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13:58 Uhr, 29.11.2018

Banking: Auf die finanzielle Eingliederung setzen

Die immer größere Verbreitung von Finanzprodukten und -dienstleistungen in den Schwellenländern sorgt Jupiter-Fondsmanager Ross Teverson zufolge für Anlagechancen.

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London (GodmodeTrader.de) - Rund die Hälfte der Weltbevölkerung im erwerbsfähigen Alter gilt als „banklos“: Diese Menschen verfügen nicht einmal über ein einfaches Konto. Neue Technologien tragen dazu bei, Versorgungslücken im Bankwesen zu schließen. Technologie hilft zudem Schwellenländern und Frontier Markets auf die Überholspur gegenüber Industrieländern. Die immer größere Verbreitung von Finanzprodukten und -dienstleistungen sorgt für dramatische Veränderungen in den Schwellenländern – und für Anlagechancen, wie Ross Teverson, Head of Strategy, Emerging Markets und Fondsmanager des Jupiter Global Emerging Markets Equity Unconstrained SICAV bei Jupiter Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Geld auf die Bank zu bringen oder ein Konto kurzfristig zu überziehen, gehöre für viele Menschen zum ganz normalen Alltag. Einem Alltag, den rund 1,7 Milliarden Menschen weltweit nicht kennen. 94 Prozent der Erwachsenen in entwickelten Volkswirtschaften hätten ein Bankkonto, aber nur 63 Prozent in Entwicklungsländern. Während mehr Konsumenten Bankkonten besäßen als je zuvor, bleibe der Geschlechterunterschied in den Entwicklungsländern unverändert bei acht Prozentpunkten (67 Prozent bei Männern gegenüber 59 Prozent bei Frauen), heißt es weiter.

„Allerdings wird einiges unternommen, um diesen Zustand zu ändern. Regierungen weltweit gehen an die Arbeit: Der Weltbank zufolge haben sich seit 2010 über 55 Länder für die finanzielle Eingliederung engagiert, über 30 von ihnen befassen sich mit der Einführung oder Entwicklung von landesweiten Strategien“, so Teverson.

In den meisten Fällen sei die geringe Verfügbarkeit von Bankdienstleistungen ein Schwellenlandproblem. Nahezu die Hälfte der bankmäßig unterversorgten Weltbevölkerung lebe in einem dieser sieben Länder: China, Indien, Pakistan, Indonesien, Nigeria, Mexiko und Bangladesch. Dank des technologischen Fortschritts verbessere sich die Lage in den abgelegensten Regionen, da der Zugang zu Finanzprodukten nicht länger von der Existenz physischer Bankschalter abhänge. Die Versorgung mit Internetzugängen und Mobiltechnologie verbessere sich laufend. Somit dürfte sich die Versorgungslücke bei Finanzdienstleistungen immer schneller schließen: 2014 hätten 42 Prozent aller Erwachsenen mindestens einmal den digitalen Zahlungsverkehr genutzt, im Jahr 2017 seien es bereits 52 Prozent gewesen, heißt es weiter.

„Es liegt auf der Hand, dass die finanzielle Eingliederung sowie die umfassendere wirtschaftliche Formalisierung vieler Schwellenländer zentrale Aspekte des Fortschritts sind. Langfristige strukturelle Veränderungen wie der Übergang von Barzahlungen zum elektronischen Zahlungsverkehr und der Trend zu Zahlungen über Mobilgeräte dürften Geschäftsmodellen für Finanzdienstleistungen zugutekommen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen in den sogenannten Frontier Markets und den Schwellenländern, in denen der Markt das Potenzial des Wandels noch nicht erkannt hat“, so Teverson.

