"Darf´s noch etwas mehr sein?"
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Ob in guten oder schlechten Börsenzeiten – die Diskussion über ausufernde Bonuszahlungen, Sonderzahlungen, Extraprämien, Halteprämien oder was auch immer für Formen der Entlohnung neben dem Grundgehalt noch vorkommen, scheint nicht aus den Schlagzeilen zu verschwinden. Insbesondere gegenüber einigen (Investment-) Bankern und Top-Managern ist der Unmut der breiten Bevölkerung mittlerweile groß. Im Zuge der Wirtschaftskrise, in der viele Bürger um ihren Job bangen, kocht die Volksseele schnell hoch und es ist nicht angemessen, dieses Unbehagen weiter Bevölkerungsteile mit Schlagwörtern wie „Neidgesellschaft“ abzutun.
Zwar ist Neid sicher eine Triebfeder, sich über Millionenbeträge aufzuregen, doch kommen hier sicher noch weitere Komponenten hinzu, die nicht außer Acht gelassen werden sollen: Zum Einen die Zerstörung des Gerechtigkeitsempfindens breiter Bevölkerungsteile, welches wiederum in Verdrossenheit über Demokratie und Marktwirtschaft, also wesentliche Fundamente unseres Wohlstands, übergehen kann. Zum Anderen geht die nachvollziehbare Angst um, dass mit hohen variablen Zahlungen falsche Anreizsysteme gesetzt werden, die wiederum zu kurzfristig orientierten Entscheidungen führen, die mittel- und langfristig Schaden anrichten. Übrigens keineswegs eine Problematik, die sich auf die Finanzwirtschaft beschränkt, sondern auch durchaus in der „Realwirtschaft“ anzutreffen ist, wie das Beispiel Porsche sehr gut illustriert.
Last but not least ist es grundsätzlich ja jedem Firmeneigentümer überlassen, wie er seine führenden Angestellten entlohnt, doch hat es in der Tat Geschmäckle, wenn Firmen erst durch Steuergelder vor dem Untergang bewahrt werden und anschließend das Geld, wie es den Anschein hat, generös an Teile der eigenen Belegschaft verteilt wird.
Also, gibt es berechtigte Gründe, wilde Auswüchse zu kappen. Nicht zuletzt Aktionäre als die Geldgeber der Unternehmungen haben den berechtigten Anspruch, dass ihr treuhänderisch verwaltetes Vermögen gewissenhaft eingesetzt wird. Aber – so lautet die Gretchenfrage – was ist eigentlich angemessen? Was ist berechtigt und was ist zuviel? Was ist ein normales Gehalt und was sind Sonderzahlungen? Darf es in staatlich gestützten Unternehmen überhaupt Bonuszahlungen geben? Zählen letztendlich nicht auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld in diese Kategorie? Was sind langfristige Unternehmenserfolge, deren Erreichen positiv sanktioniert werden soll und was sind kurzfristige Effekte, die nicht belohnt werden sollen?
Diese Aufzählung offener Fragen zu diesem Komplex ist keineswegs vollständig. Dafür ist die Anzahl der klaren Antworten gering. Das ändert aber nichts daran, dass es im Sinne aller Beteiligten wäre, klare Grenzen zu ziehen, um die Diskussion zu versachlichen und nicht ausufern zu lassen. Denn dann besteht die Gefahr, dass mehr über Boni als über das operative Geschäft diskutiert wird, was weder im Interesse der Aktionäre noch der anderen Beteiligen („Stakeholder“) ist.
Die Begrenzung der Vorstandsgehälter auf 500.000 Euro bei den Banken, die staatlich unterstützt werden, war und ist eine sinnvolle Änderung, auch weil sie dazu geeignet ist, die Wogen leicht zu glätten. Umso ärgerlicher sind jüngst angehäufte Berichte von Fällen, in denen dieses Limit umgangen wurde. Bei allen börsennotierten Unternehmen sollten Aktionäre die Themen der Entlohnung für Spitzen- und Fachkräfte auf den Hauptversammlungen deutlich ansprechen, denn am Ende des Tages laufen Aktionäre Gefahr, dass sonst der Staat noch massiver eingreift, was nicht im Sinne des Anlegers sein muss.
© 13. Augusti 2009/Roger Peeters
*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der "Platow Börse" und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm 'Finde die richtige Aktie - ein Profi zeigt seine Methoden' im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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