Kommentar
18:05 Uhr, 13.08.2015

Beginnt jetzt die Bankrottwelle in der Ölindustrie?

Seit Monaten warten alle darauf, dass es passiert. Niedrige Ölpreise, hohe Kosten und überdimensionierte Schuldenberge lassen viele Ölunternehmen ums Überleben kämpfen. Für viele geht dieser Kampf nun verloren.

Im Juli sind die Insolvenzanträge in den USA sprunghaft gestiegen. Lange Zeit kam es zu keinem Anstieg der Insolvenzanmeldungen. Das war schon fast suspekt, denn viele kleinere Ölproduzenten können nur mit Ölpreisen jenseits der 60 oder 70 Dollarmarke überleben. Grafik 1 zeigt die Insolvenzanträge nach Chapter 11 in den USA seit Anfang 2006. Die Daten bis Ende des zweiten Quartals 2015 sind tatsächliche Daten. Das dritte Quartal 2015 besteht bisher nur aus einem Monat. Im Juli wurden insgesamt 637 Anträge gestellt. Dieser Wert wurde auf ein Quartal hochgerechnet, um eine Vergleichbarkeit darzustellen.

Der Anstieg der Insolvenzen im Juli kommt nach langer Wartezeit und einige Analysten sehen sich nun bestätigt. Ein Anstieg der Insolvenzen wurde Monat um Monat aufs Neue vorhergesagt. Diese Vorhersagen haben sich bisher Monat um Monat als falsch erwiesen. Und selbst jetzt, da die Anträge sprunghaft ansteigen, kann man noch nicht mit Sicherheit behaupten, dass nun das Massensterben beginnt. Der Anstieg erklärt sich vor allem durch eine einzige Insolvenz, die allerdings gleich 71 Mal zählt. Das Unternehmen Energy Future Holdings hat für die gesamte Gruppe, die aus 71 Teilunternehmen besteht, einen Insolvenzantrag gestellt. Würde man diesen Massenantrag als einen betrachten, dann hält sich der Anstieg im bisherigen Verlauf des dritten Quartals in Grenzen.
Der Anstieg der Insolvenzen wird kommen, daran besteht kein Zweifel. Die große Konsolidierung hat allerdings entgegen aller Erwartungen noch nicht begonnen – auch im Juli nicht. Ein guter Indikator für die zu erwartenden Insolvenzanträge ist der Arbeitsmarkt. Grafik 2 zeigt die Gesamtbeschäftigung des Öl und Gassektors.

Die Zahl der Beschäftigten sinkt seit Anfang 2015. Der Trendwechsel ist deutlich zu erkennen. Von Panik ist jedoch noch keine Spur. Die großen Massenentlassungen haben noch nicht stattgefunden. Ändert sich das, dann wäre das das Signal für einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen. Massenentlassungen sind oft der letzte Versuch schlechte Zeiten zu überstehen.

Die Insolvenzanträge werden in den kommenden Monaten ansteigen. Grund für Panik ist jedoch auch das nicht. In den USA sind über 8.000 Firmen im Öl- und Gassektor registriert. Viele davon bestehen aus einem oder zwei Bohrtürmen. Steigt die Zahl der Insolvenzen in diesem Bereich an, dann ist das global gesehen absolut unbedeutend.

Neben 8.000 Unternehmen, die auch tatsächlich Beschäftigte haben, gibt es eine ganze Reihe an Firmen, die keine Arbeitnehmer beschäftigen. Von diesen sogenannten Establishments gibt es an die 200.000. Häufig sind das Landbesitzer die Firmen auf ihrem Land bohren und fördern lassen und dafür einen Teil der Einnahmen erhalten. Diese Establishments haben derzeit mit hohen Einnahmeverlusten umzugehen. Ein drastischer Anstieg der nicht gewerblichen Insolvenzen wäre nicht verwunderlich. Bisher gehen vor allem kleinere Unternehmen in Gläubigerschutz. Die Zahl der Insolvenzen steigt an, allerdings kann man daraus kaum Aussagen über den Zustand der gesamten Branche machen. Der Großteil der Unternehmen, der jetzt Gläubigerschutz beantragt, macht nur einen minimalen Teil der Beschäftigung und der Ölförderung aus. Solange nicht auch mittelgroße und große Unternehmen in Schieflage geraten wird sich an der Ölproduktion in den USA nichts ändern und der Ölpreis weiterhin niedrig bleiben.

