Kommentar
07:13 Uhr, 10.10.2008

Alan Greenspan ruft bevorstehenden Wendepunkt in der Kreditkrise aus

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Der frühere Notenbankchef Alan Greenspan hat die Möglichkeit eines Endes der globalen Finanzkrise ausgerufen. Dies schreibt Alan Greenspan in einem Kommentar, der heute Morgen im Emerging Markets-Magazin in den USA veröffentlicht wurde.

Der US-Immobilienmarkt, der die Krise erst auslöste, werde sich seiner Meinung nach in der ersten Jahreshälfte 2009 beginnen zu erholen.

In einem bemerkenswert optimistischen Kommentar schreibt der ehemalige Notenbanker, dass er weltweit ein „baldiges Tauen“ der eingefrorenen Kreditmärkte sehe, die Maßnahmen der Regierungen zur Stützung des weltweiten Kreditsystems befürworte er.

Die Verlangsamung der Hauspreisrückgänge sei „das erste positive Zeichen in einem langen Trauma“. „Verlässlichere Zeichen über die Entwicklung der Hausverkäufe werden in der ersten Jahreshälfte 2009 sichtbar werden“, so Greenspan. Der Anstieg der amerikanischen Bevölkerung um eine Million in diesem Jahr werde gemeinsam mit dem dramatischen Fall der Neubauaktivitäten zu einem Rückgang der Bestände an verkaufsfertigen Häusern um 250,000 führen.

Dies werde dem Hauspreisverfall ein Ende setzen und all jene Unternehmen stützen, die mit Immobilien ihr Geld verdienen, glaubt Greenspan. Damit würden auch die Kreditderivate, die sich auf den Hauspreisen stützen, wieder an Wert gewinnen. „Verluste werden damit nicht mehr in die Zukunft fortgeschrieben.“

Die Erholung des Immobilienmarktes in den USA sei eine nötige, aber nicht ausreichende Bedingung, um die Finanzkrise zu beenden. Ausreichend sei erst eine Rückkehr des Vertrauens in die Gesundheit der Banken und Finanzinstitutionen. Ein Ende des Hauspreisverfalls werde den Banken und Finanzinstitutionen aber ermöglichen, hunderttausende Transaktionen wieder richtig zu bewerten.

Greenspans optimistische Worte kommen zu einer Zeit, wo eine wachsende Zahl von Kommentatoren seine Niedrigzinspolitik als die Ursache der Kreditblase sehen. In seiner Amtszeit als Notenbanker, die vor mehr als einem Jahrzehnt begann, senkte er den US-Leitzins bis auf 1 Prozent und stützte fast jedwede Deregulierung des Finanzsystems. Dies habe ermöglicht, dass zuviel Geld in den Kreditkreislauf eintrat und Banken und Finanzinstitutionen auf der Suche nach immer höheren Renditen auch immer größere Risiken eingingen.

Die aktuelle Krise werde genau dann enden, wenn Investoren die von den Regierungen und Notenbanken unternommenen Schritte als ausreichend dahingehend bewerten, die Banken weltweit zu sichern. „Die fundamentale Ursache ist (…) wie viel Deleveraging ist von Nöten, um globale Investoren wieder davon zu überzeugen, wieder neue Positionen aufzubauen, zu moderaten Zinssätzen, die ihnen weltweit agierende Finanzintermediäre garantieren“, so Greenspan.

Dabei sei die kritische Frage, wie viel Kapital benötigt werde, um weltweit die Banken zu stabilisieren. Greenspan definiert die Summe mit jener, die es vermag, den LIBOR/OIS-Spread zu stabilisieren. Das ist die Differenz zwischen dem Londoner Referenzzinssatz im Interbankengeschäft und der Index Swap Rate. Wenn sich diese Differenz wieder auf ein Niveau vor der Krise von 15 Punkten gegenüber gestern gehandelten 300 Punkten normalisiere, sei das Vertrauen wieder als hergestellt zu bewerten, so Greenspan.

„Das ist die wichtigste Frage, die sich Politiker in der aktuellen Krise stellen müssen. Die Beharrlichkeit des weltweiten Rückgangs an den Aktienmärkten zeigt, dass eine Normalisierung nicht eintreten wird, bevor nicht weitere große Sicherheiten gegeben werden.“

Sollten die Sicherheiten seitens der Regierungen nicht ausreichend erhöht werden, werden größere Risikoprämien im Markt zu einem weiteren Abverkauf und zu weiterem Deleveraging führen. Ein stabiles Niveau von Hauspreisen und von Assetpreisen sei erst zu erreichen, wenn ein neues stabiles Niveau für Kapital und Fremdkapital gefunden werden kann. „Schließlich wird das Eis im Markt tauen, da Investoren erste zögerliche Schritte unternehmen werden, wieder erste Risiken einzugehen. Die gebrochenen Verbindungen innerhalb der Banken, Pensions- und Hedgefonds werden dann wiederhergestellt und unsere globale Weltwirtschaft wird dann wieder voranschreiten.“

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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