Analyse
08:40 Uhr, 02.05.2016

APPLE, China und die Kapitalflucht

Apple galt lange als unaufhaltbar. Dass das nicht so ist wissen wir spätestens seit den Zahlen für das erste Quartal. Sie sagen nicht nur etwas über Apple aus, sondern vor allem auch über China.

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  • Apple Inc. - WKN: 865985 - ISIN: US0378331005 - Kurs: 93,740 $ (NASDAQ)

Im vergangenen Sommer, als die Märkte im August crashten, meldete sich Apple CEO Tim Cook zu Wort. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als jeder davon überzeugt war, dass Chinas Wirtschaft gerade in ein tiefes Loch stürzte. Dies führte zu einer globalen Panik, denn wenn die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ungebremst in die Rezession schlittert, dann hat das Folgen für alle Länder. Um diese Sorgen zu zerstreuen, meldete sich Tim Cook zu Wort.

Im Normalfall ist Apple mit Aussagen über den Geschäftsverlauf sehr zurückhaltend. Es gibt die Quartalsberichte – und das war’s. Letzten Sommer war das anders. Cook veröffentlichte außerplanmäßig Verkaufszahlen für den chinesischen Markt. Diese waren hervorragend. Apples Umsatz stieg in China (inkl. Hong Kong und Taiwan) auf Jahressicht im Sommer im zweistelligen Bereich. Das beruhigte nicht nur Apple Anleger.

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Das iPhone ist in China nicht günstiger als in anderen Märkten. Das Durchschnittseinkommen eines Chinesen liegt hingegen bei weniger als 10.000 Dollar. Das iPhone – ohnehin kein Schnäppchen – ist für die meisten chinesischen Konsumenten ein Luxusgut. Wenn eine Wirtschaft abstürzt, dann würde man kaum berauschendes Wachstum erwarten.

Jetzt, ein Dreivierteljahr später, ist die Lage genau anders herum. Die Welt sorgt sich nicht mehr um Chinas Absturz, dafür muss Apple einen dramatischen Umsatzrückgang in China verbuchen. Dieser lag auf Jahressicht bei über 20 %. Wenn die iPhone-Verkäufe überhaupt als Indikator für Chinas Entwicklung taugen, muss man sich heute mehr Sorgen machen als im vergangenen Jahr.

iPhone Verkäufe hin oder her, in China ist die Welt bestimmt nicht wieder komplett in Ordnung. Der Transformationsprozess der Wirtschaft braucht Zeit und keiner weiß, ob die Zeit, die China noch hat, ausreicht. Die Neuorientierung Richtung Konsum und weg von der Produktion läuft langsam.

Grundsätzlich ist es nicht schlimm, wenn sich eine Wirtschaft neu ausrichtet und dafür ein Jahrzehnt braucht. In China ist das anders, denn das Wachstum muss hoch bleiben. Werden keine neuen Jobs mehr geschaffen und steigen die Löhne nicht wie in den vergangenen Jahren, dann hat die Führung ein Problem.

Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt. bis zu ihrem hundertjährigen Jubiläum im Jahr 2021 die Löhne im Vergleich zu 2011 zu verdoppeln. Das geht nicht, wenn die Wirtschaft plötzlich nur noch mit 3 % wächst. Es ist jedoch nicht nur dieses Ziel, welches erreicht werden muss, sondern vor allem die Schaffung von Arbeitsplätzen und eine Verbesserung des Lebensstandards. Gelingt dies nicht oder kommt es gar zu einer temporären Verschlechterung des Lebensstandards, dann hat die Einheitspartei ein großes Problem.

Da China hohes Wachstum braucht, wird bei jeder Andeutung eines Abschwungs zu altbewährten Mitteln gegriffen, um dem entgegenzuwirken. Zu diesen Rezepten gehören insbesondere drei Dinge: Infrastrukturinvestitionen, der Immobilienmarkt und die Verzögerung einer Konsolidierung der Industrie.

Nachdem sich das Kreditwachstum im vergangenen Jahr etwas abschwächte und in den letzten Monaten immer mehr Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen konnten, wird nun gegengesteuert. Unternehmen, die unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen keine Überlebenschance hätten, werden mit immer neuen Krediten durchgefüttert. Das löst das Problem nicht, sondern erkauft nur etwas mehr Zeit.

Chinesische Unternehmen und Privatpersonen haben das inzwischen erkannt. Viel Kapital flieht aus dem Land. Das übt einen Abwertungsdruck auf die Währung aus. Die Notenbank versucht den Yuan stabil zu halten, um eine noch größere Kapitalflucht zu verhindern.

Die Kapitalflucht hat bereits Ende 2014 begonnen und zeigt derzeit noch keine Hinweise auf eine Trendumkehr. Die Grafik zeigt das Problem, mit dem die Notenbank und die Regierung konfrontiert sind. China ist immer noch Exportweltmeister und hat eine stark positive Handelsbilanz. Das bringt Geld ins Land und sorgt für Aufwertungsdruck auf die Währung.

Der Handelsbilanz steht die Kapitalbilanz gegenüber. Diese ist stark negativ. Bis Anfang 2014 war die Kapitalbilanz positiv, doch das änderte sich schnell. Im letzten Quartal 2015 wurden 165 Mrd. Dollar mehr aus China herausgeschafft, als es an neuem Kapital anziehen konnte.

Obwohl sich die Währung zuletzt wieder beruhigte und die globale Aufmerksamkeit nachlässt, ist die Kapitalflucht nach wie vor groß. Die endgültigen Zahlen für das erste Quartal 2016 sind noch nicht veröffentlicht, doch es deutet sich an, dass sich der Trend fortgesetzt hat. Derzeit kann die Notenbank der Kapitalflucht entgegenwirken, indem sie den Kapitalabfluss ausgleicht. China hält über 3 Billionen an Reserven, von denen ein Großteil in Dollar angelegt ist.

Ohne den Ausgleich des Kapitalflusses durch die Reserven des Landes sähe die Lage heute schon ganz anders aus als noch im vergangenen Sommer. Die Welt mag sich derzeit nicht mehr besonders intensiv mit China beschäftigen, doch das Problem ist nach wie vor vorhanden. Es kann jederzeit ins Bewusstsein der Anleger zurückkehren und für eine ausgeprägte Korrektur an den Weltmärkten sorgen.

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10 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Komisch! Hedonistische Berechnung (zB BIP) wurde den dummen Ammis von Grünspan beigebracht. Dann unseren Prime-Sinister´s (Schäuble)

    Bin in China gerade wieder rein, vorher Afrika.

    Ich beschwere mich nicht. Besser als Angie-Colonel-Zone.

    22:25 Uhr, 02.05.2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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