Kommentar
09:30 Uhr, 19.11.2018

Black Friday: Am Konsumwahnsinn verdienen

Mit dem „Black Friday“ beginnt für den US-Handel die lukrativste Zeit des Jahres. Vor allem Amazon darf auf gute Geschäfte hoffen. Es winken neue Umsatzrekorde. Aber selbst die sind nichts im Vergleich zu den chinesischen Verhältnissen.

Erwähnte Instrumente

In den USA wird traditionell am vierten Donnerstag im November Thanksgiving gefeiert. Den darauf folgenden Freitag nehmen sich die Amerikaner gerne frei, um in aller Ruhe die ersten Weihnachtsbesorgungen zu erledigen. Der US-Handel, um Einfälle ohnehin nie verlegen, hat sich dieses Verhalten zunutze gemacht, um die Konsumlaune mit großen Rabatt-, Discount- und Schnäppchenaktionen noch weiter anzuheizen. Dieser Tag wird als Black Friday bezeichnet. Mit ihm startet der US-Handel in diesem Jahr am 23. November in die sogenannte Holiday-Season, womit die Feiertagssaison bis zu Beginn des neuen Jahres gemeint ist. Und sie verspricht neue Rekorde. Denn aufgrund der historisch niedrigen Arbeitslosigkeit, der starken Verfassung der US-Wirtschaft, der guten Konsumstimmung sowie dem Steuersenkungspaket von US-Präsident Donald Trump dürfte bei den Amerikanern der Geldbeutel in diesem Jahr besonders locker sitzen.

Amazon dominiert Online-Handel

Die Marktforschungsgesellschaft eMarketer geht davon aus, dass die Umsätze in der diesjährigen Feiertagssaison gegenüber dem Vorjahr um knapp sechs Prozent zulegen werden. Erstmals, so eMarketer, dürfte dabei die Marke von einer Billion US- Dollar geknackt werden. Damit würden jenseits des Atlantiks allein in den letzten sechs Wochen des Jahres fast 20 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes erzielt. Vor allem die Online-Händler dürfen sich die Hände reiben. Einer Umfrage der Beratungsgesellschaft McKinsey zufolge plant fast jeder zweite US-Amerikaner während der diesjährigen Holiday-Season noch häufiger als bisher über das Internet auf Shopping-Tour zu gehen. Bei Amazon wird man das besonders gerne hören. Eine Analyse der Research-Firma GHB Insights kommt zu dem verblüffenden Ergebnis, dass zwischen 45 und 50 Prozent der in den USA erzielten Online-Umsätze am Black Friday auf den Internet-Pionier entfallen.

Hohe Bewertungen bergen Risiken

Aber auch für die großen US-Handelsketten wie Walmart, Home Depot, Costco oder TJX ist der Black Friday ein Riesengeschäft. Das Problem aus Anlegersicht ist, dass die Erwartungen an der Börse entsprechend hoch sind. Das zeigt ein Blick auf die Bewertungen. So notiert das Branchenbarometer STOXX USA 900 Retail Index auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne aktuell mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 28,7. Zum Vergleich: der Gesamtmarkt in Gestalt des S&P 500 kommt lediglich auf ein KGV von 18,6. Der hohe Bewertungsaufschlag scheint mittlerweile zahlreichen Börsianern nicht mehr geheuer zu sein. So ist der Sektor in den vergangenen Wochen zum Teil deutlich unter Druck geraten. Auch Analysten sehen die Branche zunehmend kritisch. Zumindest sind die Kaufempfehlungen in der jüngeren Vergangenheit weniger geworden. Eine Ausnahme stellt die Baumarktkette Home Depot dar. Wie aktuelle Daten der Nachrichtenagentur Reuters zeigen, stufen 26 von 35 Experten die Aktie mit „Kaufen“ oder „Outperform“ ein. Nur Amazon weist mit 45 Kauf- beziehungsweise Outperform-Beurteilungen eine noch bessere Quote auf.

Tag der Superlative in China

Seit einigen Jahren ist der Black Friday auch in Deutschland angekommen. Wie eine Umfrage der Shopping- und Vergleichsplattform idealo ergeben hat, will jeder Dritte Bundesbürger an diesem Tag auf Schnäppchenjagd gehen und plant dafür im Schnitt rund 300 Euro ein. Wem US-Titel zu teuer sind, findet daher auch z.B. in der deutschen Elektromarktkette Ceconomy (Media Markt und Saturn) eine vergleichsweise günstige Alternative. Und noch ein Unternehmen sollten Anleger auf dem Radar haben: Alibaba. Was für Amazon der Black Friday ist, ist für den nicht weniger findigen chinesischen Rivalen der „Singles Day“. Der Event fand – wie immer – am 11. November statt und entpuppte sich für Alibaba auch dieses Jahr wieder als Gelddruckmaschine. Wie das Unternehmen berichtet, wurden am diesjährigen Singles Day schon in der ersten Stunde 69 Milliarden Yuan umgesetzt. Das sind umgerechnet fast zehn Milliarden US-Dollar. Und bereits nach 16 Stunden war mit Einnahmen von 169 Milliarden Yen der Rekord aus dem Vorjahr gebrochen. In der US-Währung gerechnet, sind das 24,2 Milliarden Dollar. Das ist mehr als das Doppelte, was der gesamte US-Online-Handel nach Angaben von Bloomberg im vergangenen Jahr in der Zeit vom Black Friday bis zum darauffolgenden Montag, dem Cyber Monday, eingenommen hat.

Anleger sollten Asien und insbesondere China also auch auf ihrer „Karte“ haben. Wer an möglichen kurzfristigen Effekten rund um „Black Friday“ und „Cyber Monday“ partizipieren möchte, kann dafür Turbos und Optionsscheine nutzen. Wer mittel- und langfristig an steigende Umsätze und damit einhergehend Kurszuwächse der (online) Retailer glaubt, für den könnten Discounter sowie Bonus- und Index-Zertifikate auf seine präferierten Werte in Frage kommen.


Autor: Dirk Heß, Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei Citigroup Global Markets Europe AG

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Über den Experten

Dirk Heß
Dirk Heß
Co-Head EMEA Public Listed Products Sales & Distribution bei Citigroup Global Markets Europe

Dirk Heß, Finanzexperte der Citigroup, schreibt zu aktuellen Markt- und Derivate-Themen. Als Co-Head EMEA Warrant Sales & Distribution bei der Citi besitzt er langjährige Expertise in allen Fragen rund um Börse und Investments. In seinem regelmäßigen Kommentar gibt Dirk Heß fundiertes Fachwissen weiter. Die Citigroup ist seit dem Jahr 1989 als Emittent von strukturierten Produkten permanent am deutschen Markt vertreten und feiert 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum.

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