Kommentar
18:00 Uhr, 19.08.2007

Alles wird gut?

Erwähnte Instrumente

  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Erinnern Sie sich an die Westernklassiker in denen die Siedler eine Wagenburg gebaut haben, um sich dem schier aussichtslosen Kampf gegen die Indianer oder Banditen zu erwehren. Jeder wusste, dass es zu spät ist und keiner gerettet werden könnte. Doch in diesem Moment kam die Kavallerie und rettete alle. Zurück blieben meist ausgebrannte Wagen, viele Tote und ein verwüstetes Land. Aber die Siedler waren frei und glücklich fielen sie sich in die Arme. Dabei musste ihnen doch klar gewesen sein, dass sie sich in Gefahr begeben, wenn sie so sorglos ins Indianerland nach Westen ziehen. In Sicherheit haben sich auch viele Käufer von US-Immobilien gewähnt, als sie ohne Eigenkapital zu günstigen Zinsen Häuser gekauft haben. In Sicherheit haben sich auch die Hypothekenbanken gewähnt, als sie diese viel zu schlecht besicherten Hypotheken an den Mann oder die Frau gebracht haben. Und nun kommt eine nach der anderen Hypothekenbank ins schlingern oder meldet sogar Insolvenz an. Zuletzt haben sich die Banken, und nun spreche ich schon von den Deutschen Banken, nicht einmal mehr gegenseitig vertraut und übliche Kreditgaben untereinander ausgesetzt. Nach einer Wagenburg sah das beileibe nicht mehr aus. Gleichwohl galt die Situation als ernst aber noch nicht hoffnungslos. So waren zumindest die Aussagen derer, die die Anleger beruhigen wollen. Offensichtlich ist die Lage aber viel ernster als man uns glauben machen möchte. Die Kavallerie ist nämlich in Form der US-Notenbank FED angerückt. Sie hat den Diskontsatz, und an dieser Stelle sei betont es handelt sich nicht um den Leitzins, sondern nur um einen Zins der zweiten Reihe, um einen halben Prozent-Punkt gesenkt. Es sollte ein Signal sein, dass die Notenbank bereit ist Liquidität in den Markt zu geben. Am Freitag lagen sich dann alle in den Armen und waren wieder glücklich. Alle??? Ein kleiner Teil Skeptiker wehrt sich dagegen, dass jetzt alles wieder gut werden soll. Sind denn mit dieser Diskontsenkung plötzlich alle faulen Kredite in den USA nicht mehr faul? Werden die gestrauchelten Hypothekenbanken von den Toten wieder auferstehen? Ist das verbrannte Land plötzlich wieder blühend? Und was bedeutet dies denn eigentlich für die Aktien und vor allem die Derivate? Es ist in den vergangenen Wochen verstärkt zu beobachten gewesen, dass der DAX in der letzten halben Stunde die größten Gewinne verzeichnet hat und nach DAX – Schluss wurden noch die DAX Futures nachgefragt. Das open-interest (die Anzahl der offenen Kontrakte) ist aktuell deutlich höher als sonst. Es war zu hören, dass sich Hedge-Fonds mit Futures eingedeckt haben sollen, um die relative Stärke des deutschen Marktes zu „spielen“. Wenn nun die Kurspflege im DAX einmal ausbleibt und diese Futures aufgelöst werden müssen, kommt dann die europäische Kavallerie und alle liegen sich anschließen glücklich in den Armen? Sicher, es war ein notwendiges und überfälliges Signal. Es hätte vielleicht viel früher kommen dürfen, dann wäre sicher einiges verhindert worden. Aber wie geht es jetzt weiter? Die Märkte werden sich sicher etwas beruhigen können. Ausgestanden ist die Krise ganz sicher nicht. Nicht durch eine Zinssenkung und noch weniger durch schöne Worte wie sie am Wochenende sogar von unserem Finanzminister zu hören waren. Er hatte aber sicher Recht als er sagte: „Wenn ein Finanzminister einmal seinen Mund hält kann er auch dem Markt helfen“ (Sinngemäß wiedergegeben). Dass die Krise nicht vorüber ist, zeigt auch der am Wochenende bekannt gewordene Fall der Sachsen LB. Auch dieses Institut gab bekannt, in die Immobilien – Krise verwickelt zu sein. Das ist nach der West LB dann schon das zweite deutsche Institut. Da fragt man sich unweigerlich, wer der Nächste ist. Wegen der Immobilien-Krise sind die anderen Belastungsfaktoren gänzlich in den Hintergrund gerückt. Verflogen sind diese dadurch nicht. Es wird noch eine Weile dauern, bis ein tragfähiger Boden gefunden wird. Der DAX hat am Freitag seine Intra-Day Korrektur jedenfalls unter der Marke von 7.400 Punkten abgeschlossen, nachdem er zuvor schon unter die Marke von 7.200 Punkten abgetaucht war. Für mich ist nach wie vor der Bereich um 7.000 Punkte relevant. Auch wenn die Woche auf Grund der Notenbankaktion freundlich beginnen dürfte, rechne ich weiterhin mit einem Abgleiten bis 7.000. Diese Marke sollte aber halten, und das ist keineswegs sicher, da sonst weitere Rückschläge bis mindestens 6.400 Punkte zu erwarten sind. Da ich noch damit rechne, dass weitere negative Überraschungen aus dem Bankensektor bekannt werden, ist die 6.400 für mich nur eine Frage der Zeit.

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In diesem Sinne, bleiben Sie am Ball und sichern Sie Ihr Vermögen.

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Bis zur nächsten Woche

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Ihr Martin Marquardt

Anmerkung der Redaktion: Bei dem Namen "Martin Marquardt" handelt es sich um ein Pseudonym. Unter diesem Pseudonym schreibt ein charttechnischer Analyst eines größeren Bankhauses, der anonym bleiben möchte.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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