China: Wird der Holzdrache Glück bringen oder ist die Krise endlos?
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Mehr als drei Jahre sind vergangen, seit die chinesischen Behörden die ersten Maßnahmen ergriffen haben, um Spekulationen auf dem Immobilienmarkt einzudämmen. „Wenngleich Peking den Abschwung des Immobilienmarktes mittlerweile ernst nimmt, muss noch mehr getan werden. Politischer Spielraum ist vorhanden“, kommentiert Andranik Safaryan, der das Team Emerging Markets/Corporate Debt bei MainFirst Asset Management leitet. „Eine Verbesserung der Aussichten für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt sowie bei den Preiserwartungen auf dem Wohnungsmarkt sind kurzfristig unerlässlich.“ Geldpolitik und Banken müssten mittelfristig akkommodierend bleiben, um eine Kreditkrise zu vermeiden, die die gesamte Wirtschaft treffen würde – ähnlich wie in den 1990er-Jahren in Japan.
„Wir lassen zum jetzigen Zeitpunkt Vorsicht gegenüber dem Sektor walten. Doch Anleger, die Geduld und einen ausreichend langen Anlagehorizont haben, können in Einzelfällen gute Anlagegelegenheiten ausmachen“, so der Portfoliomanager. Die bedeutendste kurzfristige Herausforderung für die chinesischen Behörden sieht Safaryan darin, die Stimmung der privaten Haushalte zu verbessern und privaten Investitionen neuen Schwung zu verleihen, um die Erwartungen bezüglich der Wohnungspreise zu verbessern und die Nachfrage anzukurbeln.
Keine nachhaltige Erholung auf dem Immobilienmarkt in Sicht
Im August 2023 hatte die chinesische Regierung beschlossen, die Untergrenze für die Anzahlung beim Erwerb der ersten und zweiten Wohnung zu senken. Weitere Maßnahmen waren ein niedrigerer Hypothekenzinssatz sowie die Erteilung der Genehmigung an lokale Regierungen, die Definition des Erstkäufers einer Wohnung zu erweitern. Doch der Effekt sei kurzfristig eher gering gewesen, ordnet Safaryan ein. Allerdings würden politische Maßnahmen erst nach einer gewissen Zeit Wirkung zeigen.
Zudem dürfte sich die Erholung auf die am weitesten entwickelten Städte (Rang 1 und 2) beschränken, darunter Peking, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen, erwartet Safaryan. „Die Hauptnutznießer sind mit dem Staat verbundene Immobilienentwickler mit soliden Bilanzen, die Engagements in erstrangigen Städten haben, da diese Städte noch über politischen Spielraum zur Ankurbelung der Nachfrage verfügen.“ Hinzu komme, dass sich diese Städte auch eines Zuzugs von Einwohnern aus kleineren Städten erfreuen und daher weniger von dem für die kommenden Jahre zu erwartenden Trend einer schrumpfenden Bevölkerung betroffen sein würden.
Nutznießer sind Staatskonzerne, private Investoren bleiben fern
Bei einigen der größten Immobilienentwickler in Rang-Eins-Städten handele es sich um Unternehmen in Staatsbesitz. Diese haben zum Teil von den Turbulenzen am Immobilienmarkt profitiert, indem sie ihren Marktanteil zulasten von Unternehmen in Privatbesitz erhöht haben. „Da sie sich in Besitz der öffentlichen Hand befinden und solidere Bilanzen haben, stehen sie in der Gunst der Wohnungskäufer. Denn diese vertrauen darauf, dass die Projekte auch fertiggestellt werden“, erläutert Safaryan.
Allerdings lasse sich die Nachfrage von Investoren nur schwer wieder ankurbeln: „Es gibt einige Widerstände, die eine Erholung des Gesamtmarktes verhindern. Wir sehen anhaltende Insolvenzen von Immobilienentwicklern, zudem besteht weiterhin Ungewissheit darüber, ob Projekte überhaupt fertiggestellt werden. Außerdem gibt es die Erwartung fallender Immobilienpreise.“ Unsichere wirtschaftliche Aussichten täten ihr Übriges.
Ansatzpunkte für Anleger
Doch es gebe auch positive Beispiele. So biete die Restrukturierung von SUNAC, eines Immobilienentwicklers mit großem Grundstücksbestand in Rang-Eins- und -Zwei-Städten, eine gute Vorlage für andere Unternehmen: SUNAC ging 2022 insolvent und wandelte daraufhin Auslandsschulden in Eigenkapital oder daran gebundene Instrumente wie Wandelanleihen um, um so die Kapitalstruktur zu verbessern. „Anleger sollten staatliche Immobilientwickler im Blick behalten, die zu einem ähnlichen Restrukturierungsprozess bereit sind“, rät Safaryan. Gleiches gelte für Unternehmen, die Projekte veräußern und die Erlöse für Rückzahlungen an die Anleiheninhaber verwenden können. Die geringe Liquidität der Anleihen könnte mittelfristig zu einer höheren Erlösquote führen.
„Die gute Nachricht ist, dass die Unternehmen Anleihen im Umlauf haben. Diese werden jedoch nicht zu attraktiven Kursen gehandelt, insbesondere im Hinblick auf die makroökonomischen und die Sektorrisiken“, ordnet Safaryan ein. Immobilienentwickler wie COLI und China Resources Land (CR Land) erfüllten die Anforderungen, aber ihre Anleihenbewertungen seien mit Renditen zwischen 5,5 und 7,5 Prozent nicht besonders aussichtsreich. Andererseits würden die Anleihen vieler privater Immobilienentwickler mit schwachen Bewertungen von etwa 1 bis 15 Cent gehandelt.
Vorsicht bei Immobilienentwicklern mit Bestand in Städten unterer Ränge
Generell empfiehlt der Schwellenländerexperte Anlegern, angesichts der kurz- bis mittelfristigen Herausforderungen weiterhin Vorsicht gegenüber dem Segment walten zu lassen: „Wir raten davon ab, zum jetzigen Zeitpunkt ein großes Engagement einzugehen, da die Volatilität weiterhin hoch ist und die Stimmung schnell kippen könnte.“ Viele Entwickler sind weitgehend in Städten auf den unteren Rängen engagiert, in denen das Angebot-Nachfrage-Verhältnis sehr ungünstig sei. „Einige Unternehmen werden wahrscheinlich nicht überleben, da sie nur einen dürftigen Bestand an abgeschlossenen Verkäufen haben, hoch verschuldet sind und durch kurzfristige Schwierigkeiten beeinträchtigt werden“, erwartet Safaryan.
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