Kommentar
12:00 Uhr, 10.02.2025

Christian Lindner im Interview: Gehört Bitcoin in die Staatsreserve?

Im Gespräch mit BTC-ECHO erläutert FDP-Chef Christian Lindner, was er über eine staatliche Bitcoin-Reserve, die Tokenisierung von GmbHs und Euro Stablecoins denkt. Auch verrät er, ob Bitcoin Teil seiner angestrebten Aktienrente sein sollte.

Nach seinem Ausscheiden als Bundesfinanzminister hat Christian Lindner das Thema Krypto verstärkt auf die politische Agenda gesetzt. Im Gespräch mit BTC-ECHO erläutert der FDP-Politiker, was er über eine staatliche Bitcoin-Reserve, die Tokenisierung von GmbH-Anteilen und Euro Stablecoins denkt. Auch verrät er, ob Bitcoin Teil seiner angestrebten Aktienrente sein sollte.

BTC-ECHO: Herr Lindner, nach Ihrem Ausscheiden als Finanzminister haben Sie das Thema Krypto stärker in den Fokus gerückt. Was hat Sie dazu bewogen?

Christian Lindner: Krypto war bereits während meiner Amtszeit als Finanzminister für mich ein bedeutendes Thema. 2022 haben wir beispielsweise die steuerliche Rechtssicherheit für Kryptowährungen verbessert, unter anderem mit der Spekulationsfrist von einem Jahr und einer Freigrenze von 1.000 Euro für Erträge. Dies sind Aspekte, die ich gerne weiterentwickeln würde, etwa durch eine Anhebung der Freigrenze. Auch auf europäischer Ebene war Krypto ein großes Thema: Der anfängliche Vorschlag im Rahmen der MiCA-Regulierung hätte beinahe zu einem faktischen Bitcoin-Verbot geführt, wo wir uns klar gegen positioniert haben. Heute bin ich in der Lage, über das hinauszugehen, was als Finanzminister möglich war, und die FDP-Position stärker zu vertreten.

Eine Umfrage unter 50 Brancheninsidern seitens BTC-ECHO und der IU Internationale Hochschule hat ergeben, dass man ihrer Partei am ehesten die Förderung des Krypto-Standortes Deutschland zutraut. Liegt diese Wahrnehmung nicht primär darin, dass die FDP für ein wirtschaftsliberales Modell eintritt, als an konkreten Krypto-Vorhaben?

Das stimmt, die FDP steht für digitalen Fortschritt, Marktwirtschaft und sinnvolle Deregulierung. Das ist es bei uns auch untermauert durch politische Inhalte. Wir setzen uns dafür ein, regulatorische Hürden zu reduzieren und die BaFin nicht zu einer Innovationsbremse werden zu lassen. Die BaFin sollte nicht nur für Regulierung, sondern auch für Finanzplatzförderung verantwortlich sein. Eine sinnvolle Möglichkeit wäre die Einführung einer regulatorischen Sandbox, die es jungen Kryptounternehmen erleichtern könnte, BaFin-Anforderungen zu erfüllen. Zudem möchten wir den Zugang zu Krypto-ETFs erleichtern, so wie es in den USA bereits gelungen ist. Dies könnte Privatanlegern eine einfachere und sicherere Möglichkeit bieten, in Bitcoin zu investieren. In Europa sind Wertpapieraufsicht und Regulierung diesbezüglich noch zurückhaltend. Das würde ich gerne ändern.

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Inzwischen ermöglicht das elektronische Wertpapiergesetz (eWpG) in Deutschland die vollumfängliche Abbildung und Emission von tokenisierten Anleihen und Aktien. Die am häufigsten vorkommende Form von Kapitalgesellschaften, GmbHs, können jedoch noch nicht auf einer Blockchain abgebildet werden. Würden Sie das ändern wollen?

Die Vision finde ich klasse und kann mir das gut vorstellen. Dieses Vorhaben müssten wir aber erst einmal in die Forschungsabteilung geben, da es gesellschaftsrechtlich als auch hinsichtlich des Wertpapierrechts einiges zu klären gäbe. Vor allem vor dem Hintergrund der Mitarbeiterbeteiligung, ein Steckenpferd von mir, wären digitale GmbH-Anteile der nächste logische Schritt. Bevor es dazu kommt, würde ich aber gerne Staatsanleihen tokenisieren.

Wie stellen Sie sich das denn vor, gibt es dazu bereits konkrete Maßnahmen?

Digitale Staatsanleihen könnten eine essenzielle Rolle in einem tokenisierten Finanzökosystem spielen und wären ein nächster logischer Schritt. Die Umsetzung läge allerdings in der Verantwortung des Finanzministeriums und der Finanzagentur des Bundes. Ich bin jedoch überzeugt, dass dies eine große Chance für Deutschland wäre, um in der globalen Finanzinnovation eine Vorreiterrolle einzunehmen.

Sie sagten, dass Sie sich auch in ihrer Amtszeit als Finanzminister für Krypto starkgemacht hatten. War die Gegenwehr der anderen Parteien so groß oder was hat größere Umsetzungen in diesem Bereich verhindert?

