Fundamentale Nachricht
11:58 Uhr, 12.09.2014

Das Dilemma der EZB beim ABS-Programm

Die EZB steht bei ihrem ABS-Programm vor einem Dilemma. Sie kann die Kreditvergabe vermutlich nur im gewünschten Umfang ankurbeln, wenn sie dafür unkalkulierbar hohe Risiken in ihre Bilanz nimmt.

Die EZB hat in der vergangenen Woche ein Programm zum Ankauf von Kreditverbriefungen (ABS) angekündigt. Die Notenbank fordert nun, dass die Euro-Länder Garantien für die gekauften Wertpapiere übernehmen. Muss also letztendlich doch wieder der Steuerzahler haften?

EZB-Präsident Mario Draghi hat zwar erst gestern vollmundig betont, dass die EZB nur Papiere mit hoher Qualität aufkaufen werde. Wie sie das bewerkstelligen will, ist bislang allerdings offen. Ich gehe davon aus, dass dies schlicht gelogen ist. Die genaue Ausgestaltung des Programms ist derzeit aber noch in Arbeit.

Schon vor der Finanzkrise 2007 hat niemand bemerkt, dass sich hinter den von den Ratingagenturen mit der Bestnote ausgezeichneten Wertpapieren überwiegend Schrottpapiere befinden. Zudem dürften die Banken wohl kaum ein Interesse daran haben, sich von Forderungen gegenüber Schuldnern erstklassiger Bonität zu trennen. Zuerst werden die Institute versuchen, ihr Risiko zu minimieren und ausfallgefährdete Kredite loszustoßen.

"Bei der Verbriefung von Krediten und dem anschließenden Verkauf ist es entscheidend, dass die kreditgebende Bank weiterhin an den möglichen Verlusten aus diesen Krediten beteiligt bleibt", kommentiert Jan Pieter Krahnen, Finanzprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt und Direktor der Forschungszentren SAFE und Center for Financial Studies. Ist das nicht so, habe die kreditgebende Bank keinerlei Anreize, die Risiken des Kreditnehmers genau zu prüfen, ihn während der Kreditlaufzeit zu überwachen und das Geld nachdrücklich einzutreiben.

Die EZB steht deshalb vor einem Dilemma. Wenn die Notenbank nur Kreditverbriefungen bester Qualität ankauft und die Banken zudem an möglichen Verlusten beteiligt, kann sie die Finanzinstitute nicht im gewünschten Maße von Risiken entlasten. Damit stünde den Banken aber auch das für diese Risiken unterlegte Eigenkapital nicht frei für neue Kredite. Impulse auf die Kreditvergabe würden ausbleiben. Mit einem zu laxen Programm würde die EZB mit den ABS dagegen unkalkulierbar hohe Risiken in ihre Bilanz aufnehmen und womöglich auf hohen Verlusten sitzen bleiben.

2 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    ​Was ist denn das Zies der ABS Käufe? Die Kreditvergabe der Banken anzukurbeln? Die niedrigen Zinsen geben den Banken nicht mehr genügend Marge, Kreditausfälle verkraften zu können.

    Wie müsste das Programm gestaltet sein, um die Ziele erfüllen zu können? Die EZB gibt Kriterien vor, für die Kredite, die sie aufkaufen wird. Die Banken vergeben die Kredite und die EZB übernimmt das Ausfallrisiko.

    Wird dies helfen? Aus meiner Sicht nein. Denn wir haben nicht ein Kreditvergabe sondern ein -nachfrageproblem. Die Auslastungsquote der Industrie hat noch Luft.

    Daraus ergibt sich für mich, daß mit der Methode nicht die Wirtschaft angekurbelt werden wird.

    Alternativ könnten das ABS Programm verwendet werden, um die Kreditausfallrisiken (einzelne Banken haben ca 12-20% ausfallgefährdete Kredite) der Banken auf die Steuerzahler zu verlagern. Dann würden nicht unerhebliche Risiken von den Banken und deren Eigentümer auf die EZB und letzlich den Staaten verlagert. In dem Fall hat mir das US Programm besser gefallen, in dem die Risiken unter Staatsbeteiligung an hedge fonds weitergereicht wurde und die Banken neu kapitalisiert wurden. Die Märkte spielen eher diese Variante .... gleichzeitig die Schlechteste für mich als Steuerzahler

    20:54 Uhr, 12.09.2014
  • baerentatze66
    baerentatze66

    Danke für diesen sehr informativen Beitrag. Laut fast Noch-Insider Dr. Joachim Jahnke könnte es so laufen (JJ-Eurobrief​ vom 11.9.): "

    Die EZB wird ihr Risiko begrenzen wollen, indem auch die neuen Verbriefungen drei Tranchen mit unterschiedlichem Risiko haben werden. Wenn einige der Kredite faul werden, dann treten natürlich Verluste auf. Die ersten Verluste gehen zu Lasten der Eigentümer der untersten Tranche. Die oberste Tranche gilt als die sicherste und nur die wird die EZB kaufen wollen. Es müssen schon enorme Verluste anfallen, eh die oberste Tranche Verluste erleidet. Genau das aber passierte in der Finanzkrise 2007 und 2008. Für die riskanteren Tranchen wird es für die Banken schwer werden, diese an private Interessenten loszuwerden..."

    19:22 Uhr, 12.09.2014

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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