Kommentar
07:11 Uhr, 02.08.2017

August - ein guter oder schlechter Börsenmonat?

Der August gehört zu den schlechtesten Monaten des Jahres, heißt es. Nun, traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

Eigentlich gilt es als erwiesen, dass die Sommermonate nicht wirklich gute Börsenmonate sind. Kaum jemand behauptet das Gegenteil. Es ist Fakt – mehr oder weniger. Betrachtet man die durchschnittliche Monatsperformance seit es Daten gibt (Grafik 1), so stellt man überrascht fest, dass die Sache ganz anders aussieht. Der August ist auf Platz 3 der besten Börsenmonate. Nur ein einziger Monat, September, ist im Durchschnitt negativ.

Bevor man nun seinen Glauben an schlechte Sommermonate über Bord wirft, hilft der Blick auf eine etwas kürzere Historie. Grafik 2 zeigt die Durchschnittsperformance seit 1900. Der August ist noch immer positiv, aber sticht nicht mehr heraus. Die Performance ist irgendwo im Mittelfeld.

Das allgemeine Bild bleibt fast unverändert. Der Monat September ist der einzige Monat, der im Durchschnitt eine negative Performance vorweisen kann. Das sieht gleich ganz anders aus, wenn man lediglich die letzten Jahre betrachtet (Grafik 3). Seit 1997 ist der August der schlechteste Monat im Jahr. Selbst der September, der als Angst- und Crashmonat gilt, wirkt fast zahm.

Was soll man nun mit diesen teils widersprüchlichen Informationen anfangen? Zunächst ist festzuhalten, dass es sich häufig lohnt, selbst ein Blick auf die Daten zu werfen, bevor man einfach akzeptiert, was geschrieben wird. Das bedeutet nicht, dass die Aussagen (August ist gut/schlecht) falsch sind. Es ist eine Interpretationsfrage. Ein wenig näher kann man der Wahrheit aber durchaus noch kommen.

Grafik 4 zeigt die August-Performance in jedem einzelnen Jahr und einen mehrjährigen Durchschnitt dazu. Auf den ersten Blick sieht man, dass es einige herausragende Jahre gab. 1807 war besonders schlecht und 1932 der drittbeste Monat aller Zeiten (von allen 12 Monaten eines jeden Jahres). Diese Ausreißer beeinflussen die Durchschnitte natürlich übermäßig. Dessen muss man sich bewusst sein.

Diese Ausreißer sind oftmals zufällig. Dass der Markt auf die Asienkrise gerade im August 1998 so heftig reagierte, ist ziemlich zufällig. Es hätte genauso gut eine Reaktion im Juli oder September geben können.

Ohne diese Ausreißer wird der August zu einem ziemlich unspektakulären Monat. 65 % der Monate enden positiv, 35 % negativ. Endet der Monat positiv, liegen im Durchschnitt 3 % Performance drin. Endet der August negativ, sind es durchschnittlich -3,5 %. Das ist alles mehr oder minder im Rahmen der gesamten Historie, die alle Monate inkludiert.

Je länger man den Betrachtungszeitraum wählt, desto eher tendiert das Ergebnis der Analyse zum Durchschnitt. Seit Anbeginn der Börse sind die Kurse langfristig gestiegen. Je länger die Historie ist, desto mehr werden einzelne Ausreißer geglättet, die kürzere Beobachtungszeiträume wie 20 oder auch 50 Jahre beeinflussen. Irgendwann ist die Historie dann so lang, dass alles zu einem Mischmasch wird und sich fast alles nahe des Durchschnitts bewegt. September, Mai und Februar bleiben allerdings auch dann noch schwache Monate.

Gewisse Saisonalitäten entstehen erst im Laufe der Zeit. Die Jahresendrallye ist erst seit wenigen Jahrzehnten so ausgeprägt. Window Dressing (noch schnell zu Jahresende gute Werte ins Depot holen, damit man Kunden sagen kann, dass die Gewinner eh im Depot waren...) ist ein neueres Phänomen. Man darf also auch nicht den Fehler begehen und mit den langen Historien jüngere Trends zu übersehen.

Beim August sehe ich keinen ausgeprägten jüngeren Trend. Vielleicht gibt es diesen und ich sehe ihn lediglich nicht. Persönlich sehe ich eine minimale Tendenz für höhere Schwäche im August. Angst macht mir das allerdings nicht.

Clemens Schmale

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3 Kommentare

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  • Husky
    Husky

    naja, wenn ich solche Statistiken sehe, dann würde ich stets die kürzeren Betrachtungszeiträume höher gewichten als die langen. Es gibt schließlich auch Änderungen im Index in den letzten Jahren und gewisse Trends (die Versorger spielen kaum mehr eine Rolle, dafür IT (Schwergewicht SAP) eine größere).

    Aber solche Statistiken taugen ohnehin nicht dazu, irgendwelche Trades daraus abzuleiten!

    10:43 Uhr, 02.08.2017
  • Spielwiese
    Spielwiese

    Ihr Beitrag hat nur einen gewichtigen Denkfehler - den Survivorship Bias der Daten haben Sie nicht berücksichtigt? Die Durchschnittesperformance untergegangener Unternehmen ist nämlich nicht enthalten. Dadurch wird Ihre Statistik erheblich verzerrt....

    08:17 Uhr, 02.08.2017
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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