Kommentar
14:35 Uhr, 16.11.2000

Antwerpes AG (547 100)

Die Antwerpes AG ist aus Investorensicht den Unternehmen im Segment der New-Media-Agenturen am Neuen Markt zuzuordnen. Man sollte sie allerdings nicht mit den teilweise stark heruntergeprügelten anderen Agenturen vergleichen. Durch die Konzentration auf den Healthcare-Bereich in Verbindung mit einem vertikalen Internetportal für Mediziner ergibt sich zusätzliche Phantasie. Außerdem arbeitet Antwerpes im Geschäftsfeld "Communication" seit Jahren trotz Wachstumsraten von über 100 % hochprofitabel.

Tätigkeitsfeld:

Der Kölner Internetdienstleister entwickelt und realisiert also Internetstrategien und -produkte im Healthcare- und Business-to-Business Markt. Das operative Geschäft ist in die Geschäftsbereiche "Communication", "Tools", "Commerce" und "Consulting" aufgeteilt. Im Geschäftsbereich Communication hat sich die Tochtergesellschaft Antwerpes & Partner AG zu einem der führenden New-Media-Dienstleister in Deutschland entwickelt. Mit DocCheck besitzt die Antwerpes AG im Geschäftsbereich "Tools" das größte und am schnellsten wachsende Internetportal für medizinische Fachkreise im europäischen Healthcare Markt und ist damit Marktführer. Das Unternehmen mit Sitz in Köln, Berlin, Stuttgart und London hat zur Zeit 90 Mitarbeiter. Desweiteren ist man in Österreich, der Schweiz und Rumänien tätig

Geschäftsfelder und Produkte

Im Bereich "Communications" entstehen Konzepte, Texte, Designs und vieles mehr. Communications untergliedert sich noch in New Media und Classic Media.
Im ersten Bereich übernimmt Antwerpes die Entwicklung von Internetauftritten, Intranets, Extranets, die Entwicklung von E-commerce-Systemen und Online-Shops, das Datenbankdesign und Datenbank-Anbindung (Cold Fusion, ASP, PHP, Servlets), die Programmierung komplexer Web-Applikationen, die Anbindung an Warenwirtschaftssysteme (z.B. SAP), WAP-Anwendungen, das Web-Marketing (Web-Scouting, Link-Seeding, e-Mailings), Online-Advertising (Bannergestaltung) etc.
Im Classic Bereich geht es eher um das konventionelle Geschäftsfeld von Agenturen, also die Konzeption und Umsetzung klassischer Launch- und Relaunch-Kampagnen, die Entwicklung von Kommunikationsstrategien, die Erstellung von Broschüren, Salesfoldern und anderen Printprodukten.
Im zweiten Bereich "Tools" werden sogenannte Werkzeuge zur Verfügung gestellt. Darunter verstehen die Kölner Web-Applikationen und Branchenportale. Hier haben die Kölner eine ganze Menge an Produkten vorzuweisen:
Vorzeigesystem ist das Portal DocCheck. Es ist das mitgliederstärkstes Healthcare-Portal im europäischen Internet. DocCheck bringt Pharmaindustrie und Medizin-Experten auf einer Plattform zusammen.
Via DocCheck haben bereits heute mehr als 50.000 registrierte Ärzte und Apotheker Zugang zu über 150 Healthcare-Websites. DocCheck profitiert davon, dass Pharmaunternehmen gesetzlich verpflichtet sind, Informationen über verschreibungspflichtige Medikamente (auch Werbung) ausschließlich medizinischen Experten zugänglich zu machen. Der Marktanteil von DocCheck an medizinischen Websites, auf die nur mit Zutrittskontrollen durch Passwörter und Zulassungsurkunde gelangt werden kann, liegt bei über 75 Prozent und damit kann sich das System als die führende Kommunikationsplattform für den Austausch von Informationen, Produkten und Leistungen etablieren.
Ein weiteres existiert noch MafoMaker, eine Web-Applikation für die Online-Marktforschung. Mit MafoMaker können datenbankgebundene Fragebögen ohne Programmierkenntnisse selbst erstellt und in jedes Internetangebot eingebunden werden. Die Ergebnisse werden automatisch grafisch aufbereitet und können minuten-aktuell von der fragenden Person im Browser abgerufen werden.
Weitere Produkte sind die MediMall und studie.de. MediMall ist ein Online-Shop für Praxisbedarf und Medizintechnik. Er ist mit bequemen Bestellfunktionen und kleiner Warenwirtschaft für den Kunden ausgestattet. studie.de ist die für Mediziner sehr nützliche erste Plattform für web-basierte Arzneimittelstudien in Deutschland. Dort sind Anwendungsbeobachtungen und Phase IV-Studien zu beziehen.
Im dritten Bereich "Consulting" liefert Antwerpes alles von der Konzeption bis zur vollständigen Umsetzung. Zu Beginn wird der Markt von der Agentur analysiert und dann die passende e-Business-Strategie entwickelt. Der Bereich Consulting befindet sich aber derzeit noch im Aufbau und ist nicht in den Planzahlen enthalten.

