Kommentar
15:07 Uhr, 11.02.2021

China macht der Welt einen Strich durch die Rechnung - mit Folgen für die Börse

China strafft überraschend die Geldpolitik. Das hat globale Konsequenzen, auch für Anleger in Europa und den USA.

Im Gegensatz zu Europa, den USA oder Japan hat China die Geldschleusen während der Pandemie nur bedingt geöffnet. Die Notenbank stelle zwar Liquidität zur Verfügung, doch der Staat beschloss keine großangelegten Konjunkturprogramme. In der letzten großen Krise 2008 legte China ein Konjunkturprogramm auf, das fast so groß war wie jenes der USA, obwohl die Wirtschaftsleistung nur ein Drittel der US-Wirtschaftsleistung war. Es wurde geklotzt, nicht gekleckert. Dieses Mal war das anders, denn China weiß, dass es ein Schuldenproblem hat. Seit Jahren befindet sich die Geldpolitik in einem Stop-and-go-Modus. Die Verschuldung sollte im Idealfall nicht mehr steigen, sondern sinken. Bis 2020 ist das auch geglückt. Ganz ohne hohes Kreditwachstum ging es dann doch nicht. Nun ist damit aber Schluss. Bereits im letzten Quartal 2020 stieg der Zinssatz auf dem Interbankenmarkt deutlich an.

Das hat auch Folgen für den Rest der Welt. Für das laufende Kalenderjahr wird ein Gewinnwachstum der S&P 500 Unternehmen in der Höhe von 23 % erwartet. Dieses Wachstum folgt dem Einkaufsmanagerindex relativ gut. Der Einkaufsmanagerindex geht der Gewinnentwicklung ca. drei Quartale voraus (Grafik 1).


Der US-Einkaufsmanagerindex oder auch jene in Europa befinden sich nicht im luftleeren Raum. China exportiert nicht nur viel, es importiert auch viel. Pro Jahr importiert China Waren und Dienstleistungen von mehr als zwei Billionen Dollar oder mehr als Italiens Wirtschaftsleistung.

Die Importe sind von der lokalen Dynamik abhängig. China importiert vor allem Technologie und Rohstoffe. Wird die Geldpolitik wie jetzt gestrafft, wird weniger investiert und weniger importiert. Da China relativ schnell von Expansion auf Abbremsung umschaltet, geht der chinesische Einkaufsmanagerindex jenem der USA voraus. Seit zwei Monaten fällt der Index ziemlich schnell (Grafik 2).


Es muss davon ausgegangen werden, dass China die Geldpolitik nicht so schnell wieder lockert. Der Kreditimpuls (Grafik 3), bewegt sich in Zyklen und der Abwärtszyklus hat gerade erst begonnen. Das wird auch die wirtschaftliche Entwicklung im Rest der Welt beeinträchtigen.

In den USA geht der Einkaufsmanagerindex ebenfalls wieder zurück. Der Trend könnte sich fortsetzen, zumal der Index bis zu einem gewissen Grad künstlich hoch ist. Der Index besteht aus mehreren Komponenten, unter anderem Lieferzeiten. Diese sind aktuell lang. Im Normalfall ist das ein positives Signal, weil die Nachfrage hoch ist. Derzeit liegt es jedoch nicht daran, dass es keine Produktionskapazitäten mehr gibt, sondern an der Lieferkette, die einfach noch nicht wieder optimal funktioniert.

So oder so, aus China kommt eher ein Dämpfer für die Weltwirtschaft. Die Auswirkungen werden nicht sofort zu spüren sein, sondern für Unternehmensgewinne erst Ende 2021, just dann, wenn sich die 23 % Gewinnwachstum materialisieren sollen. Das ist gerade deutlich schwieriger geworden.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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