘) vorhergesagt werden, an welchen Stellen eine Wartung der Systeme vorzunehmen ist, um Produktionsausfälle zu vermeiden. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Sprachassistenz, wie sie zum Beispiel im Amazon Produkt Alexa eingesetzt wird, um eine sprachgesteuerte Interaktion zwischen Mensch und Maschine zu ermöglichen“, so Thaler.

Zunehmend warnten Experten mittlerweile vor der Kehrseite dieser Entwicklung: Einige glaubten, dass dieser technologische Fortschritt repetitive Prozesse redundant mache und damit viele Arbeitsplätze kosten werde. Andere, wie zum Beispiel Stephen Hawking, dessen Sprachcomputer selbst auf einer einfachen Form von KI aufgebaut sei, gingen soweit, dass für sie die Vollendung dieser Weiterentwicklung das Ende der Menschheit bedeuten werde, weil die Maschinen dann weit überlegen seien und nicht mehr kontrolliert werden könnten, heißt es weiter.

„Auch wenn der Stand der Technologie heute weit davon entfernt ist, wird eine überlegte Einführung basierend auf gleichsamen ethischen Grundsätzen eine wichtige Rolle spielen. Viele Länder verfolgen jedoch ihre eigene KI-Agenda, um sich in eine Vorreiterstellung zu bringen und die potentiellen Effizienzsteigerungen als Erste für sich zu nutzen. Zum Beispiel stellte China jüngst einen aggressiven Fünf-Jahres-Plan vor, mit dem es seine Investitionen in die KI-Industrie bis 2020 auf über 50 Milliarden Euro steigern will. Außerdem verkündete Russlands Präsident Putin letztes Jahr, dass die Nation, die das KI-Thema anführt, zur Weltmacht aufsteigen wird. Er verwies aber gleichzeitig auf die Gefahren für die nationale Sicherheit, die mit dieser Technologie verbunden sind“, so Thaler.

Indes habe Frankreichs Präsident Macron im März konkrete Schritte angekündigt, um die landeseigene Softwareindustrie rund um das Thema KI noch deutlich stärker zu fördern. Auch die Vorstandsvorsitzenden führender Technologiefirmen, allen voran Facebook-CEO Mark Zuckerberg und Tesla-Chef Elon Musk, hätten sich öffentlich in die Debatte eingeschaltet. Während ersterer vor allem auf die Möglichkeiten für sichere Autos und bessere Diagnosen für Kranke verweise, sehe Musk in der KI eine der größten Bedrohungen für die Zivilisation und fordert eine proaktive Regulierung der Weiterentwicklung. Insofern dürfte das Thema eine anhaltende Debatte und ein schmaler Grat bleiben zwischen potentiell steigender Arbeitslosigkeit und genereller Verbesserung des Lebensumfelds, heißt es weiter.

„Langfristig strukturelles Wachstumspotenzial Insgesamt bietet das KI-Thema auf Jahre strukturelles Wachstumspotential, wobei sich hier für den Privatanleger momentan kaum Anlagemöglichkeiten bieten, da die meisten KI-Abteilungen in Großkonzerne wie Alphabet (Google), IBM und Intel integriert und hier bisher nur einen sehr geringen Anteil der Umsätze erwirtschaften. Ansonsten wird vor allem ein amerikanisches börsengelistetes Unternehmen mit KI in Verbindung gebracht: NVIDIA. Das 1993 gegründete Entwicklerhaus ist Spezialist für Grafikprozessoren die in der Welt des Deep Learnings und der KI aufgrund ihrer höheren Rechenleistung deutlich mehr Anwendungen finden, als die bisher genutzten Computerprozessoren. Die restlichen KI-Abteilungen liegen bei wissenschaftlichen Forschungsteams sowie nicht gelisteten Neugründungen, die für den Aktieninvestor (noch) keine Investitionsmöglichkeiten bieten“, so Thaler.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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