Kommentar
10:42 Uhr, 09.09.2019

Beschließt die EZB bereits diese Woche ein neues QE-Programm?

Der Countdown läuft. Schon am Donnerstag könnte uns ein neues QE-Programm geschenkt werden. Was bedeutet das für Anleger?

Noch vor der Sommerpause standen die Chancen auf ein neues Anleihekaufprogramm nicht schlecht. Mehrere Notenbanker äußerten sich relativ eindeutig. Sie wollen den Markt lieber positiv überraschen als negativ. Da die Erwartungen hoch sind, reicht eine kleine Zinssenkung nicht, um das zu bewerkstelligen.

Bereits zu Jahresbeginn wurde ein neues TLTRO (targeted long-term refinancing operation) Programm angekündigt. Dabei können sich Banken zu besonders günstigen Konditionen langfristig Geld bei der Zentralbank besorgen. Dieses Programm startet im September. Es ist also nicht so, dass im September gar nichts geschehen würde.

Das Programm wurde angekündigt, um den Markt zu Jahresbeginn zu beruhigen. Wie erfolgreich es umgesetzt wird, ist unerheblich. Wichtig war die Signalwirkung. Der Finanzmarkt hat sich danach wieder beruhigt. Dafür kühlte die Wirtschaft ab. Daher kamen Zinssenkungen ins Spiel. Diese müssen praktisch kommen. Anleger rechnen mit absoluter Sicherheit damit.

Wenn die Notenbank den Markt nun also wirklich positiv überraschen will, müssen wieder Anleihen gekauft werden. So einfach ist die Sache aber nicht. In den letzten Wochen haben sich immer mehr Notenbanker skeptisch geäußert. Ein neues QE-Programm wird also nicht einfach so durchgewinkt.

Man fragt sich auch wie viel Spielraum die EZB hat. Das bisherige QE-Programm ist immerhin das drittgrößte der Welt (Grafik 1). Über 2 Billionen USD an Anleihen wurden gekauft. 200 Mrd. USD kamen über Unternehmensanleihen hinzu. Über alle Kaufprogramme zusammen wurden 2,5 Billionen Euro in den Markt gepumpt.

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Es ist da nicht so einfach, noch einmal hunderte Milliarden aus dem Hut zu zaubern. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung (Grafik 2) hat die EZB noch ausreichend Luft. Die japanische Notenbank hat fast 100 % der Wirtschaftsleistung in Staatsanleihen investiert.

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So hoch verschuldet ist die Eurozone allerdings insgesamt gar nicht. Die Schweiz hat da einen Ausweg gefunden. Sie kauft einfach ausländische Assets, darunter viele Aktien. Das kann die EZB allerdings nicht so einfach tun. Anlagen zu kaufen, die nicht in Euro gehandelt werden, ist eine Art der Intervention auf dem Devisenmarkt. Es würde den Euro schwächen.

Das hilft zwar der Wirtschaft, ist international aber kaum vertretbar. Dass die USA die Eurozone als Währungsmanipulator deklarieren, will niemand. QE ist deswegen nicht gestorben. Es ist nur sehr viel schwieriger umzusetzen als viele danken. Gleichzeitig zeichnet sich Opposition innerhalb der EZB ab.

Persönlich würde es mich daher verwundern, wenn im September wirklich schon ein neues Programm angekündigt würde. Man darf dazu nicht vergessen, dass Mario Draghi danach nicht mehr lange im Amt ist. Eine so folgenreiche Entscheidung vor seinem Ausscheiden wäre ungewöhnlich.

Aktien haben im Vorfeld kein Kursfeuerwerk entfacht. Man rechnet also nicht fest mit QE. Anleger müssen also wenig tun. Nichts zu tun ist im aktuellen Fall die sicherste Variante.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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