Bruttoinlandsprodukt - der Anfang der Konjunkturdelle
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1. Das Jahr 2007 endet mit einer kleinen Enttäuschung. Noch im November waren die Hoffnungen groß, dass zum Jahresende zumindest ein Wachstum über dem Potenzialpfad (0,5 % qoq) erreicht werden könne (November: Bloomberg-Median: 0,5 % qoq, DekaBank: 0,3 % qoq). Doch spätestens mit den ersten vorläufigen Ergebnissen für das Gesamtjahr 2007 hat das Statistische Bundesamt im Januar diese Hoffnungen zerstoben: Damals wurde ein Quartalswachstum von rund ¼% qoq angekündigt. Entsprechend haben sich die Erwartungen in der letzten Umfrage nach unten geschraubt. Mit dem nun gemeldeten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 % qoq im vierten Quartal wurden diese getroffen (Bloomberg-Median: 0,3 % qoq, DekaBank: 0,3 % qoq). Bereinigt um die im Vorjahresvergleich fehlenden 1,2 Arbeitstage stieg die gesamtwirtschaftliche Produktion um 1,8 % yoy an.
2. Die heute veröffentlichten Daten sind lediglich eine Schnellschätzung. Details zu den Verwendungskomponenten werden erst am 26. Februar veröffentlicht. Dennoch lassen sich anhand der vorliegenden Konjunkturindikatoren einige Rückschlüsse auf die einzelnen Verwendungskomponenten ziehen.
3. Eine herbe Enttäuschung dürfte der private Konsum gewesen sein. Trotz einer guten Arbeitsmarkt- und einer zufrieden stellenden Lohnentwicklung kam es nicht zu der erhofften Fortsetzung der guten Entwicklung des zweiten und dritten Quartals; stattdessen sanken die privaten Konsumausgaben merklich. Die wesentliche Ursache hierfür dürfte die schwache Realeinkommensentwicklung gewesen sein, denn das Plus bei den verfügbaren Einkommen wurde von der aufflammenden Inflation aufgezehrt. Schlimmer noch: Nicht nur dass die Einkommen real sanken, gefühlt war der Einkommensverlust noch größer. Aufgrund der starken Preisanstiege im Bereich der Nahrungsmittel und der Kraftstoffe fiel nämlich die gefühlte Inflation im vierten Quartal mit 8,3 % yoy fast drei Mal so hoch wie die amtlich gemessene aus. Gemessen am Rückgang des Einzelhandelsumsatzes um 2,8% qoq fällt der von uns erwartete Rückgang des privaten Konsums um 0,5% qoq noch recht bescheiden aus.
4. Die Ausrüstungsinvestitionen konnten in einer Art Endspurt noch einmal zulegen. Mit dem Jahreswechsel entfiel nämlich die Möglichkeit, Investitionen beschleunigt abzuschreiben. Die Unternehmen nutzten ein letztes Mal diese Möglichkeit, indem sie Investitionsprojekte noch im Schlussquartal realisierten. In Italien führte 2002 eine ebenso zeitlich befristete Steuerbegünstigung (Lex Tremonti) zu massiven Vorzieheffekten in den beiden Quartalen vor dem Auslaufen dieser Regelung. In Deutschland hingegen wurde die Investitionstätigkeit über einen sehr viel längeren Zeitraum gestützt, da die befristete Maßnahme in einen Investitionsaufschwung fiel. Perspektivisch dürfte ähnlich wie bei der Mehrwertsteuererhöhung 2007 auf den Rausch der Kater folgen: Was an Investitionsvorhaben in die Jahre 2006/07 vorgezogen wurde fehlt an Nachfrage im Jahr 2008.
5. Die Bauinvestitionen gaben im Schlussquartal 2007 nach. Die Schuld hierfür trugen den bis November vorliegenden Umsatzzahlen zufolge der Wohnungsbau und der gewerbliche Bau. Immerhin stiegen die Umsätze im öffentlichen Bau dank sprudelnder Steuereinnahmen. Die Perspektiven für die nahe Zukunft sind positiv. Dank der guten Steuereinnahmen legten die Auftragseingänge im Tiefbau bis November um 20,2 % qoq und die Baugenehmigungen im öffentlichen Bau um 14,3 % qoq zu.
6. Das Exportwachstum kühlte sich vor dem Hintergrund der schwächeren Konjunktur in den USA – die Ausfuhr dorthin sank bis November um 3,8% qoq – und der Euroaufwertung ab, blieb aber positiv. Dennoch lieferte der Außenbeitrag im vierten Quartal 2007 anders als im Quartal zuvor einen positiven Wachstumsbeitrag. Dies ist den rückläufigen Importen zu verdanken.
7. Die Vorratsinvestitionen schließlich dürften ebenfalls als Wachstumsbremse fungiert haben.
8. Für das erste Halbjahr 2008 sehen wir nur wenige positive Impulse. Der private Konsum dürfte zunächst noch schwach bleiben, die Ausrüstungsinvestitionen durch die vorgezogenen Anschaffungen belastet sein und die Exporte unter der US-Konjunkturschwäche und Eurostärke leiden. Für eine positive Überraschung könnten allein die Bauinvestitionen sorgen, die aufgrund des Auftragspolsters und der bislang günstigen Witterungsverhältnisse eine nicht saisonübliche Schubkraft entfalten könnten. In diesem Szenario darf eines nicht passieren: eine US-Rezession. Denn der Abstand zur Nulllinie ist jetzt schon ziemlich knapp.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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