Analyse
21:45 Uhr, 03.03.2009

Bildung USA vs Bildung Deutschland

Externe Quelle: Deutsche Bank Research

Bildungsausgaben in den Konjunkturprogrammen der USA und Deutschland im Vergleich

Anreize für kluge Köpfe der „Generation Obama“ jenseits — die überfällige Arbeit an den Fundamenten der „Bildungsrepublik Deutschland“ diesseits des Atlantiks.

Die Konjunkturpakete sind geschnürt. Präsident Obama und die Bundesregierung haben zumindest in Teilen Wort gehalten: In den nächsten zwei bis drei Jahren werden in Deutschland rund 8,9 Mrd. Euro in Bildung und Weiterbildung investiert, in den USA um die 97,7 Mrd. Euro. Doch bei einem Vergleich der Ausgabenbereiche in den Konjunkturpaketen der Vereinigten Staaten und Deutschlands offenbaren sich unterschiedliche Verständnisse von Bildung.

Hochkonjunktur für das Thema Bildung…

Die Konjunkturpakete sind geschnürt. Der neue Präsident Barack Obama und die Bundesregierung haben zumindest in Teilen Wort gehalten: Sie haben Investitionen in Bildung zu einem Schwerpunkt ihrer Konjunkturpakete gemacht. In den nächsten zwei bis drei Jahren werden in Deutschland rund 8,9 Mrd. Euro in Bildung und Weiterbildung investiert, in den USA um die 97,7 Mrd. Euro (ca. 140 Mrd. $, inkl. 24,8 Mrd. $ Anleihen für den Schulbau, vgl. Grafik 1).

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Ist der Regierung der Vereinigten Staaten Bildung mehr wert, als der deutschen Bundesregierung, wie es auf den ersten Blick scheint? In welche Bildungsbereiche wird in Deutschland und den USA eigentlich Geld investiert? Welche Prioritäten werden gesetzt?

Der Vergleich von Bildungsausgaben in den Vereinigten Staaten und Deutschland ist ein schwieriges Unterfangen. Schließlich handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche Bildungssysteme: Unterschiedliche Traditionen und Auffassungen von Bildung und Bildungspolitik herrschen vor*. Unterschiedliche Prioritäten werden in der Bildungspolitik gesetzt. Dies schlägt sich auch in den aktuellen Konjunkturpaketen nieder.

In den USA: Hohe Investitionen in Köpfe – Konkrete Anreize für die Generation Obama

Die Vereinigten Staaten und Präsident Obama stellen in der Ausgestaltung ihres Konjunkturpakets den Einzelnen in seinem Streben nach Glück in den Mittelpunkt: Mehr Menschen, die lernen wollen, bessere Bildungschancen in den Vereinigten Staaten zu bieten, den amerikanischen Traum wieder lebbar zu machen – das war Obamas Versprechen mit dem er eine Generation von Wählern begeistert. Die amerikanische Regierung lässt den Worten Taten folgen: (vgl. Grafik 2). Sie fördert mit 14 Mrd. $ die höhere Schulbildung von Menschen aus weniger vermögenden Schichten (Pell Grants & „American Opportunity Act“). Sie unterstützt die Bundesstaaten mit Steuermitteln, sofern diese zukunftsorientiert Bildungseinrichtungen weiter entwickeln. Sie fördert das Lernen der Jüngsten. Sie mobilisiert mehr Mittel für den Primär- und Sekundärbereich, damit weniger Kinder zurückbleiben. Sie unterstützt die Weiterentwicklung von sonderpädagogischen Lernangeboten für die weniger Begünstigten.

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Generell folgt die amerikanische Regierung dem Anreiz- und Leistungsprinzip: Sie unterstützt die Weiterentwicklung von Lerntechnologien und begünstigt die Begebung von Anleihen für den Ausbau von Schulen durch Anreize. Sie fördert Lehrer, die Leistung bringen wollen. Alle Maßnahmen werden auf Basis konkreter Indikatoren durchgeführt und zeitnah bewertet

In Deutschland: Investitionen hauptsächlich in Beton und Schulgebäude…

Auch in Deutschland tätigt die Bundesregierung lange überfällige Bildungsinvestitionen: Im Rahmen des Konjunkturpaketes II investiert sie 6,5 Mrd. Euro in den Ausbau von Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, Weiterbildungs- und Forschungseinrichtungen. Neben den infrastrukturorientierten Maßnahmen, werden in den nächsten zwei Jahren über zwei Mrd. Euro in die Weiterbildung investiert (in den Vereinigten Staaten um die 4 Mrd. $). So können die Fundamente für die viel beschworene Bildungsrepublik verstärkt werden. Wenngleich mangels konkreter Vorgaben nicht klar ist, was mit den Investitionen letztlich geschieht.

Unterschiedliche Verständnisse von Bildung diesseits und jenseits des großen Teichs

Bei einem Vergleich der Konjunkturpakete wird deutlich, dass die verantwortlichen Politiker diesseits und jenseits des Atlantiks mit dem Begriff Bildung scheinbar unterschiedliche Handlungsnotwendigkeiten verbinden. In den Vereinigten Staaten liegen die Prioritäten nicht nur auf der Sanierung von Schulgebäuden: Investitionen in kluge Köpfe, in Lernprozesse, in Lehrer und in den Progress, d.h. den (Lern-)Fortschritt jedes Einzelnen, der Fortschritt im Lerntechnologiebereich und Anreize für Bildungseinrichtungen sind ebenfalls wichtig (vgl. Grafik 2). In Deutschland hingegen wird das Hauptaugenmerk auf die Infrastruktur gelegt.

Fundamente und vor allem das lebenslange Lernen sind ohne Frage wichtig. Doch ohne höhere Investitionen in mehr Lernende und wohlüberlegte Anreize in verschiedenen Bereichen, ohne Investitionen in Lehrer und in umfassende, ganztägige Betreuungsangebote für Lernende; ohne Investitionen in neue Technologien zur Verbesserung von Lernprozessen können noch so energieeffiziente Lerngebäude und auch die Förderung der Weiterbildung nur geringe Wirkung entfalten.

Es steht zu hoffen, dass sich deutsche Bildungsverantwortliche zumindest in Teilen ein Beispiel am American Recovery Act und dessen Struktur der Bildungsinvestitionsbereiche nehmen. Es steht zu hoffen, dass deutsche Entscheidungsträger noch mehr Geld in Bildung investieren. Hoffentlich wird die Gelegenheit nicht vertan, mehr Menschen als bisher hierzulande Bildungschancen zu bieten, wie dies Obama in den Vereinigten Staaten vormacht. Die Prinzipien des „Yes, we can“ können vielleicht auch helfen, „Bildung Made in Germany“ weiterzuentwickeln.

Autoren: Dr. Ingo Rollwagen und Janine Hart

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