Kommentar
18:02 Uhr, 18.05.2021

Angst vor Inflation: Diesmal ist sie berechtigt

Nach der Finanzkrise hatten alle wegen des Gelddruckens Angst vor Inflation, vollkommen unberechtigt. Diesmal ist es etwas anders.

Die Geldmenge allein macht keine Inflation. Das haben nach der Finanzkrise viele nicht verstanden. Selbst angesehene Investoren machten den Denkfehler. Sie verwechselten die Geldmenge mit Nachfrage. Mit dem Geld, das gedruckt wurde, stieg die Nachfrage aber nicht. Viele Staaten schnürten wegen zuvor ausufernder Schulden stattdessen den Gürtel enger.

Während und nach der Finanzkrise wurde viel Geld gedruckt, aber es lag ungenutzt herum. Es entstand keine zusätzliche Nachfrage. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu heute. Heute haben Regierungen die Staatsausgaben massiv ausgeweitet. Das wird durch die Notenbank finanziert. Das Geld fließt in Nachfrage.

Das ist ein Faktor, der anders ist und für höhere Inflation über einen längeren Zeitraum spricht. Es gibt aber auch noch andere Faktoren. Dazu gehört der Immobilienmarkt. In den USA fielen Immobilienpreise zeitweise um mehr als 10 % innerhalb eines Jahres. Werden Immobilien günstiger, steigen die Mieten nicht (Grafik 1).


Die Mieten sind in den USA in den letzten Monaten nicht gefallen. Der Anstieg war jedoch der geringste seit 2011. Mieten wurden teilweise gesenkt oder gestundet. Gleichzeitig stiegen aber die Preise von Immobilien so schnell wie seit 2006 nicht mehr. Immobilienpreise gehen den Mietpreisen ca. ein Jahr voraus.

Gemessen an der Hauspreisentwicklung sollten Mieten im kommenden Jahr zwischen 3,5 % und 4,5 % steigen. Das ist an sich schon ein hoher Wert und er wird auf die allgemeine Inflation durchschlagen. Mieten machen fast ein Drittel des Warenkorbes aus (Grafik 2).


Selbst wenn also alle anderen Preise konstant bleiben, führt der zu erwartende Mietpreisanstieg dazu, dass die Inflation bei 1,2-1,5 % liegt. Nun werden andere Preise nicht konstant bleiben, sondern ebenfalls ansteigen. Auswärts zu essen macht in den USA 7 % des Warenkorbes aus. Viele Restaurants haben geschlossen und Arbeitnehmer sind einfach nicht bereit, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen oder sie wollen keine Jobs, in denen viel Kontakt zu Menschen notwendig ist.

Bereits jetzt steigen die Löhne in diesem Sektor rasant. Fastfoodketten erhöhen Löhne teils um mehr als 10 %, um Arbeitnehmer anzulocken. Diese Preissteigerungen werden weitergegeben. Knappheit des Faktors Arbeit führt zu höheren Löhnen und höheren Preisen.

Auch das ist ein großer Unterschied zur Finanzkrise. Fast 50 % des Warenkorbes wird von Preisen bestimmt, die mit recht hoher Sicherheit in den kommenden Quartalen überdurchschnittlich stark steigen werden. Es besteht die Möglichkeit eines Rückkopplungseffektes.

Eine Garantie gibt es dafür nicht. Die Chance auf anhaltend höhere Inflation ist aufgrund der Mischung an Umständen so hoch wie seit über 40 Jahren nicht mehr. Chance ist keine Sicherheit. Daher bleibt die US-Notenbank vorerst bei der lockeren Geldpolitik. Sie will die Chance nicht verpassen.

Clemens Schmale


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10 Kommentare

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  • Zukunft21
    Zukunft21

    sollte sich jeder ein eigenes Bild über die Lage machen und das hier nicht alles keuscher läuft steht wohl außer Frage ! Gold und Silber in physischerform kaufen und liegen lassen !

    12:09 Uhr, 22.05.2021
  • Zukunft21
    Zukunft21

    Herr Schmale dies ein kleiner Auszug aus Ihrem Post zu Gold :

    Die Nominalzinsen dürften weiterhin tief gehalten werden, doch der Anstieg der Inflation ist fast vorüber. Viel höher als jetzt wird der Preisanstieg kaum ausfallen.

    Die Inflationsrate wird im Mai oder Juni ein Hoch erreichen und danach sinken

    und hier posten sie die Inflationsangst ist diesmal berechtigt ist si es nun oder ist sie es nicht ??

    12:06 Uhr, 22.05.2021
  • Bigdogg0806
    Bigdogg0806

    spart euch die Fragen, ich hätte noch nie gesehen das hier von ihm je eine Antwort kam. Bin nicht mal sicher ob er überhaupt existent ist. Keine Ahnung wo die Artikel herkommen....

    07:58 Uhr, 19.05.2021
    1 Antwort anzeigen
  • amateur
    amateur

    Verstehe ich Sie richtig, dass Sie von der "befürchteten" Inflation in den USA berichten; insofern die EU und BRD außen vor lassen?

    22:03 Uhr, 18.05.2021
  • mkgeld
    mkgeld

    wir haben nicht nur steigende Preise auf nationaler Ebene sondern gleichzeitig wird der Wettlauf der Geldentwertung durch die Notenbanken zunehmen es ist eine Todesspirale aus der die Notenbanken nicht mehr rauskommen. Alternative sind Gold, Silber und Bitcoin als das was nicht beeinflusst werden kann von anderen Personen. Beim Bitcoin ist bei 21 Mio Schluss. Der Rest geht ganz sicher baden

    20:43 Uhr, 18.05.2021
    1 Antwort anzeigen
  • YoWoo
    YoWoo

    Ihre Artikel sind gut, aber im Gold Artikel schreiben Sie, dass die Inflation Ihren Zenit bald erreichen wird und in dem Artikel klingt es so, da kommt noch ein schöner Inflationsschub auf uns zu, ein kleiner Widerspruch wie ich finde.

    18:53 Uhr, 18.05.2021
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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