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17:50 Uhr, 16.09.2021

Aktienmarkt: Wie viel Geld der Privatanleger steht noch an der Seitenlinie?

Viele glauben, dass der Aktienmarkt gar nicht fallen kann. Wieso? Es gibt keine Alternativen und zu viel Geld wartet an der Seitenlinie.

Es ist ein Irrtum, dass der Markt nicht mehr fallen kann. Geldpolitik hin oder her, Aktien können immer fallen, und zwar dann, wenn die Käufer wegbleiben. Wieso aber sollten Käufer in diesem Markt wegfallen? Jeder kleinste Rücksetzer wird doch gekauft.

Der Markt steigt, wenn Käufer bereit sind, für Aktien einen höheren Preis zu bezahlen. Steigt der Markt, halten Verkäufer solange an ihren Aktien fest, bis der Preis so weit gestiegen ist, dass sie einen Verkauf für attraktiv halten. Man könnte auch sagen: Die Nachfrage der Käufer übersteigt das Angebot der Verkäufer. Beide Seiten finden nur ins Gleichgewicht, wenn die Kurse steigen.

Umgekehrt verhält es sich, wenn die Kurse fallen. Viele Anleger wollen plötzlich ihre Aktien loswerden. Damit sie Käufer finden, muss der Preis sinken. Wie schnell Preise sinken können, haben wir zuletzt im März 2020 erlebt. Ein Ungleichgewicht auf einer Seite von Nachfrage und Angebot können zu starken Verwerfungen führen.

Solange es Käufer gibt, die bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen, muss man sich um den Markt keine Sorgen machen. Wovon hängt es aber ab, ob es weiterhin Käufer gibt, die höhere Preis zahlen?

Das hängt vom Investitionsgrad ab. Wer Aktien kaufen will, braucht Geld und zwar Geld, das bisher nicht investiert war. Verkauft ein Anleger Aktien von Apple und kauft für das Geld Aktien von Microsoft, ist kein neues Kapital in den Markt geflossen. Die eine Aktie fällt, die andere steigt.

Die wenigsten Anleger sind zu 100 % in Aktien investiert. Sie halten einen Teil des Vermögens in Aktien, einen anderen Teil in Anleihen und ein wenig Cash. Bei US-Privatanlegern sind aktuell 71,2 % in Aktien investiert. Der Barbestand liegt bei 13,7 % (Grafik 1). Der Rest wurde in Anleihen investiert.

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Eine Aktienallokation bei 71 % ist hoch. Es ist die höchste Allokation seit Juli 2000. Damals platzte gerade die Internetblase. Der höchste Aktienanteil lag bei 77 % wenige Monate zuvor. Bewegen wir uns auf einen ähnlichen Überschwang wie im Jahr 2000 zu, könnten Anleger durchaus noch frisches Geld von der Seitenlinie (aus Cash und Anleihen) in den Aktienmarkt verlagern.

Ob Anleger bereit sind, mehr als im Jahr 2000 in Aktien zu investieren, ist fraglich. Nicht jeder Anleger hat noch 20 oder 30 Jahre vor sich, um einen Rücksetzer auszusitzen. Eine geringere Aktienallokation unter älteren Anlegern ist normal und sinnvoll.

Dem Aktienmarkt geht die Luft also noch nicht aus. Es gibt noch frisches Kapital an der Seitenlinie. Das ist die gute Neuigkeit. Eine schlechte gibt es auch. Die Aktienallokation ist pro-zyklisch. Sie ist am höchsten, wenn der Markt ein Hoch erreicht und umgekehrt. Die Mehrheit der Privatanleger kauft nicht, wenn die Kurse fallen, sondern wenn sie steigen (Grafik 2).

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Die Allokation sagt zudem etwas über die zukünftige Performance aus. Je mehr Kapital bereits investiert wurde, desto weniger Nachschub an Käufern gibt es, die höhere Preise zahlen. Steigt die Allokation heute, fehlen morgen die Käufer. Das macht sich über einen Zeitraum von 5 Jahren und mehr bemerkbar (Grafik 3).
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Theoretisch sollte die Rendite von US-Aktien bald zu sinken beginnen. Der genaue Zeitpunkt hängt jedoch davon ab, wie stark die Allokation noch steigt.

Clemens Schmale


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1 Kommentar

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  • angola_murksel
    angola_murksel

    Da immer mehr Geld "produziert" wird, steht auch immer mehr Geld an der Seitenlinie. Der meines Erachtens wesentliche Aspekt ist nicht, bei steigenden Preisen noch mehr Geld in den Markt zu schieben von Anlegerseite, sondern bei Kursrückgängen zu entscheiden, wann der Markt wieder als günstig bewertet eingeschätzt wird, die Aktien dem Investor also wieder kaufbar erscheinen. Ich habe aktuell selbst etwa 50% cash - es stellt sich die Frage, wenn der Markt fällt, ab wann werde ich wieder kaufen. Damit bin ich sicher nicht der einzige, der so positioniert ist. Meines Erachtens wird in diesen Höhen der Aktienallokation der Moment des Stagnierens der Märkte erfaßt, ob es zu meßbaren Kursrückgängen kommt, hängt jedoch davon ab, ab wann die Anleger den Markt wieder für kaufbar halten. Und da kommen dann externe Auslöser ins Spiel und deren Heftigkeit in der Auswirkung auf Märkte. In Zeiten steigender Inflation würden wahrscheinlich schon Kursrücksetzer von 3% als billige Einstiegschance gewertet. Sollte die Inflation weiter steigen, wird noch mehr zusätzliches Geld an der Außenlinie stationiert und nach und nach für eine Erhöhung der Allokation in Aktien führen und auch die Märkte immer weiter anheben. Werden hingegen die Zentralbanken bei den Zinsen tätig, wird die Bewertung der Märkte durch die Aneger eine andere sein und das Level des Wiedereinstiegs weiter unten gesucht. Dann gibt es vielleicht wieder 20%Kursrückgänge.

    10:18 Uhr, 17.09. 2021

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Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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