Kommentar
12:50 Uhr, 21.02.2011

Axel Weber und die Inflation

Dem politischen Deutschland gehen die Führungspersönlichkeiten aus. Ex-Bundespräsident Horst Köhler zog beleidigt und enttäuscht von dannen, Ole von Beust hatte simpel gesprochen keine Lust mehr auf Politik in Hamburg, Dr. a.D. Freiherr zu Guttenberg ghostwritet sich um Kopf und Kragen. Die schwerwiegendste Personalie ist aber – aus Währungssicht - Noch-Bundesbankchef Axel Weber.

Weber war die Position als Nachfolger von EZB-Chef Trichet seit Jahren quasi versprochen, sah sich aber zuletzt massivstem Widerstand in der Euro-Zone gegenüber. Kein Wunder, denn er gehört zu einer aussterben Rasse: Den Falken unter den Notenbänkern.

Axel Weber stand für all das, was man gemeinhin mit der D-Mark und der Bundesbank verbindet. Also oberste Priorität auf dem Erhalt der Geldwertstabilität und maximale Unabhängigkeit von der Politik. Was seit geraumer Zeit in der EZB passiert, ist aber eine langsame Invasion der Tauben. Das in Europa rechtlich gar nicht verankerte Mandat, neben der Stabilisierung der Preise auch das Wachstum zu fördern (wie es in den USA hochoffizielle Aufgabe der Fed ist), nimmt die EZB en passant mit wahr. Eigentlich geht es bei der neuen europäischen Geldpolitik natürlich um die Verlängerung des politischen Arms, der mit seinen beschränkten Mitteln, Rettungsschirmen und Notgesetzen den Euro bw. Die Euro-Staaten nur begrenzt retten kann. Die Hoheit über die Gelddruckmaschine hat die EZB, die Staaten können zwar Garantien aussprechen und Schulden machen, aber selbst kein neues Geld schaffen. Die emittierten Anleihen muss am Ende auch jemand kaufen.

Was ist, wenn der Markt das nicht mehr kann oder will? Dann macht es eben die EZB, der Tabubruch ist längst vollzogen. Argumentativ ziehen sich die Zentralbänker auf die juristisch korrekte aber ansonsten fragwürdige Position zurück, der Kauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt (sprich: Börse) sei keine direkte Staatsfinanzierung, und nur die ist verboten. Das ist so wie wenn ich sage, ich leihe Ihnen direkt kein Geld – aber gebe es einem Freund, der es dann an sie weiterreicht.

Das Resultat ist das gleiche: Eine massive Aufblähung der Zentralbankgeldmenge. Diese wiederum ist Basis für die Geldschöpfung der Banken. Die hält sich zwar momentan noch im Rahmen, auch weil Unternehmen zunehmend andere Finanzierungsmöglichkeiten wahrnehmen (wie die Emission eigener Anleihen). Dennoch sind die Folgen der hohen Liquidität und zu geringen Zinsen spürbar – die Inflationserwartungen gehen durch die Decke. Das merkt man vor allem bei Vermögensgütern. Ich beobachte schon eine ganze Weile den deutschen Immobilienmarkt, was sich da abspielt ist bemerkenswert. Das „smart money“ sucht die Flucht in „wahre Werte“. Das gleiche gilt für Gold und Silber.

Dem Vertrauensverlust in das Bankensystem während der Finanzkrise folgt die Flucht vor dem Papiergeld an sich. Die Angst ist nicht mehr, sein Geld nicht mehr von der Bank zu bekommen, sondern dass dieses Geld immer weniger wert ist. Und genauso ist es auch.
Axel Weber wäre eine Person mit dem Potenzial gewesen, diese Angst einzudämmen. Es steht nun zu befürchten, dass wer immer Trichet nun nachfolgt, die lasche Geldpolitik weiter verfolgt wird. Weber hätten einen solchen Weg niemals mitgetragen, und das dürfte letztlich auch ein Haupt-Grund für seinen Rückzug von der Bundesbankspitze gewesen sein. Als einsamer Falke unter vielen Tauben im EZB-Tower in Brüssel hätte Weber einen schweren Kampf zu führen gehabt, Tag für Tag. Das wollte er sich nicht antun. Hier übrigens eine Parallele zu Horst Köhler – man darf annehmen, dass seine fast schon erzwungene Unterschrift unter das verheerende „Gesetz zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus“ - vulgo Euro-Rettungsgesetz – der wahre Grund für seinen Rücktritt war.

Das sind die wahren Probleme die wir derzeit haben, aber viel zu wenig diskutiert werden. Die Presse, deren Aufgabe es wäre hier den Finger in die Wunde zu legen kümmert sich aber lieber um Fußnoten aus Doktorarbeiten.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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