Kommentar
12:36 Uhr, 30.06.2016

Copy Trading: Top-Renditen ohne großen Lern- und Lehrgeldaufwand?

Mit einem Klick zum Super-Trader? Top-Renditen ohne großen Lern- und Lehrgeldaufwand mit Copy Trading? Welche Gewinne verspricht die Echtzeit-Kopie von Handelsstrategien wirklich? Wir klären auf.

Top-Renditen an den internationalen Finanzmärkten erzielen, ohne großen Lern- und Lehrgeldaufwand verkraften zu müssen? Copy Trading verspricht nicht weniger als das: Jedermann soll durch die Echtzeit-Kopie der Handelsstrategien anderer auf seinem eigenen Konto dieselben Gewinne erzielen können wie professionelle Daytrader. Und letztere finden mit Copy Trading eine zusätzliche Einnahmequelle. Zu schön, um wahr zu sein?

Was ist Copy Trading?

Copy Trading – auch als Social Trading bezeichnet – beschreibt als Oberbegriff Plattformen, deren Nutzer ihre eigenen Transaktionen veröffentlichen und ihre Handelsstrategien in der ganz konkreten Umsetzung damit anderen Nutzern zur Verfügung stellen. Die Urheber von Handelsstrategien- bzw. Signalen werden dabei häufig als Trader, die Konsumenten der Signale als „Follower“ bezeichnet – in Anlehnung an konventionelle soziale Netzwerke, in denen statt Trades Nachrichten, persönliche Botschaften etc. geteilt werden.

Es gibt weitere Parallelen zwischen Social Trading und sozialen Netzwerken:

Nutzer können z. B. festlegen, wessen Signale sie auf Ihrer „Pinnwand“ sehen möchten. Vergleichbar mit professionellen Nutzern bei Facebook und Co versuchen Urheber von Handelsstrategien, viele Follower zu gewinnen. Die damit verbundene Reichweite steht im direkten Zusammenhang mit den Erlöszielen der Trader.

Signalanbieter werden auf den meisten Plattformen für Transaktionen vergütet, die auf ihre eigenen Follower zurückzuführen sind. Die Vergütung wird durch die Plattformen aus dem Deckungsbeitrag generiert, der mit dem Umsatz erlöst wird – etwa der Spread bei außerbörslichen FCD/FX-Brokern oder Ausgabeaufschläge, Gewinnbeteiligungen etc. bei Wertpapieren.

Wenn es eine klare Abgrenzung zwischen „Social Trading“ und „Copy Trading“ allein aufgrund des Begriffs gibt, besteht diese in der (optionalen) Möglichkeit zur automatisierten Umsetzung von Handelsstrategien durch Follower. Diese „abonnieren“ die Trades von Signalanbietern und partizipieren dadurch nahezu 1:1 von deren Performance. Parameter wie z. B. die Positionsgröße können dabei individuell auf das Follower-Konto bezogen werden.

Welche Varianten und Anbieter von Copy Trading gibt es?

Es gibt verschiedene Varianten von Copy Trading bzw. Social Trading im weiteren Sinne.

Meistens beziehen sich Handelssignale von Nutzern auf den außerbörslichen CFD und FX-Handel, über den die Umsetzung durch Follower ebenfalls erfolgt. Das ist z.B. bei eToro und ayondo der Fall, die zu den größten Anbietern in diesem Bereich zählen.

Hinter ayondo steht eine deutsche GmbH für Social Trading, zu der mittlerweile ein britischer CFD Broker gehört, über dessen Plattform die Handelssignale umgesetzt werden. Konsumenten der Handelssignale finanzieren die Vergütung der Signalanbieter (je nach Zertifizierungsstufe 1-5 USD pro Follower-Lot) durch einen Aufschlag auf die Spreads.

eToro ermöglicht Followern die Umsetzung von Handelssignalen über den „CopyTrader“ ebenfalls über eine hauseigene Plattform und verlangt dafür keinen expliziten Aufschlag auf die Spreads und Kommissionen. Zu den Eigentümern von eToro zählt seit April 2015 mit CommerzVentures u.a. eine Tochtergesellschaft der Commerzbank.

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Screenshot Handelsblatt.com

ZuluTrade verfolgt einen anderen Ansatz: Hier werden die Nutzer an Broker vermittelt, mit denen Kooperationsangebote bestehen. Die Handelssignale werden über eine Schnittstelle umgesetzt. ZuluTrade erhält Umsatzprovisionen von Brokern.

Das Wiener Unternehmen wikifolio verfolgt einen ganz anderen Ansatz: Erfolgreiche Strategien werden über börslich handelbare Zertifikate abgebildet. Es fallen jährliche, prozentuale Gebühren sowie eine Gewinnbeteiligung an, mit der die Vergütung der Trader finanziert wird.

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Screenshot wikifolio.com: Das wikifolio eines Nutzers

Darüber hinaus beginnen verschiedene Broker mit der Integration von Social Trading in ihr Angebot. Auch der Bezug von Handelssignalen über eine MetaTrader-Community ist möglich. MetaTrader ist eine bei zahlreichen CFD- und FX Brokern im Einsatz befindliche Handelsplattform.

