Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE): Ist die Idee in den USA gerade gescheitert?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Ohne, dass es jemals so wahrgenommen wurde, haben die USA gerade das größte Experiment zum bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) durchgeführt. Praktisch seit Beginn der Pandemie zahlte der Staat zusätzliches Arbeitslosengeld aus. Mit sehr kurzen Unterbrechungen erhielten Arbeitslose deutlich mehr Geld als im Normalfall üblich.
Dieses zusätzliche Geld hat für viele Diskussionen gesorgt. Zu Beginn der Pandemie gab es pro Woche 600 Dollar zusätzlich. Das führte dazu, dass es teilweise lukrativer war, nicht zu arbeiten. Wer in den USA im Niedriglohnsektor arbeitet, etwa als Servicekraft in Restaurants, hatte durch Arbeitslosigkeit plötzlich ein viel höheres Einkommen.
Wer mehr Geld erhält, wenn er nicht arbeitet als durch einen Job, muss nicht lange nachdenken. Rein rational macht es keinen Sinn, nach einem Job zu suchen. Einige Politiker machten daher das zusätzliche Arbeitslosengeld für die schleppende Erholung am Arbeitsmarkt verantwortlich.
Andere argumentierten, dass Menschen arbeiten wollen und das zusätzliche Geld keine Rolle spielt. Inzwischen wissen wir mehr. Einige Bundesstaaten haben bereits im Juni die Zusatzleistung gekürzt. In diesen Staaten ist die Anzahl an Personen, die Arbeitslosenhilfe beziehen, um 40 % gesunken. In allen Bundesstaaten lag der Rückgang bei 20 % und in den Staaten, die erst mit dem Ende des Programms die Zusatzleistungen streichen, lag der Rückgang bei lediglich 10 % (siehe Grafik).
Ganz offensichtlich spielt es doch eine große Rolle, welche Leistungen der Staat erbringt. Zuletzt sank die zusätzliche Arbeitslosenhilfe auf 300 Dollar pro Woche. Für die meisten wäre es lukrativer gewesen, einen Job zu suchen. Dennoch haben viele keine neue Stelle angetreten, obwohl sie plötzlich ein Einkommen hatten, dass 30-50 % unter dem lag, welches sie durch eine Beschäftigung hätten verdienen können.
Das lässt zwei Schlussfolgerungen zu. Einerseits sollten die USA kurzfristig einen neuen Jobboom erwarten, da die Hilfen auslaufen. Andererseits lässt sich das bedingungslose Grundeinkommen hinterfragen. Die aktuellen Hilfen reichen für die meisten, um zu leben. Ein luxuriöses Leben ist es nicht. Es reicht aber, um die Miete zu bezahlen und Essen auf den Tisch zu bringen.
Genau das soll das bedingungslose Grundeinkommen ermöglichen. Die USA haben getestet, wie Menschen darauf reagieren. Mit einem Zeitraum von fast anderthalb Jahren hat das eine gewisse Aussagekraft. Über einen Zeitraum von wenigen Monaten können die meisten Menschen auf gewohnte Ausgaben verzichten. Es über 18 Monate zu tun, ist etwas anderes. Trotzdem scheinen sich viele damit zu begnügen.
Damit kommen Zweifel auf. Das Grundeinkommen soll die Existenz derer sichern, die von Automatisierung verdrängt werden und keinen neuen Job finden, weil es schlichtweg keinen geeigneten Job gibt. Dies wird langfristig auf einen kleinen Teil des Arbeitsmarktes zutreffen. Nun muss man fürchten, dass ein Grundeinkommen dem Arbeitsmarkt sehr viel mehr Arbeitskräfte entzieht als notwendig.
Der Sachverhalt ist natürlich komplex und hier vereinfacht dargestellt. Dennoch kann man nach diesem Experiment hinterfragen, ob das bedingungslose Grundeinkommen wirklich eine gute Idee ist.
Clemens Schmale
Tipp: Als Abonnent von Godmode PLUS sollten Sie auch Guidants PROmax testen. Es gibt dort tägliche Tradinganregungen, direkten Austausch mit unseren Börsen-Experten in einem speziellen Stream, den Aktien-Screener und Godmode PLUS inclusive. Analysen aus Godmode PLUS werden auch als Basis für Trades in den drei Musterdepots genutzt. Jetzt das neue PROmax abonnieren!
Lernen, traden, gewinnen
– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!
bin mir nicht sicher aber in USA gibt es Kurzarbeitergeld zumindest nicht in allen Bundesstaaten. Von daher sehe ich diese Zahlungen nicht als Test für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Bei uns sind noch viele im Kurzarbeitergeld bis Ende des Jahres. Denke im nächsten Jahr geht die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland steil nach oben. Wir werden dann sehen ob sich die Linke mit der Forderung durchsetzen wird.
Das ist ohne Zweifel sehr richtig erkannt. Das bedinungslose Grundeinkommen hat noch einiges im Schlepptau:
1. Eine gewisse Sozialisierung der Menschen durch eine "positiv-kooperative" Gesellschaft
2. Entsprechende "wertschätzende" Arbeitsbedingungen
3. Die zeitliche Möglichkeit (Stichwort: Familienarbeit)
Solange die Entlohnung von Arbeit nur als eine Art "Zwangssystem" verstanden wird um Menschen mit allen Mitteln zu "knuten" (sinnfrei, schlechtes Arbeitsklima, keine Wertschätzung, Lohndumping, Toilettenpause mit der Stoppuhr, etc, etc, ...), muss man sich nicht wundern, wenn die Menschen jede Möglichkeit nutzen, sich dieser "Arbeitswelt" zu entziehen.
Solange der niedriglohnsektor dessen namen gerecht wird, wird sich daran auch nichts ändern. Dies hat aus meiner sicht jedoch weniger mit dem grundeinkommen, als mit einer unanständig tiefen entlöhnung dieses sektors zu tun.