Kommentar
09:23 Uhr, 23.03.2020

Corona, der Auslöser aber nicht das Übel für den Finanzcrash

Das Coronavirus hält die Welt weiterhin in Atem. Die meisten Aktienmärkte haben inzwischen rund 40 % korrigiert. Schuld daran ist der Virus!?

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost, Experte auf Guidants (jetzt folgen!)

Dies ist leider nur eine Halbwahrheit! Wir erleben die schnellste Korrektur aller Zeiten und verantwortlich dafür sind primär die Finanzdienstleister selbst.

Man verlässt sich auf Algorithmen, welche unvollkommen sind und stumpfsinnig, sie sind jedoch nicht in der Lage auf bisher nicht programmierte unvorhergesehene Tatbestände entsprechend zu reagieren. Darüber hinaus sind die meisten Modelle von Finanzmathematikern erstellt, welchen ein ähnlicher Input zur Verfügung steht.

Damit wiederholt sich das Missmanagement aus dem Jahr 1987, als alle Banker der Überzeugung waren über ihre Risikomodelle die Kapitalmärkte steuern zu können bzw. Verluste begrenzen zu können. Auch damals waren alle Systeme ähnlich gestrickt, was letztendlich zum Crash 1987 wesentlich beitrug. Auch in der jetzigen Situation arbeiten die Algorithmenmodelle kontraproduktiv.

Verstärkt wird die Problematik noch durch ETFs. Man verkaufte diese Produkte unter zwei Aspekten: erstens sind ETFs kostengünstiger als Investmentfonds und zweitens „erfolgreicher“. In vielen Statistiken belegte man nämlich, dass die Fondsmanager nur selten den Index schlagen, die ETFs den Index aber abbilden und damit den gleichen Erfolg erreichen. Dies hat leider nicht nur dazu geführt, dass es an den Kapitalmärkten zu einigen Verwerfungen kam und die Ungleichheit gefördert wurde, Unternehmen in Indizes gewannen zum Beispiel erhebliche Vorteile gegenüber Unternehmen, welche nicht in einem Index notiert waren, zum Beispiel bei der Refinanzierung, es führte auch zu einem Fehlverhalten der Anleger, welche unbewusst die Risiken mit ihrer eigenen Anlagepolitik für die Kapitalmärkte deutlich erhöht haben.

Stellt man sich nämlich die Frage, warum Fondsmanager in der Regel gegenüber der Indexentwicklung eine Underperformance ausgewiesen haben, so ist der simpelste Grund einfach der, dass sie auch Liquidität gehalten haben und damit das Anlagerisiko reduziert haben. Ein ETF ist immer zu 100 % investiert. Darüber hinaus haben sie ihre Anlagen breit gestreut und nicht einseitig auf nur wenige Werte ausgerichtet.

Letzteres hat aufgrund der neuen ETF Ausrichtung in den letzten Jahren sogar dazu geführt, dass sich hier ein selbstverstärkender Prozess eingestellt hat. Genau dieser selbstverstärkende Trend, welche in den letzten Jahren für die Anleger positive Effekte aufwies, trägt nun zur Beschleunigung des Einbruchs an den Aktienmärkten bei. Je tiefer die Märkte fallen werden, desto größer dürfte dann wieder die Outperformance der Investmentfonds werden. Danach werden die Anleger von ETFs wahrscheinlich ihre Gier nach einer höheren Performance bzw. ihr Wunsch nach geringeren Kosten mit einem entsprechenden Verlust bezahlen müssen. Die Anlage in ETFs hat nämlich für die Banken die ganz simple Konsequenz, dass man Personal zum Beispiel für die Analyse einsparen kann, denn das Management eines ETFs wird simpel über ein Computerprogramm gesteuert.

Ein weiterer Trendverstärker für den extrem schnellen Einbruch an den Aktienmärkten, aber auch für die grundsätzliche zunehmende Volatilität stellen die Leerverkäufe dar, welche einst mit der Begründung einer verbesserten Liquidität eingeführt wurden, inzwischen aber ausschließlich der Manipulation bzw. Zockerei dienen. Die meisten europäischen Ländern haben sie nun kurzfristig wieder verboten, die deutsche Regierung ähnlich wie die US-Regierung konnten sich hierzu allerdings noch nicht durchringen.

Man würde unter anderem vielen Hedgefonds das Geschäftsmodell kaputtmachen. Die Finanzlobby hat scheinbar ein unverhohlenes Interesse daran, dass Leerverkäufe nicht verboten werden. Da die Gier den Menschen die Leerverkäufer aber kaum einbremsen lässt, muss damit gerechnet werden, dass sie auch weiterhin vom Leid anderer, vom Virus betroffener Menschen profitieren wollen. Sie haben den Abwärtstrend an den Kapitalmärkten bereits massiv verstärkt und wenn ihnen nicht Einhalt geboten wird, werden sie auch weiterhin versuchen, den Markt nach unten zu drücken.

1 Kommentar

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  • Schimanski
    Schimanski

    Zur einseitig! Ich lese nur viele Vorurteile, wenn es um die Richtung fallende Aktienkurse geht. Die Kritik an der Spekulationsblase in ALLEN Asset Klassen durch die Zentralbanken verursacht und getrieben wurde, fehlt hier aber vollkommen!

    10:39 Uhr, 23.03.2020