Alle Themen rund um Kapitalmarktliberalisierung, privaten Vermögensaufbau und Innovation stoßen insbesondere bei Grünen und Sozialdemokraten auf Widerstand. In genau dieser Reihenfolge, weil das angeblich nur etwas für Reiche ist und die Menschen nicht die Risiken verstehen. Man hat also die Chancen regelmäßig ignoriert.

Spielt Krypto auch für den Wahlkampf eine Rolle? Schließlich thematisieren Sie es jetzt in der heißen Wahlkampfphase kurz vor den Bundestagswahlen.

Krypto ist bislang im allgemeinen politischen Diskurs unterrepräsentiert. Das halte ich für bedauerlich, denn es zeigt, dass viele politische Akteure das Thema unterschätzen. Dabei gibt es mittlerweile Millionen von Menschen in Deutschland, die sich für Bitcoin interessieren oder bereits investiert sind. Auch wenn Krypto noch als Nische gilt, ist es eine wachsende Nische mit erheblichem Potenzial.

Sie unterstützen auch das Konzept einer Bitcoin-Reserve, wie sie zuletzt Donald Trump in den USA ins Gespräch gebracht hat. Können Sie uns mehr über ihren Ansatz erzählen?

Die Unabhängigkeit der Notenbanken ist für mich unantastbar, aber eine sachliche Diskussion darüber ist wichtig. In anderen Ländern, etwa in den USA oder Asien, gibt es bereits Debatten über die Rolle von Bitcoin in den nationalen Reserven. Auch Frankfurt sollte sich fragen, ob neben Gold und Fremdwährungen nicht auch Bitcoin eine Rolle spielen könnte.

Sie besitzen seit kurzem selbst Bitcoin. Haben sie inzwischen auch andere Kryptowährungen in ihr Portfolio aufgenommen?

Aktuell besitze ich nur Bitcoin und verfolge den Kurs auch regelmäßig. Während meiner Zeit als Finanzminister habe ich mich freiwillig aus Compliance-Gründen bewusst zurückgehalten und daher keine Einzelaktien oder Bitcoin erworben. Zu der Zeit habe ich nur in ETFs investiert, einfach wegen des Prinzips der “Unanscheißbarkeit”, wie ich das immer nenne (lacht).

Angenommen es geht wieder zurück ins Amt, würden Sie Ihre Bitcoin dann also wieder veräußern?

Dazu verpflichtet wäre ich grundsätzlich nicht. Sollte es dennoch aus Compliance-Sicht für notwendig erachtet werden, wäre ich bereit, wieder zu deinvestieren, wenn ich dafür ins BMF zurückkehre. Bitcoin stellt in meinem Portfolio aber auch kein Klumpenrisiko dar, daher wäre das verkraftbar.

Sie machen sich für die Aktienrente zur privaten Altersvorsorge in Deutschland stark. Könnten Sie sich vorstellen, sollte diese eines Tages Realität werden, dass Bürgerinnen und Bürger dann auch in Bitcoin investieren dürfen?

Ja, dafür bin ich absolut offen. Bitcoin hat eine höhere Volatilität und birgt größere Risiken als traditionelle Anlagen, aber in einem breit diversifizierten Altersvorsorge-Depot könnte es eine ergänzende Rolle spielen. Wichtig ist mir, dass Menschen Wahlfreiheit haben – sei es zwischen klassischen Versicherungen oder kapitalmarktbasierten Produkten.

Wie soll ihrer Meinung nach der digitale Euro ausgestaltet sein? Sollte dieser durch privatwirtschaftliche Akteure in Form von Stablecoins herausgeben werden oder eher durch die Europäische Zentralbank als CBDC?

Private Stablecoins bekommen durch die MiCA regulatorische und rechtliche Sicherheit, was ich aus liberaler Sicht im Sinne des Wettbewerbs auf dem Finanzmarkt sehr begrüße. Schon vor Jahren traf die EZB die Entscheidung, sich intensiv mit der Möglichkeit der Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes auseinander zu setzten. Und jetzt geht es um die Frage, in welche Richtung dieser Pfad vorangetrieben wird.

Mir ist es wichtig, dass digitales Zentralbankgeld die gleichen Eigenschaften besitzt wie Bargeld. Folglich nicht programmierbar ist und die Privatsphäre schützt. Auch soll es nicht so sein, dass die EZB zu einer quasi privaten Geschäftsbank wird, die den Zahlungsverkehr dann im öffentlichen Sektor monopolisiert. Stattdessen sollten nach wie vor die Zahlungsdienstleister der Industrie das Ruder in der Hand haben. Zudem muss sichergestellt werden, dass der digitale Euro kein alleiniges Projekt der EZB wird. Die Co-Gesetzgeber in der EU müssen weiter mitwirken dürfen.

Also ein sehr schlankes Modell mit Cash-Eigenschaften, bei dem heute, so wie ich es gerade beschrieben habe, noch gar nicht so klar ist, wo die praktischen Anwendungsfälle und -vorteile gegenüber anderen Zahlungsdienstleistern wären.

Vielen Dank für das Gespräch.

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