Fundamentale Nachricht
15:11 Uhr, 05.10.2023

Attraktive Anleiherenditen angesichts stabiler Inflation

Vincent Mortier, Group CIO Amundi und Matteo Germano, Deputy Group CIO Amundi, glauben zwar, dass sich die Inflation verlangsamen wird, aber die Arbeit der Zentralbanken ist aus ihrer Sicht noch nicht erledigt,

Die eher risikobehafteten Anlagen befinden sich seit Ende des Sommers in einer abwartenden Haltung, aber sie preisen immer noch eine weiche Landung ein, bei der die Inflation weiter sinkt, ohne dem Wirtschaftswachstum zu schaden. Wir glauben zwar, dass sich die Inflation verlangsamen wird, aber die Arbeit der Zentralbanken ist aus unserer Sicht noch nicht erledigt, da sie versuchen, das Mantra „höher für länger“ mit dem Wirtschaftswachstum in Einklang zu bringen.

Die Renditen der 10-jährigen US-Staatsanleihen erreichten ein neues 15-Jahres-Hoch, da die Märkte weiterhin davon ausgehen, dass es keinen wirtschaftlichen Abschwung geben wird. Wir glauben jedoch, dass der Druck auf den US-Konsum, auf das chinesische Wachstum und den Immobiliensektor sowie auf Europa dieses Szenario in Frage stellen wird:

  • Die Robustheit des US-Konsums, auf den 70 Prozent des BIP entfallen, zeigt nun Schwächen. Die Auswirkungen der sich verschärfenden finanziellen Bedingungen, der rückläufigen Ersparnisse der Konsumenten und die nachlassenden Arbeitsmärkte dürften sich stärker bemerkbar machen als die Auswirkungen fiskalischer Impulse.
  • Der Inflationstrend wird sich wahrscheinlich verlangsamen, aber die in letzter Zeit gestiegenen Energiepreise und Produktionskosten – beispielsweise in Europa – könnten die Inflationserwartungen beeinflussen, was beobachtet werden muss.
  • Herausforderungen der Zentralbanken – die letzte Etappe der Inflation ist nach unserer Auffassung schwieriger zu korrigieren, ohne eine Verlangsamung zu verursachen. Wir bleiben bei unserer Prognose einer leichten Rezession in den USA ab dem ersten Halbjahr 2024 und einem gedämpften Wachstum in Europa.
  • China ist unserer Ansicht nach der Schlüssel für das globale Wachstum – Chinas stützende Politik ändert nichts an unserer Einschätzung eines sich verlangsamenden Wachstums, das andere Schwellenländer beeinträchtigen würde. Länder wie Indien, Indonesien und Brasilien sind jedoch relativ abgeschirmt und dürften vom Binnenkonsum Auftrieb erhalten.

Aus der Investmentperspektive sollten folgende Bereiche näher beleuchtet werden:

  • Anlageklassen-übergreifende Perspektive: Die Wirtschaftsaussichten sprechen für eine leicht vorsichtige Haltung bei den verschiedenen Anlageklassen. Wir sind konstruktiv gegenüber US-Staatsanleihen, während wir die Bewertungen von risikobehafteten Anlageklassen für überzogen halten, auch wenn die Differenz leicht abnimmt. Vorsicht bedeutet jedoch nicht, dass wir taktische Ideen, die unseren langfristigen Überzeugungen entsprechen, ignorieren. Die relativ besseren Fundamentaldaten von Euro-Anleihen hoher Bonität haben es uns ermöglicht, hier unsere taktische Haltung im Einklang mit unserer Präferenz für Qualität zu erhöhen. Hochzins-Anleihen hingegen könnten unter einem schwierigen Umfeld für Unternehmen leiden. Bei den Aktien der Industrieländer sind wir nach wie vor vorsichtig, glauben aber, dass die Schwellenländer angesichts der großen Divergenzen Chancen bieten könnten.

Darüber hinaus sollten aus unserer Sicht Absicherungen bei US-Staatsanleihen und bei Aktien beibehalten werden, ebenso wie eine leicht positive Einschätzung für Gold zur Diversifizierung.

  • Anleihen: Angesichts der erwarteten Zinssenkungen der Fed im Jahr 2024 könnten ausgewählte Staatsanleihen attraktiv sein. Wir beobachten aktiv die Staatsverschuldung, eine potenzielle Zunahme des Angebots an US-Staatsanleihen und den Rückgang der Nachfrage nach US-Staatsanleihen aus dem Ausland, zum Beispiel aus Japan. Was Kerneuropa betrifft, so sind wir neutral eingestellt. In Bezug auf Japan bleiben wir jedoch zurückhaltend. Investment Grade-Anleihen – also Anleihen hoher Bonität – sind aus unserer Sicht eine interessante Ertragsquelle, während die Hochzins-Anleihemärkte offenbar immer noch ein zu günstiges Szenario einpreisen. Niedrig bewertete Segmente verzeichnen in den USA und in Europa steigende Ausfälle, was uns dazu veranlasst, vorsichtig zu bleiben.
  • Aktien: Begrenztes Aufwärtspotenzial bei Aktien aus den Industrieländern; Japan ist ein Lichtblick – die Unternehmensergebnisse waren in dieser Berichtssaison eine Überraschung, und wir haben festgestellt, dass die Kommunikation des Top-Managements in Bezug auf die Umsatzzahlen verhaltener wird und eher mit unserer vorsichtigen Einschätzung der Wirtschaft übereinstimmt. Wir sind in den USA und Europa defensiv eingestellt, insbesondere bei Wachstumswerten und Large Caps, also Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung. Wir bevorzugen jedoch Value-Titel – also wertorientierte Aktien – in den USA und Europa und sind gegenüber Japan nahezu neutral eingestellt. Insgesamt ziehen wir es vor, weiterhin diszipliniert zu bleiben und Positionen erst dann schrittweise aufzubauen, wenn sich die wirtschaftliche Richtung bestätigt hat.
  • Schwellenländer: In den Schwellenländern gibt es nach unserer Auffassung, wenn man auf gute Auswahl achtet, interessante Chancen – unter der Voraussetzung, dass die Ratings ähnlich sind, haben wir gegenüber Schwellenländern eine konstruktivere Haltung im Vergleich zu Industrieländern. Das gilt für Anleihen (Lokal- und Hartwährungen) als auch für Aktien. Schwellenländer sind weniger anfällig als in der Vergangenheit und ihre Wachstumsaussichten sind besser. Die nachlassende Dynamik in China würde sich jedoch auf einige Länder auswirken, und man muss bedenken, dass nicht alle Schwellenländer über die gleiche fiskalische Stärke verfügen. Wir bevorzugen Brasilien, Mexiko, Indien, Indonesien und jene Länder, in denen die Risiken in Bezug auf eine Verlangsamung des Wachstums in China begrenzt sind.

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