Kommentar
11:16 Uhr, 26.02.2008

BIP - Konsumschwäche immer noch ungebrochen

1. Die Ergebnisse der Schnellschätzung für das vierte Quartal 2007 wurden heute bestätigt. Danach nahm das deutsche Bruttoinlandsprodukt zum Jahresende 2007 nur noch mit 0,3 % qoq zu. Gleichzeitig wurden die Details zum Bruttoinlandsprodukt veröffentlicht.

2. Der private Konsum war im vierten Quartal noch schwächer als erwartet (-0,8 % qoq). Mit Ausnahme des Quartals der massiven Mehrwertsteuererhöhung im Jahr 2007 muss man schon bis in das Schlussquartal 2001, dem Quartal nach den schockierenden Attentaten in den USA, zurückgehen, um ein schwächeres Konsumwachstum auszumachen. Auf den ersten Blick ist die Konsumschwäche erstaunlich, nahmen doch die verfügbaren Einkommen um 1,0 % qoq zu. Schuld hat zum einen die Inflation, die im vierten Quartal merklich anzog und das Realeinkommenswachstum nahe an die Nulllinie brachte. Hinzu kam das Gefühl, dass die Preissteigerungen deutlich höher waren. Während die Inflation im vierten Quartal um 2,8 % zunahm, stieg die gefühlte Inflation um knapp 8 % an. Damit fühlten die Haushalte sogar Realeinkommenseinbußen. Zum anderen deutet der dramatische Anstieg der Sparquote auf eine massive Verunsicherung der Haushalte hin. Lieber jetzt einen Euro zur Seite legen, falls es schlechter kommt, war die Devise.

In der nahen Zukunft bleiben die Belastungen für den Konsum hoch. Die Inflationsrate verharrt im ersten Quartal auf dem hohen Niveau des Schlussquartals 2007 und gibt erst im weiteren Jahresverlauf nach. Hinzu kommt im ersten Halbjahr die Verunsicherung, die von den Finanzmarktturbulenzen ausgeht – angefangen bei den Verlusten am Aktienmarkt bis hin zu den Konjunktursorgen. Im weiteren Verlauf des Jahres weichen diese Belastungen und es treten die robuste Arbeitsmarktentwicklung sowie die merklichen Lohnsteigerungen in den Vordergrund. Gewappnet mit einer besser gefüllten Geldbörse, können die Haushalte dann im zweiten Halbjahr wieder befreiter auf Einkaufstour gehen.

3. Die Bauinvestitionen gingen im vierten Quartal 2007 um 1,1 % qoq zurück. Gemessen am Umsatz waren dafür der Wohnungsbau und der gewerbliche Bau verantwortlich, während der öffentliche Bau dank gut gefüllter Staatskassen zulegen konnte. Für das erste Quartal ist hier mit einer besseren Entwicklung zu rechnen. Die Auftragseingänge legten im Schlussquartal 2007 um 8 % qoq zu, was in erster Linie dem öffentlichen Tiefbau (+15,7 % qoq) zuzuschreiben ist. Die Kommunen, die Hauptträger der öffentlichen Bauinvestitionen, neigen zu einem prozyklischen Ausgabeverhalten, d.h.: Ist Geld in den Kassen – und das ist es –, wird es auch ausgegeben. Hierbei dürfte die wieder einmal milde Witterung für ein schneller als saisonübliches Abarbeiten der Aufträge und damit zu einem zusätzlichen Stimulus führen.

4. Der stärkste positive Wachstumsbeitrag kam einmal mehr vom Außenbeitrag (0,7 %-Punkte). Dies lag allerdings weniger an einer überschäumenden Exportentwicklung, diese konnten im vierten Quartal um 1,3 % qoq zulegen, als vielmehr an schwachen Importen, die im vierten Quartal um 0,2 % qoq sanken. Das langsamere Anziehen des Konsums und das geringere Exportwachstum trugen hierzu bei. Zwar ist das prinzipiell ein Zeichen einer schwachen Nachfrageentwicklung und damit negativ zu bewerten, doch rechnerisch bedeutet eine im Vergleich zur Exportentwicklung merklich schlechtere Importentwicklung einen Wachstumsimpuls.

Perspektivisch bleibt der Druck auf die Exporte zunächst hoch. So zeigt das ifo Weltwirtschaftsklima steil nach unten und legt ein geringeres Nachfragewachstum nach deutschen Exportgütern nahe. Der unverändert starke Euro tut sein Übriges. Mit jedem Monat, den der Euro auf diesem hohen Niveau bleibt, wird der Druck auf die Exporteure höher, die Ausfuhrpreise zu erhöhen. Denn auf lange Sicht lassen sich die währungsbedingt geringeren Exportmargen nicht durchhalten. Die Importe werden im kommenden Jahr wieder stärker zulegen, wozu die konjunkturelle Erholung und der starke Euro beitragen.

5. Die Ausrüstungsinvestitionen legten zum Jahresende 2007 nochmals um 3,4 % qoq zu. Das war der letzte Schub, der von der zum Jahresende abgeschafften Möglichkeit ausging, Investitionen beschleunigt (degressiv) abzuschreiben. Es lohnte sich, vor der Abschaffung zu investieren und somit noch in den Genuss dieser steuerlich günstigeren Regelung zu kommen.

Für den Start in das Jahr 2008 bedeuten diese vorgezogenen Investitionsprojekte zunächst einmal einen Dämpfer. Was im vergangenen Jahr an Investitionen getätigt wurde, fehlt in diesem Jahr. Für die weitere Entwicklung der Investitionen ist die Risikoeinschätzung der Unternehmen maßgeblich. Derzeit zeigen sie sich immer noch zuversichtlich, dass die Wachstumsverlangsamung ein vorübergehendes Phänomen ist. Daher ist über die Folgen der vorgezogenen Investitionen hinaus mit einem weiteren Investitionswachstum zu rechnen. Der Investitionshöhepunkt liegt aber dennoch hinter uns. Darauf deuten die in Umfragen geäußerten Investitionsabsichten der Unternehmen hin.

6. Das Wachstum nähert sich im ersten Halbjahr gefährlich nahe der Nulllinie! Dennoch bleiben die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Wachstumskurses im zweiten Halbjahr gut. Die Unternehmen reagieren in den Umfragen immer noch vergleichsweise gelassen auf die aktuellen Entwicklungen und zeigen, dass sie nur mit vorübergehenden Problemen rechnen. Ihre Einstellungsbereitschaft ist immer noch hoch, sodass die Vorzeichen für eine binnenwirtschaftliche Unterfütterung der Konjunktur im zweiten Halbjahr gut stehen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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