Kommentar
12:38 Uhr, 26.09.2006

Das ifo Geschäftsklima vollzieht die Trendwende

1. Das deutsche ifo Geschäftklima der gewerblichen Wirtschaft hat sich im September zum dritten Mal in Folge eingetrübt. Es sank allerdings nur geringfügig von 105,0 auf 104,9 Punkte. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten im Mittel (Median) mit einem Rückgang auf 104,4 Punkte gerechnet. Geprägt war die Entwicklung von einem sprunghaften Anstieg der Lagebeurteilung von 108,7 auf 111,3 Punkte und einem sogar noch deutlicheren Rückgang der Geschäftserwartungen von 101,4 auf 98,9 Punkte. Der Zeiger unserer modifizierten ifo-Uhr bewegt sich weiter in Richtung Abschwung.

2. Der Zeitraum für den die Geschäftserwartungen abgefragt werden, hat nun den letzten Monat der von uns prognostizierten Konjunkturdelle im ersten Quartal erreicht. In diesem Quartal läuft der Konjunkturmotor auf keinem seiner zwei Zylinder, weder auf dem außenwirtschaftlichen noch auf dem binnenwirtschaftlichen. Das globale Wachstum schwächt sich im Jahresverlauf ab und wird wohl im ersten Quartal seinen zyklischen Tiefpunkt erreichen. Die Exportbranchen müssen daher mit schlechteren Geschäften rechnen. Dass sich dies in den ifo Exporterwartungen noch nicht niederschlägt, ist wohl auch auf den kürzeren Befragungszeithorizont von nur drei Monaten (!) zurückzuführen.

3. Die Binnenwirtschaft ächzt im Jahr 2007 unter der Fiskalpolitik. Zum einen führt die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um drei Prozentpunkte zu spürbaren Vorzieheffekten. Die Haushalte erwarten, dass sie in diesem Jahr noch zu deutlich geringeren Preisen Käufe tätigen können. Dabei sind die größten Einspareffekte bei größeren Anschaffungen, wie Automobilen oder Elektrogeräten, und im Bereich der Renovierung und Instandsetzung von Immobilien zu erzielen. Entsprechend haben auch in den Konsumentenbefragungen die Preiserwartungen und die Anschaffungsneigung für langlebige Konsumgüter einen rasanten Steigflug hingelegt. Im kommenden Jahr fehlt aber die in dieses Jahr vorgezogene Nachfrage. Zum anderen führt das gesamte Fiskalpaket aus Steuererhöhungen (z.B. Kürzung Pendlerpauschale, Halbierung Sparerfreibetrag, „Reichensteuer“, Versicherungsteuer, Mehrwertsteuer) und steigenden Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung völlig unabhängig von Vorzieh- und Ausfalleffekten zu einer Verringerung der verfügbaren Einkommen und damit zu einer nur eingeschränkten „Konsumfähigkeit“ der Haushalte.

4. Die Lagebeurteilung ist inzwischen gemessen an der Entwicklung von Produktion oder Bruttoinlandsprodukt „jenseits von Gut und Böse“. In nur vier Monaten seit Januar 1991 gab es höhere Werte, alle während der Wiedervereinigungseuphorie. Gleichwohl, auch wenn das Niveau der Lagebeurteilung übertrieben erscheint, ist ein hoher Wert angesichts der guten wirtschaftlichen Entwicklung im zweiten Halbjahr angemessen.

5. Mit dem dritten Rückgang in Folge ist das ifo Geschäftsklima nun gemäß der „Dreimonatsregel“ auf einen Abwärtstrend eingeschwenkt. Der Hochpunkt liegt damit im Juni 2006! Alle Frühindikatoren sprechen inzwischen die gleiche Sprache. Wir befinden uns derzeit in einer guten wirtschaftlichen Phase, doch die Zukunft gestaltet sich auf Sicht von sechs Monaten schwach. Wir bewerten diese Konjunkturschwäche mit einer Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal 2007 als eine Konjunkturdelle, aus der sich die deutsche Volkswirtschaft im weiteren Verlauf des kommenden Jahres wieder befreien kann.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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