Kommentar
09:32 Uhr, 14.05.2015

Chinesischer Finanzzauber

Chinas Finanzen liegen im Argen. Die Zeit drängt. Wird nicht schnell eine Lösung gefunden, dann wird es Pleiten von lokalen Regierungen geben.

China hat ein Schuldenproblem. Dieses Problem liegt nicht so sehr bei der Zentralregierung oder der privaten Haushalte. Es liegt bei den lokalen Regierungen und den Unternehmen. Hier haben sich die Schulden innerhalb kurzer Zeit vervielfacht. Den Lokalregierungen droht der finanzielle Kollaps. Die Angelegenheit ist sehr ernst und muss möglichst bald gelöst werden.

Vor einer Woche waren Vorschläge im Umlauf, bei denen entweder die Zentralbank oder die Entwicklungsbank Schulden direkt hätten kaufen sollen. So wie es aussieht, wird diese direkte Staatsfinanzierung nun nicht kommen. Es wäre ansonsten ein Novum in der weltweiten Zentralbankpolitik gewesen. Bisher kaufen Zentralbanken bei ihren Anleihenkaufprogrammen Anleihen nur auf dem Sekundärmarkt. Sie könnten theoretisch auch direkt die Anleihen zeichnen, die ausgegeben werden, aber das wäre dann direkte Staatsfinanzierung. Letztlich ist es Augenwischerei, denn die Anleihen landen ja so oder so in der Bilanz, ganz egal, ob sie direkt oder auf dem Sekundärmarkt gekauft werden.

In vielen Ländern ist die direkte Staatsfinanzierung verboten. Bisher hält man sich daran. Es sah so aus, als würde China als erstes Land dieses Tabu brechen. Jetzt dürfte einer anderen Lösung Vorrang gegeben werden. Heute wurde eine Direktive bekannt, die das bisherige Problem lösen soll. Dieses Problem besteht vor allem darin, dass sich die Lokalregierungen über Kredite finanzieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wurde die Schuldenaufnahme nur im geringen Ausmaß über Anleihen getätigt.

Schulden über Kredit zu finanzieren hat Vor- und Nachteile. Verschulden sich Regierungen bei Banken über Kredite, dann ist der Markt sicherlich intransparenter und die Kosten für Kredit möglicherweise geringer. Nun sind die Schulden allerdings so groß geworden, dass sich Banken weigern weitere Kredite zu vergeben. Sie würden es nur für deutlich höhere Zinssätze tun. Das wiederum können sich die Lokalregierungen nicht leisten.

Grafik 1 zeigt die Schulden der einzelnen Provinzen und wie hoch diese Schulden im Verhältnis zur lokalen Wirtschaftsleistung sind. In vielen Provinzen stehen die Schulden ziemlich hoch, wenn man die direkten Schulden und indirekten Verbindlichkeiten betrachtet. Die Regierungen sind hier definitiv am Limit, zumal es auch nicht die einzigen Schulden sind, die das Land hat. Auch von Seiten der Zentralregierung gibt es noch einmal Schulden.

Die Weigerung der Banken den Schuldenberg immer weiter wachsen zu lassen ist richtig. Sie haben berechtigte Angst, dass sie ihr Geld nie wieder sehen. Bisher zählten Banken und Lokalregierungen unter anderem auch auf Inflation. Bei 3 bis 5% Inflation pro Jahr wird das Schuldenwachstum ganz gut verdeckt. Jetzt ist die Inflation sehr niedrig. Die Lage eskaliert.
Lokalregierungen sollen sich nun in Zukunft nicht mehr über Kredite, sondern über Anleihen finanzieren. Diese Anleihen hätten von Banken gekauft werden müssen, weil es nicht genügend Interessenten für das hohe Volumen gibt. Das wollten die Banken nicht, denn die Anleihen sollen mit lediglich 4% verzinst werden. Für das allgemeine Zinsniveau und die Bonität der Regierungen ist das zu wenig.

Weil Banken nicht wollten kam es zu der Überlegung, dass auch eine Institution wie die Zentralbank die Anleihen kaufen könnte. Jetzt sieht der Weg anders aus. Es sollen nach wie vor Banken die Anleihen kaufen, dafür aber einen Anreiz erhalten. Will sich eine Bank zukünftig Geld bei der Zentralbank besorgen, dann sollen die Konditionen günstiger sein, wenn als Sicherheit Anleihen von Lokalregierungen hinterlegt werden. Das ist de facto eine verdeckte Zinssenkung.

Ob dieser Plan fliegt muss man sehen, zumal das Volumen der Anleihenemissionen gigantisch sein wird. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Schulden der Lokalregierungen seit 1997. Sie stehen derzeit bei ca. 19 Billionen Remnibi (ca. 3 Billionen USD). Die derzeit laufenden Kredite sollen in Anleihen getauscht werden, die dann von Banken wieder direkt in die Bücher genommen werden. Es handelt sich praktisch um einen Debt Swap - um einen Umtausch von Kredit in Anleihen.

Der Swap löst das zugrundeliegende Problem natürlich nicht. Die Überschuldung bleibt. Gelingt China das nun angedachte Kunststück, dann verschafft das sicherlich ein wenig Luft und Ruhe für einige Zeit. Früher oder später werden die Regierungen von den Problemen aber wieder eingeholt werden. Gleichzeitig sollen die Regierungen weiter kräftig Geld ausgeben, um die Infrastruktur zu verbessern und die Wirtschaft anzukurbeln.

Das alles wirkt inzwischen etwas verzweifelt. Seit Jahren warnen Banken vor der Möglichkeit, dass die chinesische Wirtschaft hart landet. Seit 2009 wird davor gewarnt. Jetzt könnte es soweit sein.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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