Kommentar
20:30 Uhr, 12.01.2022

Comeback der Autoproduktion: Gut oder schlecht für Aktien?

2021 wurden so wenige Autos produziert wie schon lange nicht mehr. 2022 soll alles besser werden, aber ist das auch gut?

Für die Autoindustrie gibt es einen ersten Lichtblick. Nachdem die Industrie schon mehr als ein Jahr lang unter Chipmangel leidet und daher nicht so viele Autos produzieren kann, wie sie will, könnte es 2022 besser werden. Schlechter kann es auch kaum werden. In Deutschland wurde zuletzt so wenig produziert wie vor fast 50 Jahren.

Bei einzelnen Autobauern liegen die Auslieferungen 50 % unter dem Vorjahr bzw. Vorkrisenniveau. Viele Firmen haben ihre Bänder zeitweise stillgelegt. Es fehlte schlichtweg an Halbleitern. Die Nachfrage nach Neuwagen ist vorhanden, sie kann nur leider nicht bedient werden.

Das klingt nach einer verpassten Chance. Wer produzieren kann, verkauft auch. Für 2022 sehen Analysten Lichtblicke. Die Verkaufszahlen sollen deutlich steigen. Bis Ende 2022 soll das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden (Grafik 1). 2023 könnte es sogar zu einem neuen Rekord kommen.

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In China steigen die Verkaufszahlen seit einigen Monaten wieder. China überwindet damit die Knappheit. Ob das auch der EU und den USA gelingt, sei dahingestellt. Man fragt sich auch, ob es überhaupt wünschenswert ist. Autos sind so wertvoll wie selten zuvor. Ganz besonders gilt das für Gebrauchtwagen. Die Preise liegen mehr als 50 % über dem Vorkrisenniveau (Grafik 2).
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Da der Markt für Gebrauchtwagen leergekauft ist, steigen auch Neuwagenpreise deutlich. Händler geben kaum noch Rabatte, wenn überhaupt. Autos muss man nicht mehr verkaufen, man kann sie verteilen. So kommt es, dass Autobauer trotz katastrophaler Absatzzahlen Rekordgewinne schreiben. Viele Autobauer werden für 2021 einen Jahresgewinn ausweisen, der alle Rekorde bricht.

Der Chipmangel sorgt für traumhafte Margen. Die Eigenkapitalrendite ist bequem im zweistelligen Bereich. Man könnte fast meinen, der Chipmangel sei ein Segen. Anleger sehen das nicht ganz so. Angesichts der Rekordmargen und sehr niedrigen KGVs sollten die Kurse viel Luft nach oben haben. Die Kurse hätten eigentlich explodieren müssen.

Davon war und ist nichts zu sehen. Früher oder später wird der Chipmangel behoben. Das ist eine kritische Phase. Da die Nachfrage hoch ist, kann der Produzent profitieren und Marktanteile aufbauen, der am schnellsten wieder seine Kapazitäten ausschöpft. Der Konkurrenzkampf wurde durch einen Mangel, der alle betrifft, unterbrochen.

Wer den Mangel zuerst überwinden kann, gewinnt Marktanteile. Aktuell ist nicht klar, welchem Autobauer der Übergang vom Mangel zurück zur Kapazitätsauslastung am besten gelingen wird. Der Mangel ist auch über Marktanteile hinaus kein wünschenswerter Dauerzustand. Tesla kommt mit der Chipkrise besser zurecht. Unfreiwillig verlieren die traditionellen Autobauer gegenüber Tesla und auch anderen jüngeren Firmen. Auf Dauer ist das kein Erfolgsrezept, sondern ein Desaster.

Kurzfristig war die Knappheit für die Margen gut. Langfristig schadet sie mehr als sie nützt. Der Mangel hat wegen hoher Margen nicht zu einem Kursverfall geführt. Hält der Mangel länger an, dürften für Anleger Sorgen um Marktanteile bei einzelnen Firmen auftauchen. Das könnte die Kurse 2022 durchaus belasten.

Obwohl einige Analysten bereits wieder global steigende Verkäufe erwarten, ist die Sache nicht so klar. Die Lieferzeiten für Chips werden immer noch länger und nicht kürzer. Für Autoaktien wird 2022 kein leichtes Jahr.


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1 Kommentar

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  • mariahellwig
    mariahellwig

    "Früher oder später wird der Chipmangel behoben."

    Das höre ich schon seit Monaten. Nur habe ich den Eindruck, die Situation wird eher schlechter als besser. Man muss ehrlicherweise sagen, es ist kein Ende der Knappheit absehbar.

    Tesla hat den Vorteil, dass sie im Vergleich zu Toyota oder VW kleine Stückzahlen haben.

    12:40 Uhr, 13.01.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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