Brasilien sei ein Paradebeispiel: Das Land zähle zu den größten Schwellenländern und dennoch zeichne sich der Wandel der Finanzindustrie nur zaghaft ab. Im Jahr 2017 hätten nur gerade 27 Prozent der über 15-jährigen Brasilianerinnen und Brasilianer über eine Kreditkarte verfügt. Nahezu die Hälfte (48 Prozent) aller Konsumausgaben würden in Brasilien bar bezahlt. Itau Unibanco gehöre zu den Unternehmen, die vom technologischen Fortschritt im Banking profitieren dürften. Die seit 1993 börsennotierte Gesellschaft sei die meiste Zeit hoch profitabel und habe sich selbst während Konjunktureinbrüchen erfolgreich behauptet. Die anhaltende Schwäche der staatlichen Banken komme Itau Unibanco zugute. Ihre Bilanz ermögliche zudem weiteres mittelfristiges Wachstum ohne Gefahr der Kapitalverwässerung, heißt es weiter.

„Auf Unternehmensebene gibt sich diese brasilianische Bank zunehmend konservativ und verlagert ihre Tätigkeit erfolgreich zu einer sichereren Kreditvergabepolitik – sowohl im Firmenkundengeschäft (weniger KMU-Kredite) als auch bei den Privatkunden (höhere Bonität der Schuldner). Neben dieser gelungenen Neuausrichtung hat Itau seinen ROE in den letzten beiden Quartalen auf über 24 Prozent gesteigert. Und, es gibt Raum für einen langfristig positiven strukturellen Wandel durch Konsolidierung“, so Teverson.

Südlich der Sahara zeige sich besonders deutlich, wie rasch die Technologie fortschreite: Seit 2014 habe sich der prozentuale Anteil der Erwachsenen mit einem Mobilgerätkonto auf 21 Prozent verdoppelt. In Kenia seien diese Konten laut der Global-Findex-Datenbank der Weltbank besonders populär: Sie würden von 73 Prozent aller Erwachsenen genutzt. In Uganda und Zimbabwe seien es rund 50 Prozent, heißt es weiter.

„Die Kenya Commercial Bank (KCB) zählt zu den Instituten, die diesen Trend zu nutzen wissen. M-Pesa, eine Zahlungsverkehrs- und Finanzierungsplattform für Mobilgeräte, ist der wesentliche Treiber für den Aufschwung der Finanzindustrie in Kenia und einem Großteil Afrikas südlich der Sahara. Die 2007 eingeführte Plattform ist inzwischen die erfolgreichste mobile Finanzdienstleistung in den Schwellenländern. KCB nutzt die boomende Technologie hinter M-Pesa, um Kredite und Sparkonten mit attraktiven Gebühren und variablen Zahlungs- oder Sparfristen anzubieten“, so Teverson. Die finanzielle Eingliederung beginne mit dem Zugang zu Bankkonten. Dies sei aber nicht alles: Auch komplexere Finanzinstrumente seien gefragt, etwa Vorsorge- und Versicherungslösungen.

In der Türkei sei das Angebot an solchen Lösungen noch verschwindend gering. Gerade einmal 20 Prozent der unselbstständig erwerbstätigen Bevölkerung verfügten über berufliche Vorsorge. Die türkische Regierung habe sich zum Ziel gesetzt, diese Quote zu erhöhen. Als Anreiz stocke der Staat private Sparmittel mit einem Beitrag von 25 Prozent auf. Daher wachse der Markt rapide; die jährliche Wachstumsrate der noch geringen Basis betrage 20 Prozent, heißt es weiter.

„Unternehmen suchen diesen Trend zu nutzen, so etwa AvivaSA, ein Joint Venture auf dem Gebiet Vorsorge und Versicherungen des britischen Versicherers Aviva und des türkischen Mischkonzerns Sabanci. Das Unternehmen positioniert sich als Träger des Strukturwandels in Richtung finanzielle Absicherung. Der Markt hat allerdings sein Potenzial für nachhaltig hohe Wachstumsraten noch nicht erkannt. Der strukturelle Wandel bildet einen fruchtbaren Nährboden für zahlreiche neue Geschäftsmodelle und unternehmerische Initiativen. In den Schwellenländern finden sich viele solide geführte Unternehmen, denen die finanzielle Eingliederung gute Aussichten eröffnet“, so Teverson.

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Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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