Kommentar
09:17 Uhr, 13.06.2006

Blütenweiße Weste

Im aktuellen Umfeld rückt natürlich auch das Thema „Marktneutrale Strategie“ wieder vermehrt in den Vordergrund. Letztmals hatten wir in unserer Schwerpunkt-Story in ZertifikateJournal 10/06 ausführlich dazu Stellung genommen. Gleichzeitig hatten wir damals das vom ZertifikateJournal-Team mitentwickelte „ML Europe 1 Vorsprungs“-Zertifikat (ISIN AN N56 33U 722 1) vorgestellt. Kernpunkt des Zertifikats ist der von Merrill Lynch aktiv gemanagte „Merrill Lynch Europe 1“-Index, der im Wettstreit mit den EURO STOXX 50 steht. Beim Merrill-Index fließt die international anerkannte Research-Arbeit der Analysten ein. Deren Know-how sorgte in den letzten Jahren für eine deutliche Outperformance gegenüber dem EURO STOXX 50, wie wir bereits in ZertifikateJournal 10/06 ausführlich aufzeigten.

Trotz des marktneutralen Ansatzes musste das Zertifikat seit Emission bislang ein Minus von rund 3,5 Prozent hinnehmen. Die Entwicklung des Zertifikats verdeutlicht, dass auch eine klassische „Alpha“-Strategie nicht als Garantie oder Versprechen missverstanden werden darf, die an jedem Tag kontinuierlich Geld verdient – dann hätte man es mit einer Art börslichem Perpetuum Mobile zu tun, das es schlichtweg nicht geben kann. Unsere Rückrechnungen beruhen daher nicht auf kurzen Zeiträumen von wenigen Wochen. Die Strategie zeigt ihre Stärke vielmehr im Verlauf der verschiedenen Börsenphasen. Sichtbar wird dies beispielsweise in der Seitwärtsbewegung der Märkte vom Dezember 2003 bis August 2004, als der EURO STOXX 50 gerade einmal ein Plus von rund zwei Prozent erzielte. Die Merrill Lynch-Allokation schaffte hingegen ein Plus von zehn Prozent.

Dabei ging die Strategie sowohl in langen Baisse-Phasen, beispielsweise ab März 2000, als auch in der kräftigen Erholungsphase, wie ab dem Spätsommer 2004, auf. Daher wurde bei der Konstruktion des Zertifikats auch auf eine entsprechend lange Laufzeit von vier Jahren geachtet. Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass die Strategie in diesem Zeitraum ordentliche Renditen abwerfen wird. Die aktuelle Schwächephase kann dabei ein guter Einstiegszeitpunkt sein. Merrill Lynch hat jedoch inzwischen nachgelegt und ein neues Produkt entwickelt, welches den selben Ansatz mit dem „Outperformance Express“-Mechanismus verbindet. Beim neuen „Alpha Express“-Zertifikat auf den „ML Europe 1“-Index kommt es jedoch zu einem Duell zwischen der Merrill-Strategie und dem DAX. Sofern sich der ML-Index nach 13 Monaten besser entwickelt hat als das deutsche Börsenbarometer, kommt es zu einer vorzeitigen Rückzahlung.

Anleger erhalten dann die prozentuale Outperformance als Gutschrift, mindestens jedoch 107 Prozent des Nennwertes. Bei einem Ausgabepreis von 101,00 Euro (inklusive ein Prozent Agio) und einer Rückzahlung zu 107,00 Euro entspricht dies einer Rendite von 5,9 Prozent oder 5,5 Prozent p.a. Bei den bislang am Markt vorhandenen „Outperformance Express“-Zertifikaten ist der Rückzahlungsbetrag vorab festgelegt. Nicht so beim Neuling, hier kann es erstmals sogar deutlich mehr werden. Sofern die prozentuale Outperformance höher ist als der Mindestrückzahlungsbetrag, sind Sie daran vollständig beteiligt. Dabei gilt es zu beachten, dass der Wettkampf diesmal gegen den DAX läuft, der als Performance-Index die Dividenden anrechnet. Dies erschwert die Outperformance, da auch die Dividendenrendite von rund zwei Prozent aufgeholt werden muss.

Gelingt die vorzeitige Tilgung am ersten Stichtag im Juli 2007 nicht, bestehen in den Folgejahren drei weitere Chancen auf eine frühzeitige Rückzahlung. Die Beträge erhöhen sich dann auf 114, 121 oder 128 Prozent des Nennwertes. Läuft der „ML Europe 1“-Index tatsächlich vier Jahre lang schlechter als der DAX, wird am Laufzeitende die prozentuale Underperformance vom Nennwert in Abzug gebracht. Ein Blick auf die historische Rückrechnung von Merrill Lynch zeigt jedoch ein beeindruckendes Ergebnis: Im Zeitraum von Oktober 2000 bis Mitte Mai 2006 wäre es tatsächlich an jedem möglichen Starttermin zu einer vorzeitigen Rückzahlung nach 13 Monaten gekommen. Dabei hätten Anleger, aufgrund der unbegrenzten Partizipation an der Outperformance durchschnittlich 118,20 Prozent des Nennwertes ausbezahlt bekommen. Beeindruckende Zahlen, die jedoch keine Garantie für eine ähnliche Entwicklung in den kommenden 13 Monaten sind. Trotzdem können Anleger, die noch nicht bei „ML Europe 1 Vorsprungs“-Zertifikat investiert sind, beim ersten „Alpha“-Produkt, welches auf eine vorzeitige Rückzahlung abzielt, zugreifen. Eine Anlage in beiden Produkten macht jedoch keinen Sinn, da sie auf einer identischen Strategie basieren. Denn auch hier sollte der Diversifikationsaspekt im Mittelpunkt stehen.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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