Fundamentale Nachricht
11:15 Uhr, 16.11.2018

Altersvorsorge: Deutsche Arbeitnehmer haben es schwer

Arbeitnehmer in Deutschland müssen laut einer Fidelity-Studie im globalen Vergleich mehr zurücklegen, um einen sorgenfreien Ruhestand zu genießen. Mit 67 Jahren sollten sie das Zehnfache ihres Bruttojahreseinkommens gespart haben.

Kronberg im Taunus (GodmodeTrader.de) – Weltweit sehen sich Arbeitnehmer gezwungen, mehr Verantwortung für ihre Altersvorsorge zu übernehmen. Fidelity International (Fidelity) hat daher global konsistente Altersvorsorge-Leitlinien („AVL“) entwickelt, damit Arbeitnehmer in Deutschland, Großbritannien, Japan, Hongkong und Kanada in wenigen Schritten nachvollziehen können, wie viel sie für ihren Ruhestand ansparen müssten, wie Fidelity in einer aktuellen Pressemeldung mitteilt.

Eine globale Analyse von Fidelity zeige auf, dass Sparer in Deutschland bis zum 67. Lebensjahr das Zehnfache ihres jährlichen Bruttoeinkommens ansparen müssten, um ihren Lebensstandard nach Beendigung ihrer Erwerbstätigkeit halten zu können. In anderen Teilen der Welt betrage diese erforderliche Sparleistung zwar im Schnitt ebenfalls nahezu das Zehnfache. Jedoch variierten die Ergebnisse für die untersuchten Länder erheblich. So liege die Sparleistung – auch als Spar-Meilenstein bezeichnet – in Großbritannien beim Siebenfachen des Bruttoeinkommens. Spitzenreiter sei Hongkong mit einem Multiplikator von zwölf. Damit Arbeitnehmer in Deutschland ihre Meilensteine erreichen, sollten sie eine jährliche Gesamtsparquote von 21 Prozent ihres Bruttoeinkommens umsetzen, heißt es weiter.

„Gedacht als klare, einfache ‚Faustformeln‘ für Arbeitnehmer, sollen die global konsistenten Leitlinien helfen, die beiden häufigsten Fragen zur Ruhestandsplanung zu beantworten: ‚Wie viel muss ich für den Ruhestand sparen?‘ und ‚Bin ich mit meinen Sparbemühungen im Plan?‘ Den Leitlinien liegen im Wesentlichen zwei Kenngrößen zugrunde, die jeder Arbeitnehmer kennt: Alter und Einkommen. Dies gibt ihnen einen einfachen Ansatz an die Hand, mit dem sie bestimmen können, wie viel sie für den Ruhestand bei Erreichen bestimmter Altersstufen angespart haben sollten. Somit schaffen die Vorsorge-Faustformeln einen Vergleichsstandard für die Altersvorsorge – vergleichbar beispielsweise dem Body-Maß-Index“, so Fidelity.

Die Leitlinien würden deutschen Arbeitnehmern helfen zu verstehen, wie hoch das anzusparende Vorsorgekapital idealerweise sein sollte, um 45 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens vor Beginn des Ruhestands – also ihre durchschnittliche Vorsorgelücke – zu ersetzen, während der Rest aus der staatlichen Rente stamme. Diesen Leitlinien lägen hypothetische länderspezifische Annahmen zugrunde, wie zum Beispiel zur Anzahl der Erwerbsjahre eines Arbeitnehmers, zur Gesamtsparquote, zur Kapitalmarktentwicklung sowie zum Lohnwachstum und zur Inflationsentwicklung. Mit 4,6 Prozent sei die Entnahmerate die zweithöchste im weltweiten Ländervergleich. Diese Rate gebe an, wie viel Kapital im Ruhestand jährlich entnommen werden könne, damit das Kapital nachhaltig für die gesamte Rentenphase ausreiche, heißt es weiter.

Christof Quiring, Head of Workplace Investing Germany, kommentiert die Ergebnisse für Deutschland: „Die globale Analyse zeigt, dass es Arbeitnehmer in Deutschland sehr viel schwerer haben, ihre individuelle Vorsorgelücke zu schließen. Sie müssen mehr Eigenverantwortung übernehmen – auch weil sich der der Staat immer stärker zurückzieht. Die Leitlinien geben ihnen eine gute Orientierung, ob sie bei der Altersvorsorge im Plan liegen. Auf den ersten Blick scheinen die Zahlen hoch zu sein. Natürlich reduzieren sie sich, wenn man bereits vorsorgt. Zuallererst sind die Leitlinien Faustformeln. Sie sollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass niemand die eigene Altersvorsorge auf die lange Bank schieben darf. Zugleich sind sie der Startpunkt für eine breitere, öffentliche Diskussion. Etliche Studien zeigen, dass die kommenden Rentnergenerationen in eine Armutsfalle tappen werden – sei es, weil sie zu wenig, falsch oder zu spät beginnen zu sparen. Jetzt sind alle gefragt, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Der Wegfall der Garantien in der betrieblichen Altersvorsorge war ein erster wichtiger Schritt. Aber es gibt noch viele Ansatzpunkte wie steuerliche Anreize oder die Stärkung der Aktienkultur in Deutschland. Auch ein Obligatorium bei der betrieblichen Vorsorge darf kein Denkverbot sein. Wir wissen aus anderen Ländern, dass gerade automatische Teilnahmemodelle die höchsten Beteiligungsquoten versprechen – und die Arbeitnehmer dazu bewegen, tatsächlich vorzusorgen.“

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  • Schnutzelpuh
    Schnutzelpuh

    Zur Ansparung eine Frage: Kann da die eigene Immobilie mitgerechnet werden? Denn wohne ich in der eigenen vier Wänden, spare ich mir die Miete und brauche um diesen Betrag weniger des angesparten Kapitals?

    23:39 Uhr, 16.11.2018

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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