Kommentar
08:53 Uhr, 19.06.2017

Amazon: ein Schritt zurück?

Amazon will die Lebensmittelkette Whole Foods Market kaufen und entfernt sich damit weiter vom Online-Handel. Kann das überhaupt gutgehen?

Erwähnte Instrumente

  • Whole Foods Market Inc.
    Kursstand: 42,680 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • Whole Foods Market Inc. - Kurs: 42,680 $ (NASDAQ)

Als die Meldung über die Ticker lief, musste ich erst einmal die Stirn runzeln. Amazon kauft Whole Foods. Soso. Aber was soll das Ganze? Macht das Sinn? Ist das nicht vollkommen konträr zur bisherigen Strategie?

Sinn macht dieser Schritt für mich erst einmal keinen. Der Markt sieht das zunächst anders. Die Aktie von Amazon gewinnt und die Aktien aller anderen Lebensmittelketten fallen wie Steine (siehe Chart). Die Aktien von Wal-Mart, Tesco etc. werden verkauft, weil Anleger Angst haben. Sie haben vor dem so genannten Amazon-Effekt Angst. In jedem Markt, in den der Versandhändler bisher eingestiegen ist, kamen die Margen für traditionelle Unternehmen unter Druck.

Whole Foods Market Inc.
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Amazon hat den Handel in vielen Bereichen revolutioniert. Die erste Revolution war der Online-Handel an sich. So lange gibt es den ja noch nicht. Bequem von zu Hause bestellen und von der Post das Paket bekommen war mehr oder weniger neu. Auf Dauer reicht das natürlich nicht. Die Lieferungen werden immer schneller und günstiger (gratis). Wollen andere Händler konkurrieren, müssen sie gar nicht erst anfangen, wenn sie nicht gratis und innerhalb eines Tages liefern können.

Amazon kann viele Produkte selbst mit kostenfreiem Versand günstig anbieten. Das liegt unter anderem daran, dass Amazon nur Warenhäuser braucht. Ein traditionelles Geschäft hat ebenfalls Warenlager, dazu aber dann noch die Verkaufsräume und das dazugehörige Personal. Das kann sich Amazon größtenteils sparen. Im Vergleich braucht ein Warenhaus weniger Personal und dieses wird mit deutlich geringeren Löhnen abgespeist.

Durch den Kauf von Whole Foods geht Amazon nun plötzlich einen anderen Weg. Nun muss Amazon an guten Standorten plötzlich Miete zahlen und Personal beschäftigen, das es vorher so nicht gab. Das Ganze geschieht nun auch noch in einem Bereich, in dem die Margen chronisch niedrig sind.

Viele Lebensmittelgeschäfte müssen mit Margen von 2 % leben. Das ist sehr wenig. Whole Foods bringt es als Premiumgeschäft mit Fokus auf Bioprodukten immerhin auf eine Nettomarge von gut 3 %. Das ist nicht viel, aber immerhin mehr als bei Amazon selbst. Dort liegt die Nettomarge bei weniger als 2 %.

Amazon kauft sich nun also zuallererst einmal Marge und Umsatz. Auf einen Schlag wächst der Umsatz um 10 % und der Gewinn um 25 %. Gut und schön, aber wo soll das mittelfristig hinführen?

Amazon kann die Lebensmittelgeschäfte effizienter gestalten. Es kann nach und nach ein automatischer Check-out implementiert werden. Kunden müssen nicht mehr Schlange stehen. Ebenso werden Kunden wohl online bestellen und die Ware abholen können.

Das ist etwas, was allerdings nicht nur Amazon kann. Wenn andere Unternehmen wollen, können sie ab morgen investieren und in die gleiche Richtung gehen. Amazon bringt schlichtweg keinen Wettbewerbsvorteil, insbesondere nicht, weil sie ein bestehendes Modell vielleicht etwas weiterentwickeln können, nicht aber revolutionieren.

Anleger erwarten von der Aktion viel. Mir fehlt die Fantasie dafür. Wenn man es negativ betrachtet, könnte man auch sagen: Amazon hat es nach Jahren nicht geschafft, den Lebensmittelhandel zu revolutionieren, indem man Lebensmittel flächen- und kostendeckend über Lieferung anbieten kann. Weil Amazon an dieser Revolution gescheitert ist, wird es nun traditionell mit stationärem Handel

Clemens Schmale

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  • WaldundWiesenläufer
    WaldundWiesenläufer

    Hallo Herr Schmale

    Vor 60 Jahren war es durchaus üblich bei Quelle oder Neckermann zuhause aus dem Katalog bequem per Telefon (Schnur und Wählscheibe, schwarzes Bakelit) oder Post (Bestellschein) zu bestellen und die Ware per Post direkt nach Hause zu bekommen, inklusive kostenfreier Rücksendung.

    "Amazon" gab es schon mal (in Deutschland). Nur der zeitliche Gap bis zu PC und Internet war zu groß.

    18:20 Uhr, 19.06. 2017

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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