Die meisten Schieferölunternehmen beginnen nach einer Reduktion der Bohrtätigkeit wieder mit einer Ausweitung der Erschließungen. Sie haben realisiert, dass der Preis für längere Zeit niedrig bleiben wird. Bisher waren die meisten von einem raschen Rebound ausgegangen. Es machte in diesem Szenario Sinn, die Produktion im Umfeld niedriger Preise zu senken und auf höhere Preise zu warten. Höhere Preise kommen nun aber nicht. Das führt zu einem Umdenken. Jetzt geht es darum die wegfallenden Einnahmen aufgrund niedriger Preise durch höhere Produktionsmengen zu kompensieren. Es ist daher auch in den nächsten Monaten nicht mit einer nachhaltigen Trendwende auf dem Ölmarkt zu rechnen. Daran ändern auch mehr Insolvenzanträgen nichts, da diese bisher vor allem kleine Unternehmen betreffen, die für den Ölmarkt relativ unbedeutend sind. Die steigende Anzahl an Chapter 11 Anträgen allein sagt noch nichts über ein Ende des Ölbooms aus. Als Anleger sollte man sich von solchen Berichten nicht beirren lassen. Noch ist der Boden nicht erreicht.

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

16 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Roma
    Roma

    Woher kommt eigentlich das Gerücht, dass die Bohrkosten so hoch sein sollen?

    09:43 Uhr, 17.08.2015
    1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    der wti Preis hat gerade eine Formation seit April abgeschlossen. Zeit f einen rebound ist somit gegeben. Klappts dann klappts. Wenn nicht, ich handele gerade einen bislang 0,5 R trade :-)

    01:05 Uhr, 17.08.2015
  • TC1972
    TC1972

    sicherlich habt ihr Recht, aber wo Risiken sind, da sind auch Chancen und ein deutsches Unternehmen spielt da außerordentlich gut mit, weil sie letztes Jahr im März zu Höchstpreisen Land im Wattenbergfeld verkauft haben und aktuell viel Cash haben um neu zu investieren und jetzt sicherst du dir dort Flächen für nen Appell und nen Ei. Das soll keine Empfehlung sein, aber die Deutsche Rohstoff AG macht einen Super Job dort.

    17:04 Uhr, 16.08.2015
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    heute eunen 18% dividenden wert aus dem sector gekauft zu 2,7 usd. Bbep breitburn energy partners. Ist um 90% gefallen. Klappt oder nicht. Eiber der größten aus dem sector. Gut Börsen kapitalisiert und gehedged bis 2018. Steigt bis dahin nicht der wtipreis, wars das. Aber so denke ich koennte es was werden, montag wird nochmal kritisch, daher erst 50% der beabsichtigt posi gekauft. Interessante sichtweisen dazu unter seeking alpha.

    http://seekingalpha.com/article/3413616-breitburn-...

    Und anti sicht hier

    http://seekingalpha.com/article/3427456-breitburn-...

    Aber wer weiss was sich bis 2018 tut und ich kaufe gern werte, die 90% gefallen sind und hohe dividende haben. Man kann ift relativ schnell 50% nach Rücklauf mit gewinn rausnehmen und rest auf sl setzen. Die divi haetten sie letzte woche cutten koennen, so wie vergleichbar wert lynn energy, haben es aber nicht getan. Kapital einsatz hier klein gewählt.

    Charts im day and week hier

    21:20 Uhr, 14.08.2015
    2 Antworten anzeigen
  • 2 Antworten anzeigen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten