Fundamentale Nachricht
10:28 Uhr, 04.03.2016

Bill Gross: Die Unwirksamkeit der Niedrigzinspolitik ist erwiesen

Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass die positiven Vermögenseffekte durch die niedrigen Zinsen auf die reale Wirtschaft überspringen.

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Die großen Notenbanken unterliegen weiterhin dem Glauben, dass es einen Zinssatz gibt, der so niedrig ist, dass die dadurch ausgelösten positiven Vermögenseffekte an den Finanzmärkten früher oder später auf die reale Wirtschaft überspringen. Nach Meinung von Starinvestor Bill Gross gibt es bislang jedoch keine validen Anzeichen dafür, dass diese Annahme stimmt.

„Ich habe lange gegen diese Logik argumentiert und will die negativen Aspekte ultra-niedriger Zinsen und der auf diese Weise ausgeübte finanzielle Repression nicht alle wiederholen“, schreibt der Fondsmanager und Anlagestratege von Janus Capital in einem Investmentausblick und ergänzt: „Ich will an dieser Stelle einfach nur die Frage stellen: Wie erfolgreich waren die Notenbanken bislang damit?“ Gross stellt in diesem Zusammenhang die zusätzliche Frage, warum die japanische Volkswirtschaft nach mehreren Jahrzehnten, in denen der Zinssatz faktisch bei null Prozent lag, immer noch nicht angesprungen ist. Und warum die US-Wirtschaft nur um durchschnittlich zwei Prozent seit dem Ende der ausgeprägten Rezession in Folge der Finanzkrise gewachsen ist. „Wie läuft es bis jetzt? - das wäre eine logische, auf eine knappe Zusammenfassung ausgerichtete Frage. Die Antwort würde dann beschreiben, dass die niedrigen Zinsen unfähig sind, ein akzeptables Wirtschaftswachstum, wo auch immer in der Welt, zu erzeugen“, bringt Gross seine kritische Haltung auf den Punkt.

Seiner Meinung nach tragen die Notenbanker aufgrund ihrer Herkunft eine Art genetischen Code mit sich, der bisher im Mittelpunkt jedes strategischen Wechsels ihrer Geldpolitik stand. Er sei durch die Beobachtung ergänzt worden, dass höhere kurzfristige Zinsen das Wirtschaftswachstum bremsen und die Inflation zügeln und dass niedrige (oder negative) Sätze dementsprechend genau das Gegenteil erreichen.

„Vor einigen Monaten hatten die Märkte EZB-Chef Mario Draghi das Bekenntnis abgenommen, dass er den Euro "ohne Einschränkungen" verteidigen und die Zinsen senken werde, um die Wirtschaft in Euroland anzuschieben - so als wäre er ein zweifacher Pokerweltmeister“, kritisiert der Janus-Experte. „Dann hat vor einigen Wochen die Fed ihre Leitzinsen um 25 Basispunkt gut begründet erhöht und wenige Tage später beschließt das geldpolitische Komitee der Bank von Japan in einer knappen Abstimmung das schwarze Loch der negativen Zinssätze zu betreten, so wie das zuvor schon die Europäische Zentralbank und drei weitere europäische Notenbanken getan haben! Fakt ist, dass die globalen Märkte und einzelne Volkswirtschaften mehr und mehr benebelt und die Zustände dort verzerrt sind.“ Für diese These führt Gross eine Reihe von aktuellen Beispielen an. So befinde sich etwa Brasilien in einer tiefen Rezession und habe dennoch hohe reale Zinssätze, um die negativen Effekte des schwachen Wachstums der Weltwirtschaft und die Abwertung des Real zu bekämpfen. „Kein Land kann sich über längere Zeit zu sechs oder sieben Prozent verschulden und gleichzeitig ein negatives Wachstum haben. Das ist ein sicheres Todesurteil.“

Kaum besser sieht es Gross zufolge in Japan aus, dessen Verschuldung mittlerweile bei 260 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegt. „Technisch gesehen wird Japan wahrscheinlich nicht pleite gehen, aber jeder private Investor sollte dem Reiz widerstehen, eine Wette auf die am stärksten überalterte Volkswirtschaft der Welt einzugehen“, empfiehlt Gross. „Ich bin versucht zu sagen: Wo Japan hingeht, werden wir alle landen - aber nein, das würde einfach zu depressiv klingen.“

Die USA schließlich scheinen aufgrund der Binnenorientierung ihrer Volkswirtschaft unempfindlich gegenüber diesen verzerrten Entwicklungen. Doch mittlerweile haben auch US-Notenbanker Zweifel daran, ob alles so gut läuft, wie es derzeit den Anschein hat. „Wir brauchen etwas Zeit, um zu verstehen, was derzeit vor sich geht“, hat Robert Steven Kaplan, der Chef der Notenbank von Dallas, anlässlich der Tatsache gesagt, dass die Fed derzeit nicht abschätzen kann, ob die ökonomischen Risiken im Gleichgewicht sind. Sehe ich da einen Schatten aus dem Jahr 2007?“, fragt Gross. „Die privaten Haushalte haben sich zwar seit der Finanzkrise entschuldet, aber der Unternehmenssektor hat das nie wirklich getan. Wenn nun die Renditen von Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen um 200 bis 1.000 Basispunkte gestiegen sind - was sagt das über kommende Umschuldungen, Unternehmenserträge und Solvenz in vielen rohstoffabhängigen Bereichen?“ Dementsprechend pessimistisch fällt der Ausblick von Gross aus. „Was ich weiß, ist, dass sich unsere finanz-basierte Weltwirtschaft in einem Übergangsprozess befindet, der von der Unfähigkeit einer auf niedrige oder negative Zinsen fokussierten Geldpolitik bestimmt ist“, sagt Gross und empfiehlt Investoren: „Halten Sie sich von Risiken fern und legen Sie ihr Geld in sicheren, einfachen und leicht verständlichen Anlageformen an.“

5 Kommentare

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  • Investor
    Investor

    Wie soll in einer Welt der Überangebotes sinkende Zinsen mehr Konsum erzeugen? Dies würde nur funktionieren, wenn die Konsumenten sich wie vor der Immokrise in den USA verschulden würde.

    Bei einem Überangebot können die Investionen nur durch eine steigende Nachfrage gesteigert werden. Die Nachfrage hängt am Einkommen der unteren 40% Einkommensempfänger, deren Lohnsteigerung sofort in den Konsum fliesst. Die Flüchtlinge helfen hier in D aber nicht in den südeurop. Ländern.

    Es wäre schon überraschend wenn Mario dies nicht wüsste. Aber die niedrigen Zinsen helfen diesen Ländern bei rückläufigen Steuereinnahmen ihre Schulden zu tragen. De facto werden so ca 1,2b Euro aus dt Rücklagen in den Süden transferriert ohne daß die dt Regierung ihre Schwarze Null aufgeben müsste. Leider sinken dafür die Renten aber dies ist ein Thema für weitere Wettbewerbsfähigkeit

    14:42 Uhr, 04.03.2016
  • whynot
    whynot

    Positive Vermögenseffekte hat es schon gegeben, bei dem smart Money der 1%. Das kann aber dann logischerweise nicht zu einem breiten Masseneffekt führen. Daher führte auch die massive künstliche Liquidität nicht zu einer breiten Inflation. Luxusimmobilien und Yachten dürften teurer geworden sein, aber die sind in dem Warenkorb zur Ermittlung der Inflation wohl auch nicht enthalten.

    11:29 Uhr, 04.03.2016