Welche Qualitätsmerkmale für Copy Trading Plattformen gibt es?

Es lassen sich spezifische Qualitätskriterien für Copy Trading Plattformen formulieren, die über allgemeine Fragen zu Handelskosten, Regulierungsumfeld etc. hinausgehen. Dazu gehören im Einzelnen:

  • Reichweite der Plattform
  • Such- und Filtertools für Follower
  • Informationstiefe der Signalanbieter-Profile
  • Interessenkonflikte im Hinblick auf die Vergütungsstruktur der Signalanbieter

Copy Trading verspricht nicht weniger, als jedem Nutzer Zugriff auf die Handelsstrategien professioneller bzw. erfolgreicher Trader zu ermöglichen.

Dazu bedarf es einer gewissen Reichweite, weil nur dann eine hinreichende Anzahl qualitativ hochwertiger Strategien verfügbar sein dürfte.

Ein entscheidendes Kriterium betrifft die Informationstiefe, die (potenziellen) Followern zur Verfügung gestellt wird. Es liegt auf der Hand, dass erfolgreiche Trader die Skripte ihrer Strategien nicht mit der gesamten Community teilen, sondern diese lediglich (ggf. automatisiert) über konkrete Trades informieren möchte – schließlich wären die besten und womöglich mit hohem Arbeitsaufwand entwickelten Strategien ansonsten jeglichen Begehrlichkeiten ausgesetzt.

Im Idealfall können Trader aber zumindest durch das Studium des Profils eines Signalanbieters nachvollziehen, ob es sich bei der Strategie um ein mechanisches Handelssystem handelt oder ob der Nutzer „auf gut Glück“ handelt bzw. Ein- und Ausstiegssignale nicht zwingend nach einmalig formulierten Regeln umsetzt.

Wünschenswert (aber längst nicht überall realisiert) wären auch detailliertere Angaben zu Aspekten des Risiko- und Money Managements:

Potenziellen Followern sollte mitgeteilt werden, welcher Prozentsatz des Kontoguthabens pro Position eingesetzt und (indirekt definiert durch Stop Loss) riskiert wird.

Das gilt auch, wenn Positionsgrößen durch Follower frei bestimmt werden können: Die oftmals gewünschte 1:1-Kopie einer Strategie kann bei deutlichen Abweichungen bei Positionsgröße, SL-Abstand usw. nicht realisiert werden.

Ansonsten sind möglichst breit gefächerte Suchtools hilfreich, mit denen Follower gezielt nach Strategien mit festgelegten Eigenschaften suchen können. Bei der Suchanfrage können Kennzahlen wie z. B. max. Drawdown, Trade Ratio, Payoff Ratio, längste Gewinn- und Verlustserie etc. einbezogen werden. Die meisten Plattformen erfüllen diese Anforderungen – und teilen auch mit, ob ein Signalanbieter eine Strategie mit echtem Geld handelt oder nicht.

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Screenshot von ayondo.de: Suchtools für Follower

Signalanbieter erhalten für Umsätze ihrer Follower eine Vergütung, deren Höhe ganz wesentlich mit der Höhe des Umsatzes in Zusammenhang steht. Der Umsatz wiederum dürfte wiederum im direkten Zusammenhang mit der Platzierung eines Profils in „Vergleichsranglisten“ bzw. der Platzierung bei stark frequentierten Suchfragen stehen.

Das bedeutet bei einer entsprechenden Reichweite der Plattform, dass bereits eine günstige Kennzahl für einen relativ kurzen Beobachtungszeitraum zu einer erhöhten Kopiertätigkeit durch Follower führen kann.

Dadurch kann es zu Interessenkonflikten zwischen Signalanbieter und Follower kommen – zwar nicht in rechtlicher, aber in wirtschaftlicher Hinsicht. Ein Signalanbieter könnte versucht sein, das eigene Profil durch extrem offensive Handelsansätze prominent zu platzieren und dadurch bei einem glücklichen Marktverlauf zeitweise eine attraktive Performance erzielen – für die Follower bei einer veränderten Marktentwicklung womöglich einen hohen Preis bezahlen.

Die Plattformen machen kaum Angaben bzgl. ihrer Maßnahmen zur Betrugsprävention, auf die im Internet letztlich nie verzichtet werden kann. Was, wenn sich „Trader“ mit jeweils eigenem Profil anmelden und gegenläufige, aggressive Wetten eingehen – einmal „long“ und einmal „short“? Die (temporäre) Platzierung solcher Strategien im sichtbaren Bereich der Ranglisten ist zumindest nicht ausgeschlossen.

Auf die besonderen Eigenschaften des Copy Tradings zurückzuführende Interessenkonflikte zwischen Followern, Signalanbietern und Plattform tangieren das Interesse der Plattformen an einer großen Zahl von Transaktionen, mit denen Deckungsbeiträge generiert werden.

