Kommentar
09:54 Uhr, 03.11.2014

China hat ein großes Problem

Seit einem Jahr wird in China reformiert. Die Wirtschaft soll freier, wettbewerbsfähiger und weniger korrupt werden. Das ist dringend notwendig. Damit ist es aber noch nicht getan.

Wegen starken Bevölkerungswachstums hat die kommunistische Partei vor über 30 Jahren die Ein-Kind-Politik eingeführt. Das hat gewirkt. Die Bevölkerung wächst zwar nach wie vor, aber seit einem Jahrzehnt deutlich langsamer als zuvor. Bereits Anfang der 90er Jahre gab es eine deutliche Abflachung des Trends. Jetzt bzw. seit Ende vergangenen Jahres wird diese Politik langsam aufgegeben. Der Grund ist klar: hört die Bevölkerung auf zu wachsen oder beginnt sie zu schrumpfen, dann sitzt China in der demographischen Falle.

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Sollte die Ein-Kind Politik komplett aufgegeben werden, dann ist eine Entwicklung denkbar, wie sie in Grafik 1 von der grünen Linie gezeigt wird. Dass das gelingt ist momentan äußerst fraglich. Die Regierung hat 11 Mio. Paaren erlaubt ein zweites Kind zu „beantragen.“ Dadurch erhoffte sich die Regierung zusätzlich 2 Mio. Geburten pro Jahr. Bisher gab es nur 700.000 Anträge, 620.000 sind genehmigt worden. Das ist weit unter Plan. Und das ist kritisch.

Die Zahl der arbeitsfähigen Personen ging zuletzt zurück. 2013 schrumpfte die Zahl arbeitsfähiger Personen um 2,44 Mio. Dieses Jahr könnten es über 3 Mio. sein. Bei einer Bevölkerung von fast 1,4 Mrd. wirkt das wie eine Lappalie. Über die Jahre macht es allerdings viel aus. Wie das aussehen kann zeigen die Szenarien in Grafik 1. Reagiert die Bevölkerung auf das Ende der Ein-Kind Politik wie bisher, dann gibt es einen leichten Anstieg der Geburtenrate (rote Linie). 2050 wäre dann die Bevölkerungsgröße dort, wo sie heute ist. Ab Mitte bis Ende der 20er Jahre muss damit gerechnet werden, dass die Bevölkerung schrumpft.

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Die Bevölkerungspyramide sähe dann in drei Jahrzehnten so aus wie sie heute in Japan aussieht. In China wäre das ein sehr großes Problem. Um es kurz zu machen: der Staat kann sich das einfach nicht leisten. Die Sozialsysteme sind anders als bei uns. Entweder werden die Eltern von den Kindern durchgefüttert, sie haben genug Ersparnisse oder sie sind einfach im Alter arm. Dass ein Kind nicht unbedingt zwei Erwachsene auf Dauer durchbringen kann, scheint klar. Erspartes haben viele – immerhin sind die Chinesen für ihre hohe Sparquote bekannt – aber das reicht in den seltensten Fällen. Die Teuerungsrate frisst über die Jahre einen Großteil der Ersparnisse auf. Hinzu kommt ein großer Anteil der Bevölkerung, die nicht das Einkommen haben, um jetzt sparen zu können. Das sind mehrere hundert Millionen Menschen.

China-hat-ein-großes-Problem-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-4Will China keine Massenarmut und wirtschaftlichen Kollaps provozieren, dann muss sich etwas tun – und zwar schnell. Beginnt die Bevölkerung noch mitten im Boom zu schrumpfen, dann kommt es zunächst zu hoher Lohnpreisinflation. Schon jetzt haben Ökonomen Angst vor knapper Arbeitskraft. Nach der Inflation kommt der Kollaps, weil das Ersparte weg ist und die Nachfrage relativ schnell zu fallen beginnt. Hier ist dringender und großer Handlungsbedarf, sonst wird das eine Katastrophe. Diese Katastrophe ist noch zwei Jahrzehnte entfernt, aber um sie zu verhindern, muss jetzt reagiert werden.

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3 Kommentare

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  • Floyd K
    Floyd K

    Gut, dass Chinas Probleme bei uns längst gelöst sind...

    ​Wie schön, dass man so ein Problem in China hat, also weit weg von uns. Und wie schön, das wir zwar grundsätzlich noch schlechtere Bevölkerungsdaten haben, aber eben kein Problem.

    Unsere Politik sagt, dass sie das Schrumpfen der Bevölkerung schon frühzeitig erkannt und seit Jahrzehnten massiv die Einwanderung gefördert hat.Thilo Sarrazin hatte das auch erkannt und so schön in Zahlen gefasst.

    Wertvolle Menschen sind da ins Land gekommen, so heißt es seitens der uns Regierenden, und sie vermehren sich prächtig.

    Momentan z.B. landet die Hälfte der in der EU gestrandeten Flüchtlinge in Deutschland, damit schnappen wir natürlich unseren EU-Partnern Einiges weg. Auch so eine clevere Lösung für Deutschland oder?

    Immerhin erkennt man also auch in China die Bevölkerungsproblematik und versucht mit anderen Mitteln gegenzusteuern, wie Sie im Artikel beschrieben.

    Wir in Deutschland können demnach das Ergebnis dieses Experimentes in den beiden Staaten gelassen abwarten. In 20 bis 40 Jahren wird sich zeigen, wer besser geplant hat.

    Auf diesen Zeitrahmen lassen sich übrigens die Bevölkerungszahlen sehr genau vorhersagen. Und, liebe Mitleser, wie sieht da unsere Bilanz aus? Einfach mal nachschauen. Aber besser, sie lesen die Statistiken im Sitzen.

    Das Diagramm mit den unterschiedlichen Geburtenraten ist leider irreführend. Es sind die heute lebenden gebärfähigen Frauen, mit der heutigen Zuwachsrate der Bevölkerung, die die Zahlen in ca 20 Jahren bestimmen. Das ist leider unabänderlich. Das wird in der Grafik ignoriert, man kann heute nicht einfach den Schalter umlegen und hat eine neue Geburtenrate. Die muss erst heranwachsen.

    Aber egal, mitentscheidend für den besseren Weg ist auch die Leistungsfähigkeit der kommenden Generationen und da wird ein Vergleich noch interessanter. Es lohnt sich also so nebenbei Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu vergleichen. Drücken wir uns die Daumen.

    12:15 Uhr, 03.11. 2014
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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