Kunden

Die Kundenliste von Antwerpes liest sich wie das Who-is-Who der Pharmabranche: Sie beginnt bei der Aventis AG, Bayer AG, Bewag, Deutsche Post AG (für diese erledigten die Kölner eine Projektarbeit für den Onlinedienst Evita), Henkel AG, Metro AG (Entwicklung des B2B Portals), Pfizer Deutschland, Pharmacia, Roche Pharma, Schwarz Pharma, Stada AG, und endet hier bei der Takeda Pharma GmbH.

Potential von DocCheck:

Momentan läuft dieses Produkt der Firma äußerst gut und verspricht noch viel Potential. Für die Novartis Pharma Deutschland führt DocCheck (in Verbindung mit studie.de) zum Beispiel künftig eine Online-Anwendungsbeobachtung durch. Der Gesamtetat des Projekts, dessen Steuerung komplett in der Hand der Kölner liegt, umfaßt 1,3 Millionen Mark. Mit dem Auftrag untermauert DocCheck klar seine Pionierstellung bei medizinischen Studien. "Dies ist die bundesweit größte komplett online durchgeführte Anwendungsbeobachtung," so Dr. Frank Antwerpes, Vorstandsvorsitzender der Antwerpes AG.

Das Marktpotenzial in diesem Bereich ist laut Experten enorm. Bislang wurden Studien mit Medizinern zeitintensiv auf Papier erhoben. Im Portal DocCheck sind derzeit schon über 50.000 Ärzte und Apotheker registriert. Diese Adressbibliothek nutzt DocCheck, um unter anderem schnell und kostengünstig Studien für Pharmafirmen online durchzuführen. Allein in Deutschland bewegt sich der Markt für Anwendungsbe-obachtungen im dreistelligen Millionenbereich. Weltweit sollen im Jahr 2003 bereits 30 % aller Studien Online durchgeführt werden. Von diesem Umsatzpotential werden sich die Kölner sicherlich ein großes Stück abschneiden.

Kooperationen und Neukunden in letzter Zeit

Am 5.September gab die Antwerpes AG bekannt, 51 Prozent der Anteile der Albert Geisselmann Medizinbedarf GmbH übernommen zu haben. Die verbleibenden 49 Prozent hält der geschäftsführende Gesellschafter Ortloff. Antwerpes hat eigenen Angaben zufolge die Option, weitere Anteile zu übernehmen.
Das akquirierte Unternehmen betreibt den führenden Onlineshop für Praxisbedarf von Ärzten in Deutschland und hat 1999 einem Umsatz von 3,2 Millionen DM erwirtschaftet, teilte Antwerpes mit. Mit dem Mehrheitserwerb rückt das Unternehmen in die Spitzengruppe der europäischen E-Commerce-Dienstleister im Healthcare-Sektor auf. Bereits jetzt ist Geisselmann als Abwickler für andere Shopbetreiber im Bereich Praxisbedarf tätig. Das bestätigt unserer Meinung nach den konsequente Ausbau der E-Commerce Strategie.

Am 12.Oktober konnte die Antwerpes AG mit Degussa einen weiteren Großkunden gewinnen. Der Etat umfaßt die Konzeptionierung und Gestaltung des gesamten Web-Auftritts des Spezialchemie-Unternehmens, sowie den Ausbau des Business-to-Business Bereiches.
Anlass für die Neugestaltung des Internet-Auftritts ist die geplante Fusion der jetzigen Degussa-Hüls AG mit der SKW Trostberg AG zur neuen Degussa AG, die vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre Ende des Jahres an den Start gehen wird. Die Entscheidung für Antwerpes fiel nach einer Ausschreibung mit drei weiteren beteiligten Wettbewerbern.

Zahlen:

Die Antwerpes AG hat im 2. Quartal 2000 ihr Wachstumstempo weiter gesteigert und erwirtschaftete im 2. Quartal einen Umsatz von 4,8 Millionen DM. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Umsatz in den ersten sechs Monaten um 109 Prozent und lag Ende Juni bei 7,5 Millionen Mark (Vorjahr 3,6 Millionen Mark). Sehr erfreulich entwickelte sich auch das Ergebnis. Das EBIT lag mit 987.000 Mark deutlich über Plan. Das Umsatzwachstum erfasst alle Dienstleistungsbereiche des Unternehmens.

