Kommentar
07:10 Uhr, 27.03.2018

Das ist der Angstchart des Jahres!

Trump? China? Zölle? – Alles unwichtig, wenn man einen Blick auf einen ganz bestimmten Chart wirft.

Die Fed hat letzte Woche gesprochen, wenn auch nicht gerade eloquent. Die Pressekonferenz des neuen Fed Chefs Powell war zeitweise eine Aneinanderreihung von einzelnen Worten, die weder einzeln, noch zusammen viel Sinn ergaben. Immerhin ergaben die Zahlen Sinn.

Einmal im Quartal veröffentlicht die Notenbank ihre Einschätzung zur wirtschaftlichen Entwicklung. Dazu gehören Prognosen zu Wirtschaftswachstum, Inflation, Arbeitslosigkeit und dem Zinsniveau. Letztere werden seit 2012 transparent gemacht.

Die Entwicklung der Prognosen zeigt die Grafik. Sie ist dabei so zu lesen: die Linien, die in der Legende mit einer Jahreszahl ausgewiesen werden, zeigen die Prognose des Zinsniveaus für dieses Jahr über die Zeit hinweg. Die erste Prognose für das Zinsniveau Ende 2015 wurde im September 2012 veröffentlicht. Damals sagten die Notenbanker für Ende 2015 im Durchschnitt einen Zinssatz von 1,73 % voraus.

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Diese Prognose veränderte sich jedes Quartal mit der Neueinschätzung der Notenbanker. Über die Zeit sank das vorhergesagte Zinsniveau bis es Ende 2015 den Wert von 0,34 % erreichte. Das war 1,4 Prozentpunkte unterhalb der ursprünglichen Prognose. Genauso ging es mit der Prognose für Ende 2016 und Ende 2017.

Eigentlich waren alle Prognosen am Anfang viel zu hoch. Sie wurden mit der Zeit relativiert und gesenkt. Nun sind wir aber an einem Punkt angelangt, an dem die Prognosen nicht mehr sinken, sondern durch die Bank steigen.

Das Jahresende 2018 ist nur noch drei Quartale entfernt und der Wert der Zinsprognose ist gestiegen. Obwohl die Fed im Mittel nach wie vor drei Zinsschritte impliziert, bemessen Anleger auch nach dem Zinsentscheid vergangene Woche die Wahrscheinlichkeit für vier Zinsanhebungen mit über einem Drittel.

Der Anstieg des Durchschnittswerts hat dazu beigetragen. Es gibt aber noch eine andere Besonderheit in den Prognosen, die Anlegern Angst machen sollte. Im kommenden Jahr soll der Leitzins auf das langfristige Mittel steigen. Im Jahr 2020 sagen die Notenbanker inzwischen einen Zinssatz voraus, der deutlich über dem langfristigen Mittel liegt.

Es ist das erste Mal, dass die Prognose für drei aufeinanderfolgende Jahre so deutlich nach oben geht. Es ist auch das erste Mal, dass das Erreichen des langfristig normalen Niveaus so greifbar ist und dass sich Notenbanker auch einen Zins vorstellen können, der deutlich darüber liegt.

Die Fed ist trotz aller Beteuerung einer langsamen Straffung so bullisch wie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr. Bisher hat immer alles auf eine Verlangsamung der Zinswende gegenüber den Prognosen hingedeutet. Jetzt besteht die Gefahr, dass es sogar schneller geht.

Ein Sprichwort sagt, dass ein Aufschwung nicht an hohem Alter stirbt, sondern ermordet wird. Der Mord am Aufschwung wird meist von der Notenbank begangen, indem sie die Zinsen zu schnell und zu weit anhebt. Die Geschichte dürfte sich wiederholen, wenn man die neusten Vorhersagen sieht. Wenn Anlegern etwas Angst machen sollte, dann das.

Ein Handelskrieg wäre ebenso schlimm, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafür gering. Dass die Fed die Zinsen zu weit anhebt, hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit. Anleger sollten auf das Acht geben, was wahrscheinlicher ist und ihre Handelsstrategie nicht nach sehr unwahrscheinlichen Möglichkeiten ausrichten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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