In dieser Hinsicht scheinen Plattformen mit einer pauschalen bzw. nicht vom bisherigen Follower-Umsatzvolumen abhängigen Vergütung der Signalanbieter grundsätzlich besser aufgestellt zu sein – schließlich könnte ein Signalanbieter versucht sein, durch „Extra-Trades“ eine höhere Vergütungsstufe zu erreichen.

Welche Rendite können Follower erzielen?

Die Gretchenfrage für potenzielle Follower:

Welche Renditen sind mit Copy Trading realistisch?

Eine pauschale Antwort als Prozentsatz lässt sich hier kaum seriös anführen. Eine Stichprobe im Signalanbieter-Bestand von ayondo ergab, dass 20 Trader in den vergangenen zwölf Monaten eine Performance von mindestens 25 % bei einem maximalen DD von 12 % und mindestens 86 % „Trefferquote“ erzielt hatten. Das entspricht ca. 1 % der Trader, die eine positive Performance aufweisen können.

Tatsächlich reichte die Bandbreite der Renditen der Profile für diese Abfrage von knapp unter 30 % bis hin zu mehr als 115 %. Doch diese Stichprobe lässt keinesfalls eine Aussage über den Erwartungswert zu, den ein Follower mit Copy Trading erzielen kann. Für solche Aussagen müssten Strategien über einen sehr viel längeren Zeitraum beobachtet, Grundgesamtheiten korrekt ermittelt werden usw.

Dennoch zeigen auch Stichproben bei anderen Plattformen, dass es erfolgreiche Strategien gibt, die mit sehr niedrigen Zutrittshürden genutzt werden können. Follower sind gut beraten, auch beim Copy Trading den Grundsatz der Diversifikation zu berücksichtigen und nicht das gesamte Kapital in eine Strategie zu investieren. Diversifikation als Mittel zur Risikominimierung und Gewinnmaximierung. Besser geeignet erscheint ein Portfolio aus 5+ Strategien, deren Korrelation untereinander im besten Fall berücksichtigt bzw. minimiert wird.

Welche Verdienste sind für Signalanbieter realistisch?

Die Verdienste für Signalanbieter werden durch die Platzierung der Strategie und ihre Positionierung in den Ranglisten sowie das Vergütungsmodell der Plattform bestimmt. Urheber von Handelssignalen erhalten bei ayondo z. B. 5 USD pro Follower-Lot – allerdings nur in der höchsten von fünf Kategorien. Die Einstufung in eine höhere Kategorie ist an Bedingungen im Hinblick auf Performance und Risiko verbunden.

Letztlich dürften die Umsatzperspektiven für Signalanbieter mit der Akzeptanz von Social Trading als relevante Anlageoption im Zusammenhang stehen. Die Branche gibt sich optimistisch und erfährt durch das Interesse von Investoren wie z. B. CommerzVentures derzeit einen Schub. Ob das ausreicht, um eine große Zahl von Anlegern zu tatsächlichen Investitionen zu bewegen, bleibt insbesondere im Kontext des außerbörslichen und eher kurzfristig orientierten CFD- und FX Tradings und bezogen auf den deutschen Markt offen.

Fazit

Copy Trading Plattformen ermöglichen Nutzern (Followern) die automatisierte Umsetzung von Handelssignalen anderer Nutzer (Signalanbieter). Die Branche verspricht, jedermann damit direkten Zugriff auf die Handelsstrategien professioneller Top Trader zu ermöglichen. Die Plattformen sind zumeist gleichzeitig Broker und verdienen an den Trades, die Signalanbieter werden durch die Broker für die Umsätze ihrer Follower vergütet. Ob das Versprechen auf „Top-Renditen für alle“ letztlich eingelöst wird, bleibt abzuwarten.

2 Kommentare

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  • Husky
    Husky

    wo ist der Unterschied zum managed account oder Fond? Wohl nur darin zu suchen, dass man mehr Trades generiert und die Trader selbst aktiv werden müssen.

    Ansonsten wieder nur eine weitere Sau, die durchs Dorf getrieben wird, um neuen Umsatz für die CFD/FX-Broker zu generieren.

    12:45 Uhr, 30.06.2016
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Michael Hinterleitner
Michael Hinterleitner

Michael Hinterleitner ist seit 2006 Redakteur und Trader bei GodmodeTrader.

Bereits 1998 der Faszination Börse erlegen, wurde Trading neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften zu seiner Hauptbeschäftigung. Sein Fokus: Aktien. Neben der täglichen spannenden Jagd an den Börsen kam 2011 die Idee zu einem neuen Brokervergleich, der nicht nur einen detaillierten Blick hinter die Kulissen erlaubt, sondern auch handfeste Vorteile für Mitglieder bringt.

Als Mitbegründer der Vergleichsplattform BrokerDeal.de hat sich Michael Hinterleitner zum Ziel gesetzt, Licht in den Brokerdschungel zu bringen. Er erklärt, worauf es bei der Brokerwahl ankommt, welche Anbieter für welche Bedürfnisse Sinn macht und auf welche Unterschiede man bei den Produkten und der Ausführungsqualität achten sollte.

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