Kommentar
11:21 Uhr, 22.03.2018

Böse Überraschung droht in den USA

Die USA treten derzeit sehr selbstbewusst auf. Ein Grund ist sicherlich die robuste Wirtschaft. Es deutet sich allerdings eine herbe Enttäuschung an.

Die USA strotzen derzeit nur so vor Selbstbewusstsein. Bescheidenheit war zwar noch nie eine Tugend, die man im Übermaß in Washington finden konnte, doch der aktuelle Höhenflug ist erwähnenswert. Er fußt unter anderem auf einer starken Wirtschaft.

Die US-Wirtschaft konnte 2017 um 2,5 % zulegen. Dabei lag das Quartalswachstum im zweiten und dritten Quartal annualisiert bei mehr als 3 %. Gegen Jahresende waren es immerhin noch knapp 3 %. 3 % ist die magische Marke, die die Administration gerne überschreiten möchte.

Im Gesamtjahr 2017 hat es dafür nicht gereicht. Die Beschleunigung zu Jahresmitte gab aber viel Hoffnung, dass es 2018 gelingen wird. Viele Politiker hatten an dem positiven Trend so viel Freude, dass sie vor Stolz beinahe platzten. Zu Jahresbeginn verwiesenen mehrere Regierungsmittglieder auf die Wachstumsvorhersage der regionalen Notenbank von Atlanta.

Das Modell sagte zum Monatswechsel Januar/Februar eine Wachstumsrate von 5,5 % im ersten Quartal 2018 voraus. Dieser hohe Wert wurde sofort aufgegriffen und als gegeben angenommen. Wie es mit Vorhersagen so ist, treffen sie selten ein. Auch diesmal wird das so sein.

Seit dem Höhenflug Ende Januar kennt das Modell nur eine Richtung (siehe Grafik). Von 5,5 % Wachstum ist keine Rede mehr. Inzwischen werden nur noch 1,8 % vorhergesagt. Das ist weniger als die Hälfte. Der Grund für die Revisionen nach unten waren Wirtschaftsdaten.

Das Modell hat zu Beginn eines Quartals nur ganz wenige Datenpunkte, um eine Vorhersage zu machen. Je mehr Daten verfügbar werden, desto robuster wird die Vorhersage. Seit Januar sind die Daten schlechter geworden. In der Folge sinkt auch das prognostizierte Wachstum.

Nicht ganz so dramatisch bewegt sich die Vorhersage des Modells der New Yorker Notenbank nach unten. Aber auch hier ist der Trend klar. Die Modelle unterscheiden sich vor allem in den Datenquellen. Das New Yorker Modell beruht stärker auf dem Sentiment. Das Atlanta Modell fokussiert sich mehr auf greifbare Wirtschaftsdaten.

Bis zum Quartalsende ist noch etwas Zeit und bis das Wirtschaftswachstum tatsächlich veröffentlicht wird, vergehen noch sechs Wochen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass das Wachstum niedrig ausfallen wird. Von 3 % oder sogar mehr als 5 % wird nicht die Rede sein. Es braucht vielmehr Glück, um die Marke von 2 % zu überschreiten. Washington wird dadurch zweifelsohne einen Dämpfer erhalten. Die Gretchenfrage ist: Wie geht es damit um?

Es gibt zwei Möglichkeiten. Erkennt die Administration, dass die Wirtschaft doch fragiler ist als gedacht, könnte Vernunft einkehren und eine Konfrontation in der Handelspolitik ausbleiben. Eine Konfrontation würde die US-Wirtschaft vermutlich überstehen, wenn sie tatsächlich sehr stark wäre und mit 3 % oder 4 % wachsen würde. Bei Wachstumsraten von 1,5-2 % muss man aufpassen, dass eine Konfrontation nicht in die Rezession führt.

Es könnte aber auch genauso gut in die andere Richtung gehen. Frustriert über das magere Wachstum wird erst recht auf Konfrontation gesetzt, weil der Irrglaube besteht, dass dies das Wachstum beschleunigen wird. Die Enttäuschung wird kommen. Wir dürfen gespannt sein, welche Lehre daraus gezogen wird.

Clemens Schmale

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6 Kommentare

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  • Newton1642
    Newton1642

    Wie oft schrieben german2 und ich - ich weiss, Eigenlob stinkt, aber es geht um makroökonomisches Know How und die überwiegende Mehrheit der Volkswirte und sonstigen Analysten haben keines - in den letzten Monaten, dass es mit der Realwirtschaft in den USA und China deutlich bergab gehen würde, da die harten und relativ validen Makrodaten eine andere Sprache sprechen als die anderen Aggregate.

    Noch sind wir zwar nicht soweit, aber Ende April/Anfang Mai wird es deutlich werden, wohin die Reise mit der Realwirtschaft gehen wird. Die Finanzmärkte können und werden diese Reise noch erheblich verstärken.

    Meine Prognose, die ich erstmalig Ende 2016 traf, basierte und basiert im Übrigen vollständig auf den täglichen und ungefilterten Makro- und Wirtschaftsdaten im Guidants Newsticker und zwar auf den relativ harten und validen Makrodaten!

    Und selbstverständlich spielen makroökonomische Zusammenhänge und das Wissen, wie Makrodaten überhaupt erhoben werden eine sehr große Rolle für deren richtige Interpretation, inwieweit sie überhaupt die ökonomische Realität abbilden!

    21:11 Uhr, 22.03. 2018
  • Bigdogg
    Bigdogg

    die Zahlen sind doch völliger Humbug......

    18:46 Uhr, 22.03. 2018
  • Löwe30
    Löwe30

    Die Erfahrung lehrt mich: Frustriert über das magere Wachstum wird erst recht auf Konfrontation gesetzt, weil der Irrglaube besteht, dass dies das Wachstum beschleunigen wird. Denn die Dummheit der Politik ist unbegrenzt.

    13:01 Uhr, 22.03. 2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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