Ausblick auf die Schwellenländer im Jahr 2022 aus der Fixed Income-Perspektive
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„Die Dispersion in den Schwellenländern ist größer als bei den Industrieländern, da unterschiedliche geld- und fiskalpolitische Zyklen sowie verschiedene Treiber im Spiel sind“, so Erick Muller, Director Product and Investment Strategy und Co-Head der Asset Allocation Group bei Muzinich. „Es ist unwahrscheinlich, dass sich dies im Jahr 2022 ändert.“
So finden in Chile und Brasilien Wahlen statt. Muller kommentiert dies wie folgt: „Die sozialen Folgen des oft mittelmäßigen Umgangs mit der Pandemie in Lateinamerika waren heftig und haben die politische Debatte polarisiert. Der Versuch, vor den Wahlen in Brasilien die Fiskalausgaben zu erhöhen, führt beispielsweise zu einem Konflikt mit dem geld- und fiskalpolitischen Rahmenwerk, und die Zentralbank bereitet den Markt auf weitere Zinserhöhungen vor.“
Die Inflation in den Schwellenländern war im Vergleich zu den Industrieländern schon früh im Zyklus zu beobachten. Viele haben Anfang 2021 mit der Anhebung der Zinssätze begonnen, um die hart erkämpfte Glaubwürdigkeit des Inflationsziels zu erhalten. Dies ist von entscheidender Bedeutung für Länder mit Leistungsbilanzdefiziten, die zur Finanzierung ihres außenwirtschaftlichen Ungleichgewichtes auf ausländisches Kapital angewiesen sind.
Da das Risiko einer anhaltenden und sich ausweitenden Inflation besteht, werden die Zinsen in den Schwellenländern immer stärker angehoben. Der Trend hierzu zeigt sich nun auch in Asien, mit Ausnahme von China. Dies hat weniger mit der Entwicklung der Verbraucherpreise zu tun als mit Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität, wie etwa in Südkorea.
Die Anhebung der US-Zinsen und die Entwicklung des US-Dollars sind wichtig für die Auslandsverschuldung der Schwellenländer. Bislang war der Anstieg des US-Dollars (der DXY-Index ist seit Januar 2021 um 8,4 % gestiegen) überschaubar, auch weil er von einem sehr niedrigen Niveau ausging. Sollte die Fed die Zinsen zu spät anheben (oder die Inflation im Vergleich zu den aktuellen Prognosen zu hoch sein), wird sie keine andere Wahl haben, als die Anpassung ihrer Leitzinsen zu beschleunigen. Eine frühzeitige Entscheidung der Fed, die Zinsen im Jahr 2022 anzuheben, wäre paradoxerweise besser für die Schwellenländer, als wenn sie der Zinsstrukturkurve und den Inflationszahlen hinterherläuft. Letzteres Szenario würde zu einem steileren US-Dollar-Kurs und einem Zinsanstieg führen, der zu schnell erfolgt, um von den Schwellenländern problemlos verkraftet zu werden.
Besonders China wird im Fokus der Märkte stehen. „Für das Reich der Mitte erwarten wir eine Erholung noch im vierten Quartal dieses Jahres, aber das Wachstum dürfte im nächsten Jahr nun langsamer sein als noch vor einigen Monaten prognostiziert“, so Muller. Eine Abkühlung der Wirtschaft würde nicht zu heftigen konjunkturpolitischen Reaktionen seitens der chinesischen Führung führen. Natürlich würde eine zu starke Verlangsamung wahrscheinlich nicht toleriert werden, aber die Bewältigung der Krise bei den Immobilienentwicklern zeigt, dass sich die strategischen Ziele von einem hohen Wirtschaftswachstum auf finanzielle Stabilität und eine gerechtere Einkommensverteilung verlagert haben.
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