Fundamentale Nachricht
10:24 Uhr, 15.10.2021

Banken können der Schlüssel zur Klimawende werden

„Grüne“ Anleihen europäischer Banken sind laut Stephanie Maier, globale Leiterin Sustainable and Impact Investment bei GAM Investments, und Romain Miginiac, Head of Research bei Atlanticomnium, Partner von GAM, zu einem wirkungsvollen Instrument für Investoren geworden, um positive Umweltauswirkungen zu erzielen.

Trotz ihrer zentralen Rolle bei der Verursachung der globalen Finanzkrise vor 13 Jahren, stehen die Banken nach wie vor im Zentrum der europäischen Wirtschaft. Sie finanzieren mehr als 90 % der europäischen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und etwa 80 % der europäischen Großunternehmen. Das bedeutet, dass sie auch eine zentrale Rolle bei der größten Krise unserer Zeit spielen: der Klimakrise.

Dabei geht es nicht nur um ihre direkten Finanzierungsaktivitäten – allein im Energiesektor haben die 35 größten Banken in den drei Jahren bis 2019 fast drei Billionen Dollar an Finanzmitteln bereitgestellt. Die Banken haben aber auch einen entscheidenden Multiplikatoreffekt auf die übrige Wirtschaft durch ihr Engagement bei bestehenden Kunden. Wenn es den Banken gelingt, das Klimarisiko in ihre Kundengespräche zu integrieren und Umweltkriterien bei der Kreditvergabe und der Preisgestaltung für Kredite zu berücksichtigen, können sie einen ganz erheblichen Beitrag leisten, um die gesamte Wirtschaft bis 2050 in Richtung Netto-Nullwachstum bei den Emissionen zu führen.

Es ist wichtig, dass die europäischen Banken beginnen, sich der Herausforderung des Klimawandels auf dem Markt für „grüne“ Anleihen zu stellen, einem der wichtigsten Mechanismen für die Umleitung von institutionellem Kapital in Richtung nachhaltiger Wirtschaft.

Die weltweite Emission „grüner“ Anleihen nimmt weiter zu und hat allein im Jahr 2020 mit fast 300 Mrd. USD kumuliert die 1 Mrd. USD-Marke überschritten. In Europa gehören die Banken zu den aktivsten Akteuren bei diesem Wachstum, das allein in der ersten Hälfte des Jahres 2021 mit Investitionen in Höhe von 33 Mrd. USD einen Rekordwert erreicht hat. Die Banken emittieren „grüne“ Anleihen in einem schnelleren Tempo als europäische Unternehmen, wobei diese 35 % des Marktes ausmachen.

Die Net Zero Banking Alliance, eine von den Vereinten Nationen unterstützte Initiative, verpflichtet die globalen Banken mit Assets von über 30 Billionen US-Dollar dazu, sich dafür einzusetzen, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen. Wir schätzen, dass der Markt für grüne Anleihen für europäische Banken in den nächsten 24-36 Monaten leicht ein Volumen von 200 Mrd. Euro oder mehr erreichen kann (im Vergleich zu derzeit ca. 80 Mrd. Euro), wenn man das derzeitige Emissionstempo berücksichtigt.

Regulierung als Katalysator für die Ausweitung der „grünen“ Finanzierung

Die Regulierung des Bankensektors unterstützt diesen Trend. Seit der globalen Finanzkrise 2007/08 haben die Regulierungsbehörden eine beeindruckende Erfolgsbilanz bei der Umgestaltung des Bankensektors vorzuweisen. Da das Klimarisiko mittlerweile ganz oben auf der Regulierungsagenda steht, ist der Trend für die nächsten zehn Jahre klar, einschließlich wahrscheinlicher Maßnahmen zur Verbesserung der Offenlegung und Einführung von Klima-Stresstests. Diese sind vielleicht der größte Faktor, da sie mit der Zeit die Kapitalplanung der Banken beeinflussen werden, höchstwahrscheinlich entweder durch Kapitalzuschläge für nicht klimagerechte Finanzierungen oder durch Kapitalaufschläge für unzureichendes Klimarisikomanagement.

Dies bietet den Banken bereits jetzt Anreize, die Finanzierung „grüner“ Anlagen zu verstärken. Die Banco Santander beispielsweise will in den nächsten zehn Jahren „grüne“ Finanzierungen im Wert von 220 Milliarden Euro aufnehmen und vermitteln. Der britische Finanzminister Rishi Sunak treibt in Großbritannien erste „grüne“ Staatsanleihen und die Einführung „grüner“ Sparbriefe für Privatkunden voran.

Aber wir können uns nicht nur auf die Banken verlassen

Auch wenn die Banken eine Hauptrolle bei der Ökologisierung der Wirtschaft spielen, kommt auch anderen Finanzakteuren eine wichtige Rolle zu. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sich die Anleger in grünen Anleihen engagieren, um hohe Standards zu gewährleisten und solche zu vermeiden, die keinen echten Nachhaltigkeitszweck verfolgen. Dies erfordert eine gründliche Analyse auf der Ebene der Emittenten, der Anleihen und der Projekte.

Wir haben klare Kriterien, um zu bestimmen, welche Emittenten und Anleihen für eine Investition in Frage kommen. Auf der Ebene der Emittenten führen wir eine eingehende Analyse der ESG-Belange durch. Dies geschieht mithilfe eines eigenen Scoring-Modells, bei dem Nachzügler ausgeschlossen werden. Eine glaubwürdige Klimastrategie mit einer Netto-Null-Verpflichtung ist ein wichtiger Bestandteil dieser Analyse.

Auf der Ebene der Anleihen suchen wir nach „grünen“ Anleihen mit einer starken Unternehmensführung und exzellenten Prozessen. Die Analyse erfolgt anhand eines eigenen Modells, das auf den ICMA Green Bond Principles basiert und durch zusätzliche interne Anforderungen ergänzt wird. Insbesondere verlangen wir von den Emittenten eine detaillierte Berichterstattung, die von Dritten überprüft werden muss. Auf Projektebene (Verwendung der Erlöse) bewerten wir anhand quantitativer Daten Dritter und unserer eigenen Analyse, ob die Umweltauswirkungen positiv sind.

In Anbetracht der Dringlichkeit, mit der wir den Klimawandel angehen müssen, sind „grüne“ Anleihen europäischer Banken zu einem wirkungsvollen Instrument für Investoren geworden, um sinnvolle positive Umweltauswirkungen zu erzielen. Es ist jedoch wichtig, dass die Anleger dieser Anleihen aktive Eigentümer sind, die sicherstellen, dass die Banken diesmal in einer Krise positive Veränderungen bewirken.

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