Gestern wurden äußerst positive Zahlen für das dritte Quartal bekanntgegeben:
Das hohe Wachstumstempo bei der Antwerpes AG hält danach unvermindert an. Der Kölner Internetdienstleister erwirtschaftete im dritten Quartal einen Umsatz von 5,4 Millionen DM. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich der Umsatz damit in den ersten drei Quartalen des Jahres um 109 Prozent und lag Ende September bei 13 Millionen Mark (Vorjahr 6,2 Millionen Mark). Die positive Umsatzentwicklung resultiert aus rein organischem Wachstum. In den ersten neun Monaten arbeitete Antwerpes mit einem EBIT von 0,5 Millionen Mark und einem EBITDA von 1,7 Millionen Mark weiterhin profitabel. Ursprünglich hatte Antwerpes leichte Verluste für den entsprechenden Zeitraum eingeplant, da insbesondere beim Tochterunternehmen DocCheck Medical Services GmbH hohe Investitionen bevorstanden.
Auch das Ergebnis pro Aktie konnte gesteigert werden und liegt bei 0,12 DM (erstes Halbjahr 2000: 0,07 DM). Der Finanzmittelbestand betrug Ende des dritten Quartals 52 Millionen DM. Auch für das vierte Quartal erwartet Antwerpes einen äußerst positiven Geschäftsverlauf. Deshalb hebt die Antwerpes AG die Umsatzplanung für 2000 von 16,7 auf 17,8 Millionen Mark leicht an. Nicht enthalten ist in dem neuen Umsatzziel die Akquisition des E-Commerce-Dienstleisters Geisselmann GmbH. Alle anderen Planzahlen für 2000 bleiben vorerst unverändert. Das Umsatzwachstum erfaßt alle Dienstleistungsbereiche des Unternehmens: So konnte der Bereich New Media von 2,4 Millionen Mark um 146 Prozent auf 6 Millionen Mark und der Bereich Classic Media von 3,6 Millionen Mark um 45 Prozent auf 5,2 Millionen Mark im Vergleich zum dritten Quartal 1999 zulegen. Wie erwartet stark ist die Entwicklung bei der DocCheck Medical Services. Der Umsatz stieg von 0,9 Millionen Mark im ersten Halbjahr auf 1,735 Millionen Mark bis zum Ende des dritten Quartals. Damit konnte der Umsatz gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres um 924 Prozent gesteigert werden. Die Zahl der bei DocCheck angemeldeten Nutzer wuchs in diesem Zeitraum um über 200 Prozent von 17.000 auf knapp 60.000.

Bewertung

Die Produkte von Antwerpes wie DocCheck und das virtuellen Kaufhaus "MediMall" können als sehr aussichtsreich eingeschätzt werden, was auch die heute vorgelegten Zahlen belegen.

Mit der Akquisition der Geisselmann GmbH im zurückliegenden Quartal gelang es den Kölnern, das Healthcare-Portal DocCheck im Bereich E-Commerce gezielt zu erweitern und damit die strategische Ausrichtung auf Business-to-Business-Geschäftsmodelle auszubauen. Mit Geisselmann verfügt Antwerpes jetzt über die marktführende E-Commerce-Lösung für Praxisbedarf in Deutschland.

Verglichen mit börsennotierten Wettbewerbern wie Pixelpark oder Kabel New Media hat Antwerpes aufgrund der Spezialisierung auf die Health-Care-Branche deutliche Alleinstellungsmerkmale. Das Unternehmen schreibt außerdem schwarze Zahlen und weißt Wachstumsraten von über 100 Prozent auf.

Fraglich ist allerdings ob Antwerpes das Ziel Markführer in Europa zu werden auch wirklich erfüllen kann. Der Bereich New-Media ist noch in der Aufbauphase und es ist nicht garantiert das die ambitionierten Pläne der Kölner auch Erfolg haben. Allerdings hat sich das Unternehmen mit der Übernahme von Geisselmann extrem gestärkt und verfügt über renommierte Kunden.

Mit den aktuellen Quartalszahlen sind die Bedenken vorerst vom Tisch, daß die AG ihre ehrgeizigen Umsatzplanungen nicht erfüllen kann. Im Gegenteil, das Übertreffen der Planzahlen ist wahrscheinlich.

Antwerpes bewegt sich in einer lukrativen Nische. Da die europäische Marktführerschaft aus heutiger Sicht realistisch erscheint, empfehlen wir die Aktie zum Kauf und erwarten in 12 Monaten bei weiterer Umsetzung der Businesstrategie Kurse um die 30 Euro.
H.S.

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