Kommentar
07:30 Uhr, 14.05.2018

Das Ende des Konjunkturzyklus

Der Konjunkturzyklus neigt sich dem Ende entgegen. Ein Ende des Aufschwungs ist aber kein Grund zur Panik. Nicht jeder Abschwung ist gleich so schlimm wie 2008/09.

Es hat außergewöhnlich lange gedauert, doch nun ist die Welt wieder in Ordnung. In vielen Ländern ist die Arbeitslosigkeit deutlich zurückgegangen. Im Durchschnitt liegt die Quote in der Eurozone wieder dort, wo sie zu den besten Zeiten vor dem Abschwung 2002 war.

Die Quoten sind unter den einzelnen Ländern ungleich verteilt. In Deutschland sehen wir die niedrigste Quote seit über 30 Jahren. So ähnlich sieht es auch in Großbritannien aus. Auch die Niederlande sind kurz davor einen neuen Rekord aufzustellen.

Auf der anderen Seite befinden sich Länder wie Spanien, Italien und Frankreich. Hier liegt noch ein weiter Weg vor den Ländern, allerdings läuft die Zeit davon. Global, im Durchschnitt, hat sich die Welt von dem Desaster 2008/09 vollkommen erholt. Die globale Industrieproduktion ist in den letzten Jahren nicht nur deutlich gestiegen, sie liegt auch signifikant über dem Trend (Grafik 1).

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Viele Länder stehen unter so großem Volldampf, dass das potenzielle Bruttoinlandsprodukt überschritten wurde. Japans BIP liegt fast 2 % über Potenzial. In Deutschland sind es knapp 2,5 %. Selbst die Eurozone weist nur noch ein Minus von 0,5 % aus.

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Das potenzielle BIP ist natürlich ein theoretisches Konstrukt. Es zeigt jedoch an, ob die Wirtschaft über oder unter Potenzial operiert. Operiert sie darüber, droht eine Überhitzung. In der Vergangenheit haben positive Abweichungen vom Trend zu Rezessionen geführt.

Das war 2007 besonders eindrücklich, aber auch vor der Rezession Anfang des Jahrhundert lief die Wirtschaft zuerst heiß, bevor es nach unten ging. Das ist ein relativ normaler Prozess. Konjunkturzyklen funktionieren einfach auf diese Art und Weise.

Jetzt ist es wieder soweit. Global ist das Potenzial überschritten. Die Überhitzung ist nicht so ausgeprägt wie 2007. Einen Crash muss man daher nicht befürchten, zumal auch das Finanzsystem heute in den meisten Ländern in einer soliden Verfassung ist.

Wenn sich die Wirtschaftsdaten eintrüben, wie es derzeit in Europa der Fall ist, dann ist das kein Grund zur Panik. Die Kapazitäten in vielen Ländern sind erschöpft. Wenn nichts mehr geht, dann kühlt sich das Wachstum eben ab oder schrumpft sogar ein wenig.

Als Anleger sollte man sich auf dieses Szenario vorbereiten. Es ist praktisch unausweichlich. Wir müssen deswegen nicht morgen gleich eine Rezession sehen und selbst wenn, so ist das keine Katastrophe. Bereits im vergangenen Jahr wies ich darauf hin, dass ich einen „weichen“ Abschwung sehe, also keinen schockartigen Stillstand wie 2008.

Für Aktien bedeutet das vor allem, dass es nicht zu einer Halbierung der Kurse kommt. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, dass es für längere Zeit seitwärts/abwärts geht. Das ist nervenaufreibend. So tat sich beim Dax etwa zwischen 1989 und 1993 unterm Strich nichts. Meine Vermutung ist, dass wir in diesem Abschwung ein ähnliches Szenario sehen werden. Eine Garantie gibt es dafür freilich nicht.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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