Kommentar
09:20 Uhr, 10.04.2024

Darum heizt ein starker Arbeitsmarkt die Inflation nicht an

Zu gute Wirtschaftsdaten verunsichern Anleger. Beim US-Arbeitsmarktbericht war das nicht der Fall. Wieso?

Der Aktienmarkt konnte trotz eines sehr guten Arbeitsmarktberichts deutlich steigen. Das war eine unerwartete Reaktion. In den vergangenen Monaten führten zu gute Wirtschaftsdaten tendenziell zu Verunsicherung und Abverkäufen. Ist die Wirtschaft zu stark, geht die Inflationsrate weniger schnell zurück. Die Zinsen bleiben für längere Zeit auf hohem Niveau, was letztendlich dazu führen kann, was immer geschieht: Die Zinsen bleiben so lange auf hohem Niveau, bis eine Rezession beginnt.

Dass Anleger auf die jüngsten Daten anders reagierten, ist daher zunächst unerwartet. Es gibt dafür allerdings einen guten Grund. Mit jedem Monat wird deutlicher, dass ein starker Arbeitsmarkt nicht auf die Inflation wirkt. Das widerspricht zunächst der Intuition, denn je mehr Menschen eine Beschäftigung finden, desto mehr Einkommen steht für den Konsum zur Verfügung. Höhere Nachfrage bedingt meist höhere Preise.

Aktuell scheint dies nicht der Fall zu sein. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer findet sich in den Beschäftigungszahlen selbst. Die Gesamtbeschäftigung in den USA steigt an (Grafik 1). Der Anstieg ist allerdings einerseits bei Vollzeitstellen rückläufig, andererseits findet der Aufbau der Beschäftigung im Teilzeitsegment statt.

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Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten geht zurück, die Zahl der Teilzeitbeschäftigten steigt (Grafik 2). Insgesamt steigt die Beschäftigung nur noch geringfügig. Werden mehr Teilzeitstellen geschaffen und gehen Vollzeitstellen verloren, steigt das Gesamteinkommen der Bevölkerung langsamer oder fällt sogar. Mehr Beschäftigung muss daher nicht notwendigerweise zu mehr Einkommen und mehr Konsum führen.
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Die Veränderung der Art des Beschäftigungsaufbaus hin zu Teilzeitstellen erklärt auch das Mysterium, weshalb ein boomender Arbeitsmarkt nicht zu deutlich höheren Lohnkosten führt. Lohnkosten folgen der Kündigungsrate und den Plänen von Unternehmen, die Löhne zu erhöhen (Grafik 3). Beides deutet derzeit auf langsameres Lohnwachstum hin.

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Geringeres Lohnwachstum bei boomendem Arbeitsmarkt macht auf den ersten Blick keinen Sinn. Die Daten sprechen allerdings eine klare Sprache. Kündigungsraten sind dann hoch, wenn Arbeitnehmer bei anderen Unternehmen ein höheres Gehalt erhalten können. Das ist immer weniger der Fall. Unternehmen bieten nicht mehr höhere Löhne, um Arbeitnehmer zu locken. Das ist dann der Fall, wenn der Faktor Arbeit nicht mehr knapp ist.


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Der Arbeitsmarkt läuft zwar nach wie vor gut, aber nicht so gut, dass höhere Löhne geboten werden müssen. Die Art des Beschäftigungsaufbaus verändert sich. Derzeit führt Beschäftigungswachstum daher nicht zu einer Lohn-Preis-Spirale, die unter anderen Bedingungen zu befürchten wäre. Ein starker Arbeitsmarkt spricht aktuell nicht für höhere Inflation.

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